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Ziehharmonika-Anzug. Wenn man zum Quai des
Orfèvres geht, sollte man schließlich nicht zu elegant gekleidet sein.
* * *
Florimond Faroux sieht mich,
flucht kurz und fragt:
„Woher haben Sie denn den Kopf?“
„Vom Müll. Bin letzte Nacht
reingefallen. Dann bin ich wieder rausgekrochen... mit diesem Kopf hier. Muß
mich wohl geirrt haben. Was ich so im Spiegel gesehen habe...“
„Mir hat er gesagt“, meldet
sich Grégoire, „er wäre gegen ‘ne Tür gerannt... oder vom Riesenbaby geknutscht
worden. Konntet mir aussuchen.“
„Und was stimmt?“ fragt Faroux.
„Hab mich von ‘ner Bande
Halbstarker auseinandernehmen lassen. Sie sollten mal was dagegen tun. Die
Kerle machen sich ‘n Spaß draus, Frauen in den Arsch zu kneifen.“
„Wenn man alle Arschkneifer
einsperren wollte“, sagt Faroux seufzend, „lief keiner mehr frei rum. Na schön.
Das war also der Sketch. Kommen wir zu den ernsthaften Dingen des Lebens Sein
Blick ist auf das Bild des Polizeipräfekten an der Wand gerichtet. Ein
kritischer Blick. Entweder wirft die Jacke Falten, oder der Krawattenknoten
sitzt schief. Oder es gehört zum Ritus der Wahrheitsfindung. Vielleicht ein
Wunder-Bild, anregend für Verstand und Inspiration? Ein Blick zum Präfekten,
und schon geht’s los!
„Also schön“, wiederholt der
Kommissar. Er zeigt auf meine blauen, geschwollenen Veilchen. „Sie können gar
nicht genug kriegen von der Foire du Trône, hm? Macht’s soviel Spaß?“
„Nie langweilig. Immer passiert
was Unvorhergesehenes.“
„Hm. Arbeiten Sie für jemand
oder kümmern Sie sich um Dinge, die Sie nichts angehen?“
„Ich arbeite für niemand.“
„Weiß ich verdammt gut. Wer
sollte Sie denn mit so was beauftragen? Also, Sie müssen niemand decken. Können
offen mit uns reden. Schadet keinem. Tun Sie aber nicht. Wollen uns verarschen.
Kümmern sich um Dinge, die Sie nichts angehn. Arbeiten nur so zum Vergnügen.“
Mir bleibt der Mund
offenstehen. Faroux zuckt die Achseln und wendet sich an Grégoire:
„Holen Sie den andern
Heiligen.“
Grégoire geht alleine raus und
kommt zu dritt wieder: er selbst, sein Kollege, der mit ihm bei mir gewartet
hat, und ein Kerl mit Handschellen. Kräftig gebaut, helle Jacke, darunter
Bluejeans. Sieht gar nicht gemütlich aus, der Junge. Seine Haare hängen wirr in
die tiefe Stirn. Finsterer Blick, große Nase, sozusagen keine Lippen. Und
Segelohren, um das Bild abzurunden. Sauber ist er auch nicht grade. Ich weiß
wohl, man kann in der Santé nicht so elegant rumlaufen wie in
einer Nachtbar. Aber trotzdem... Seine Hautfarbe ist nicht zu erkennen. Wie ‘n
Kohlenhändler, der keine Zeit mehr hatte, den Staub aus dem Gesicht zu wischen.
„Du wolltest doch Nestor Burma
sehen“, sagt Faroux zu ihm und zeigt auf mich. „Da ist er. Das ist die Gelegenheit.“
Der Kommissar sieht uns
abwechselnd an. Der Gefangene schüttelt den Kopf und brüllt:
„Hab nichts zu sagen. Kapier
kein Wort von Ihrem Scheiß.“ Er ist nicht der einzige!
„Ja, ja. Schon gut. Bringen Sie
ihn wieder rüber, Grégoire. Die sollen ihn weiter verhören.“
Der schmuddelige Kleiderschrank
verläßt neben den beiden Flics den Raum.
„Die Nummer kannte ich noch
nicht!“ sage ich lachend. „Was sollte die Gegenüberstellung?“
Als Antwort schiebt Faroux mir
Fotos rüber. Darauf ist ein sehr gut, aber ziemlich auffallend gekleideter Mann
zu sehen. Ganoventyp, nicht übermäßig schlau. Irgendwo hab ich ihn wohl schon
mal gesehen. Wo, weiß ich nicht.
„Pascal Troyenny“, stellt
Faroux ihn mir vor. „Ein Killer aus Marseille. So sah er vor einem oder zwei
Jahren aus. Hat sich ganz schön verändert, was?“
„Ist das...“
„Der Kerl von eben, ja.“
Grégoire kommt wieder zurück.
„Und?“ fragt ihn der Kommissar.
„Macht er den Mund auf?“
„Noch nicht. Der mag zwar ‘n paar
Tricks kennen, wie man sich ohne Schaden mit ‘nem Feuerhaken über die Zunge
geht. Aber die Jungs drüben kennen bestimmt noch bessere, sag ich Ihnen.“
„Feuerhaken!“ rufe ich. „Das
ist der...“
„Öl- und Feuerschlucker von der Foire du Trône“, vervollständigt Faroux nickend. „Deswegen haben wir ihn
eingesperrt.“
„Ach ja?“
„Ja.“
Ich kratz mich am Kopf.
„Ob Israel wohl die neuen
Schiffe im Suezkanal testen will?“ frage ich nachdenklich.
„Hm?“ Faroux reißt
verständnislos die Augen auf. „Warum?“
„Weiß ich auch nicht. Hätte
aber genausoviel mit dem Feuerschlucker zu tun wie
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