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etwas
undurchsichtig. Treu wie Gold! Von wegen! Na ja, jedenfalls steht’s da im
Bahnhofsschuppen rum. Bewacht von zwei Männern, die allen Grund haben, nicht
samt Gold stiften zu gehen: eines Nachts werden sie abgeknallt. Ein Eisenbahner
entdeckt am nächsten Morgen ihre Leichen. Der Waggon ist auf gebrochen. Ein
Teil der Goldbarren ist verschwunden. Ermittlungen in Montpellier und Paris.
Ohne Ergebnis. Keine Spur von den Raubmördern und der wertvollen Ladung.
Die Tage vergehen.
Spielende Kinder finden zwei
Goldbarren im Dünensand von Palavas, rund fünfzehn Kilometer von Montpellier
entfernt. Ermittlungen. Fehlanzeige. Die Polizei nimmt an, daß die Beute auf
ein Schiff geladen wurde und jetzt irgendwo im Mittelmeer rumschwimmt. Aber von
dem Schiff keine Spur.
Weitere Tage vergehen.
In Marseille wird ein Mann
namens Troyenny festgenommen. Es gelingt ihm, aus dem Bau auszubrechen. Zurück
bleiben ein Revolver sowie ein paar Indizien dafür, daß er sich vor kurzem in
Montpellier aufgehalten hat. Die Waffe wird untersucht und dann den Männern von
der Brigade Mobile der Hauptstadt des Hérault zugeschickt. Nochmalige
genaue Untersuchung. Kein Zweifel: Die Kugeln, die man in den Leichen der
beiden Wachposten gefunden hat, stammen aus der Kanone von Troyenny. Aber der
ist nicht aufzutreiben. Genausowenig wie die 150 Kilo Gold. Das Pariser
Konsortium für Edelmetalle setzt eine satte Prämie aus. Nützt aber nichts.
Und die Tage vergehen.
Wochen.
Monate.
* * *
Das lese ich also in der Bibliothèque nationale. Kommissar Faroux hätte mir die
Zusammenfassung auch selbst geben können. Nein, ich muß in alten Zeitungen
blättern, Staub schlucken und furchtbaren Durst kriegen. Aber manchmal sagen
die Flics kein Wort zuviel. Beweis: Faroux will nicht, daß die letzten
Neuigkeiten an die große Glocke gehängt werden. Weiterer Beweis: keine
Anspielung in den Zeitungen, in denen ich eben rumgestöbert habe, auf eine
mögliche Beteiligung von Lecanut alias Lan-celin an dem Goldraub. Die Flics im
Süden hatten wohl gute Gründe für ihr Schweigen. Oder sie haben Lancelin erst
später verdächtigt, und ich hab die entsprechende Meldung übersehen. Wie dem
auch sei, mir soll’s egal sein. Ich weiß von Faroux, daß mein
Achterbahn-Nachbar seine Finger im Spiel hatte.
Er, Troyenny und bestimmt noch
andere haben das Ding zusammen gedreht. Andere, die in Paris sein müssen und
die Lancelin treffen wollte (denn inzwischen ist genug Gras über die Sache
gewachsen). Andere, die mir die satte Prämie einbringen können, falls ich sie
erwische. Davon könnte ich mir dann einen neuen Hut kaufen und meinen Anzug
reinigen lassen. Der Rest wär die Entschädigung für den Ärger, den mir Faroux’
Leute machen.
* * *
Ich tauche aus der geschäftigen
Stille der Bibliothèque nationale auf und stürze mich in das
Musikbox-Leben des nächsten Bistros. Hier kann ich am besten über alles
nachdenken.
Nach vielen Windungen — wie die
der Achterbahn — komm ich wieder auf eben diese Karussellfahrt zurück. Wirklich
kein Ort, an dem man Leute umbringt, und dennoch... Lecanut-Lancelin hat ihn
gewählt, um mich zu erledigen, obwohl... nicht er hat gewählt. Ich bin
freiwillig eingestiegen. Er hat nur die Gelegenheit genutzt, um eine Probe
seines Talents zu geben. Ja, seines Talents! Denn es war bestimmt nicht sein
erster Versuch. Ich lasse mich nicht davon abbringen, daß Geneviève Lissert
keinen Unfall hatte, sondern absichtlich aus dem Wagen gestoßen wurde. Sie
hatte keine Feinde? Gut. Aber manchmal hat man welche und ahnt es nicht. Feinde
sagen nicht immer, was sie denken oder fühlen... bis sie handeln. Hab das
Gefühl, daß ich in der Rue Tourneux noch was klären muß.
Aber dazu brauche ich das Foto
von Lecanut, das ich in meinen alten Klamotten gelassen habe. Also zurück ins
Büro. Als ich wieder weggehen will, läutet das Telefon.
„Hallo!“
„Monsieur Burma?“
„Am Apparat.“
„Ach, endlich! Guten Tag,
Monsieur. Hier Charles Montolieu.“
„Guten Tag, Monsieur.“
„Ich hätte einen kleinen Auftrag
für Sie... falls Sie nicht zu sehr beschäftigt sind. Hab gestern und heute
ständig versucht, Sie zu erreichen. Ohne Erfolg.“
„Ich war zwar nicht im Büro,
bin aber nicht überbeschäftigt. Ihren Auftrag könnte ich noch annehmen. Worum
handelt es sich?“
„Das kann ich Ihnen am Telefon
schlecht erklären. Auf jeden Fall wär’s besser, wir treffen uns
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