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Nixenmagier

Nixenmagier

Titel: Nixenmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Dunmore
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mein Kind. Der Wille deines Bruders ist auf die Luft und die Erde gerichtet. Das schwächt ihn in Indigo. Doch in dir sind die Menschenwelt und Indigo gleich stark vorhanden. Beide ringen in dir. Wärst du nicht geteilt, würdest du noch stärker sein. Dann könntest du aus ganzem Herzen nach Indigo kommen … aber genug davon. Ihr müsst wieder an die Luft. Es ist keine Zeit mehr zu verlieren.«
    »Begleiten Sie uns?«
    »Nein, ich kann den Gezeitenknoten nicht verlassen.«
    »Aber was soll aus Conor werden?«
    »Die Delfine werden euch begleiten. Ihr kennt sie und sie kennen euch. Wo immer die Delfine sind, da ist Indigo, doch können sie auch nach Belieben durch die Luft springen. In Begleitung der Delfine wird dein Bruder frei atmen können. Sie werden so viel wie möglich mit dem Rücken über der Oberfläche sein, um ihm die Reise zu erleichtern. Und dennoch seid ihr die ganze Zeit sicher in Indigo. Die Delfine werden sich freuen, die Reise mit euch unternehmen zu können. Das weiß ich sicher.«
    Ich werde wieder auf einem Delfin reiten! Voller Freude erinnere ich mich daran, wie der Delfin im Sommer mit mir durch die Wellen jagte, schnell wie ein Pfeil und wild wie der Wind. Vielleicht begegnen wir sogar dem Delfin wieder,
der gestrandet war. Für Conor ist das die perfekte Lösung. Ich lächle Saldowr dankbar an, doch dann fallen mir wieder die Haie ein.
    Sie schwimmen über unseren Köpfen und bewachen die Wälder von Aleph mit derselben Unbarmherzigkeit, wie die Graurobben Limina bewacht haben. Sobald wir nicht mehr unter Saldowrs Schutz stehen, sind wir den Haien wehrlos ausgeliefert. Manchmal greifen sie sogar die Mer an. Faro hat mir letzten Sommer davon erzählt. Manchmal hören sie nicht, dass wir Mer sind. Sie wollen hören, dass wir Robben sind.
    Meine Gedanken überschlagen sich, als hätte die Angst sie wie ein Sturm durcheinandergewirbelt. Ich sehe schon einen Hai auf mich zukommen, mit weit geöffneten Kiefern, bereit zum Angriff.
    Verliert man das Bewusstsein, wenn man von einem Hai gefressen wird, oder bekommt man alles genau mit? »Diese … diese Haie«, beginne ich. Saldowr hebt seine Hand, um mich zum Schweigen zu bringen.
    »Gute Gefährten«, sagt er. »Vielleicht nicht die intelligentesten Geschöpfe in Indigo, doch äußerst pflichtbewusst. Komm mit, dann kannst du sie kennenlernen.«
    »Ich? Einen Hai … kennenlernen?«
    »Ja. Ihr beide. Jetzt schau nicht so erschrocken. Es ist zu eurem eigenen Schutz. Kommst du, Conor?«
    Doch Conor ist immer noch in den Anblick des Schlusssteins versunken.
    »Conor!« , ruft Saldowr eindringlich.
    Conor blickt sich um. Saldowr wartet mit verschränkten Armen und sieht gebieterischer aus als je zuvor. Mit offensichtlichem Widerwillen verlässt Conor den Stein und
schwimmt uns entgegen. »Diese Muster, Saldowr«, sagt er eifrig, »sehen wie eine Schrift aus, aber eine Schrift, die ich noch nie gesehen habe. In welcher Sprache ist sie geschrieben? «
    »Von welchen Mustern redest du?«
    »Von denjenigen, die in den Stein geritzt sind. In dem Moment, als der Schlussstein wieder an seinem Platz war, sind sie sichtbar geworden. Sowie … wie die Zauberschrift, die wir mit Wasser und Pinseln hergestellt haben, als wir klein waren, weißt du noch, Saph? Hast du nicht auch gesehen, wie sich plötzlich die Muster auf dem Stein abgezeichnet haben? Ich bin sicher, dass es irgendeine Schrift ist.«
    Ich schweige. Ich habe zwar weder ein Muster noch eine Schrift erkannt, doch will ich Conor in Saldowrs Gegenwart nicht widersprechen. Conor berührt meine Hand. »Schau sie dir an, Saph. Vielleicht kannst du sie sogar lesen.«
    »Warte!«, sagt Saldowr. »Warst du in der Lage, irgendetwas von der Schrift zu entziffern, mein Sohn?«
    »Nein.« Conor zögert. »Nicht wirklich. Die Zeichen verschwammen vor meinen Augen. Aber wenn ich sie ein bisschen länger studieren könnte, würde es mir vielleicht gelingen. «
    »Vielleicht. Doch zum Studieren ist jetzt keine Zeit.«
    »Können Sie die Schrift lesen, Saldowr?«, frage ich ohne Umschweife.
    »Ich bin der Hüter des Gezeitenknotens«, sagt er, als wäre dies eine Antwort.
    »Aber …«
    »Für Fragen ist jetzt keine Zeit.«
    Für Fragen ist in Indigo nie Zeit , denke ich aufmüpfig.
Conor ist genauso neugierig wie ich, doch Saldowrs Miene ist unergründlich.
    »Vergesst den Stein jetzt«, sagt er. »Die Zeit wird kommen, glaub mir, Conor. Doch nun müsst ihr zu eurem eigenen Schutz die Haie treffen und nach Hause

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