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nmp08

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Titel: nmp08 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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hätte Sehnsucht nach Mademoiselle Annie. Aber er
fuhr durch die Avenue de Madrid und den Boulevard Richard-Wallace — der Mann
der gleichnamigen Brunnen — , bog dann in den Bois de
Boulogne ein, fuhr wieder raus. Himmel, Arsch und Wolkenbruch! Wenn der Kerl
eine Fahrt ins Blaue machte, konnte ich ihm hinterherjagen, bis ich schwarz
wurde. Endlich hielt er an einem hübschen kleinen Anwesen mit Garten in der
Nähe der Porte de Bagatelle. Er stieg aus, klingelte an dem Gittertor. Wenig
später wurden ihm beide Flügel geöffnet, und er und sein Cadillac verschwanden
aus meinem Gesichtskreis.
    Ich fuhr an dem Gittertor
vorbei, parkte meinen Dugat etwas weiter weg und kam als einsamer Spaziergänger
wieder zurück. An der Toreinfahrt stand auf einem Kupferschild: Les Pins
Parasols. Tatsächlich sah man hinter dem Gittertor zwei Pinien. Aber
nirgendwo stand der Name des Besitzers oder so was Ähnliches. Am Ende einer
asphaltierten Allee erspähte ich eine elegante Villa. Davor stand Froments Cadillac.
Kein menschliches Wesen in Sichtweite. Aus dem Bois de Boulogne flatterte ein
Zitronenfalter bis zur Mitte des Boulevards, kehrte dann aber wieder,
erschreckt durch Motorengeräusch, in seine Büsche zurück.
    Plötzlich störten Gelächter und
Mädchengekicher die feuchte Nachmittagsstille. Der Heiterkeitsausbruch kam aus
der Nachbarschaft von Les Pins Parasols. Nahm ich jedenfalls an. Aber
auch dort niemand in Sicht. Ich ging auf eine offene Baustelle zu. Ein Arbeiter
setzte sich eine Rotweinflasche an den Hals und rührte Gips an. Immer
abwechselnd. Ich sah ihm zu. Er unterbrach seine Arbeit und musterte mich
ebenfalls. In der Nachbarschaft wurde wieder herzhaft gelacht.
    „Denen geht’s gut“, sagte ich.
    „Kapitalistenschweine“, knurrte
der Arbeiter.
    „Kommunist, Alter?“
    „Wär ja noch schöner.
Jedenfalls nicht mehr, seitdem die da vom Film Mitglieder geworden sind.“
    „Sind die vom Film?“
    „Weiß nicht. Aber da hinten die
Frau dreht Filme. Denise Falaise. Hab sie nie gesehen. Liegt wohl grade wieder
in der Sonne! Dann verrenken sich die andern immer den Hals und haben ihren
Spaß. Sagen Sie mal, Sie wollen nicht zufällig auch aufs Gerüst und
rüberschielen, hm? Vor ‘n paar Tagen hab ich zwei Kerle runtergeschmissen. So
was kotzt mich nämlich an! Nur so als Warnung für Sie...“
    „Tugendhaft wie Robespierre“,
lachte ich.
    „Hat damit überhaupt nichts zu
tun“, erwiderte er. „Betreten der Baustelle verboten!“
    Hinter mir heulte ein Motor
auf. Ich drehte mich um. Adrien Froment, der schlüpfrige Aal, wollte sich
gerade wieder aus dem Staub machen. Ein anderer Mann stand beinahe auf dem
Trittbrett, hielt sich an der Wagentür fest wie ein Besoffener an der Theke und
sagte auf Wiedersehen: Laumier.
    Der Cadillac fuhr in Richtung
Seine. Laumier verschwand wieder in Les Pins Parasols. Ich setzte mich
in meinen Wagen, der wie ein Glutofen aufgeheizt war, und brütete vor mich hin,
zum Laufen weniger in der Lage als ein Camembert. Selbst die Fliegen waren lahm
von der Hitze. In der Nachbarvilla, in der es so hoch herging, stießen die
Mädchen immer noch spitze Schreie und schrilles Lachen aus. Wahrscheinlich
wurden sie gekitzelt... Sieh mal an, Denise Falaise wohnte in Les Pins
Parasols. Sie war mit Montferrier an die Côte d’Azur geflogen, und Laumier
hatte sich inzwischen hier eingenistet. Vielleicht weil so eine Umgebung mehr
Vertrauen einflößt — wenn man Geschäfte machen will! — als ein Hotelzimmer,
auch eins der Luxusklasse. Wie scharfsinnig, Nestor Burma! Aus dir kann noch
was werden, wenn dich unterwegs nicht die Schweine beißen. Würd mich nicht
wundern, wenn du dir noch ‘ne Hirnhautentzündung holst. Fahr ins Cosmopolitan
zurück und trink was Kühles!
    Ich wollte gerade starten, als
eine Stimme neben mir sagte:
    „Aber... das ist doch Monsieur
Burma! ... Welch eine Überraschung, Monsieur.“
    Allerdings. Auch für mich.
Jean, Laumiers Mädchen für alles. Führte einen Köter Gassi. Ich hatte ihn gar
nicht bemerkt. Die Situation mißfiel mir sehr. Ich quälte mir ein Lächeln ab.
    „Sie kommen gerade richtig“,
sagte ich. ,Ganz im Gegenteil’, dachte ich. „Ich
wollte zu Monsieur Laumier und fragte mich soeben, ob... Ist er zu sprechen?“
    „Wahrscheinlich, Monsieur.“
    „Er ist aus dem Cosmopolitan
abgereist...“ Jean nickte zustimmend. „...und im Studio hab ich erfahren, daß
er Drehpause hat.“ Erneutes Kopfnicken, zustimmend, verständnisvoll und

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