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die
Rollen nach...“ Er lachte bitter. „...Der Spiegel war gesprungen,
sternförmig...“
„Vielleicht ein gutes Omen.“
„Ach was! Ich hatte früher mal
Theater gespielt, als ich so siebzehn war. Und einmal hatte ich Schwein: Ich
kriegte eine Statistenrolle in einem Film. Noch ein Job, der was einbringt.“
„Ich weiß.“
„Im Ernst?“
„Hab auch schon so einiges
gemacht...“
„Dann wissen Sie ja, daß es in
dieser Zunft genug Affen gibt. Einer von diesen Blödmännern wollte sich billig
über mich lustig machen. Dreht Probeaufnahmen mit mir. Ich geb mein Bestes.
Spencer Tracy und Jean Gabin stehen mir bei. Eine Woche später vertreibt sich
irgendein Filmboß den verregneten Nachmittag damit, Probeaufnahmen anzusehen.
Meine ist auch dabei. Einladung. Nebenrolle. Die einzige Nebenrolle, die ich
jemals gespielt habe. Vom zweiten Film an war ich schon der Star. Irgendwelche
Leute, die das besser beurteilen können als ich, haben was an meiner Stimme
gefunden. Anscheinend hat sie was Charmantes an sich. Na ja, und bei dieser
zweiten Produktion hab ich dann diese Frau kennengelernt. Leider rauchte sie.
Und zwar keine Gauloises. Ich war jung, noch sehr naiv. Ich dachte, Rauschgift
sieht nach viel Geld aus. Also fing ich an zu rauchen. Zu Anfang, weil ich
diese Frau liebte — jedenfalls glaubte ich das. Sie hatte mich völlig in der
Hand. Und hinterher nahm ich Rauschgift, weil ich sie verloren hatte. Seitdem
bin ich... ja, sagen wir... älter geworden, reicher, erfahrener. Verlier nicht
mehr so leicht den Überblick. Im Grunde bin ich ein Durchschnittsmensch
geblieben. Montferrier sperrt mich hier in eine Art Goldenen Käfig. Wie Greta
Garbo. Alles Publicity. Aber ich spiel mit. Werd auf
dem Sockel bleiben, den er mir gezimmert hat. Ich langweile mich nicht mal.
Kann mich über Kleinigkeiten freuen. Ein Durchschnittsmensch, wie ich schon
sagte. Irgendwann such ich mir ein nettes Mädchen, das kochen kann und alles.
Aber im Augenblick hab ich noch keine Langeweile.“
Er versicherte es mir dreimal.
Dreimal zuviel. Mußte ganz einfach hin und wieder Theater spielen. Wohl um in
Form zu bleiben.
„Wenn’s mir mal langweilig
wird“, fuhr er fort, „na ja, ganz einfach: ich brauch nur zu winken. Alle
fressen mir aus der Hand. Aus der Hand von Tony Charente, besser gesagt. Denn
als ich noch ganz einfach Dupont hieß, wie alle... Trotzdem, das ist doch
herrlich, oder? Alle diese Weiber...“
Ich wußte nicht, warum er mir
das erzählte. Vielleicht gehorchte er ja nur einem wirklichen
Mitteilungsbedürfnis. Oder aber er spielte bei einem Fremden automatisch eine
bestimmte Rolle, um jeden Preis. Vielleicht aber redete er nur soviel, um
möglichst wenig zu sagen. Er verriet mir immer noch nicht, daß er mit Lucie
Ponceau geschlafen hatte. Dabei hätte mich diese Enthüllung keineswegs
geschockt! Jedenfalls zog er über einige seiner leichten Eroberungen her, daß mir ; beinahe die Ohren abfielen. Aber noch etwas anderes
lösten seine Geschichten aus, womit er bestimmt nicht gerechnet hatte: Hinter
dem Schauspieler wurde plötzlich eine Tür heftig aufgerissen, und ins Zimmer
stürzte eine junge Frau, die offensichtlich gelauscht hatte. Oben herum war sie
vollständig angezogen. Ihr Rock mit dem Schachbrettmuster lag aber immer noch
unterm Kissen. Aber nicht deshalb war sie so rot im Gesicht. Das kam von der
ehrlichen Entrüstung.
„Aha! So behandelt Monsieur uns
also?“ keifte sie fuchsteufelswild. „Der große Herzensbrecher...“
Sie nahm kein Blatt vor den
Mund. Konnte es an anderer Stelle auch besser gebrauchen. Als sie Luft holen
mußte, lachte Tony Charente, der sich von seiner Überraschung erholt hatte.
„Also, das ist komisch. Dich
hatte ich ganz vergessen.“
„Ich werd dich jedenfalls nicht vergessen. Du siehst mich nicht wieder, da kannst du dich auf
den Kopf stellen!“
Sie zog ihren Rock unter dem
Kissen hervor, streifte ihn über, so gut es ging. Tony wollte ihr helfen. Sie
stieß ihn wütend zurück.
„Aber, aber“, sagte er
besänftigend. „Ich hol den Wagen aus der Garage.“
„Hau ab mit deinem Wagen“,
fauchte die Kleine. „Ich bin groß genug. Kann den Bus nehmen, zu Fuß gehen, per
Anhalter fahren.“
„Ach, Scheiße! Mach doch, was
du willst!“
Sie stürmte schimpfend aus dem
Bungalow.
„Etwas ist das auch meine
Schuld“, sagte ich.
„Eine verloren, zehn gewonnen“,
philosophierte er. „Was zu trinken?“
Auch sehr philosophisch. Aber
die
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