Nobels Testament
atmen.
»Okay«, sagte er dann. »Okay …«
Und er öffnete die Wagentür und ging hinaus in den Regen. Sie öffnete den Mund und streckte die Hand aus, um ihn zurückzuhalten. Sie streckte sich nach ihm aus, und er schob schweigend und sachte die Beifahrertür ins Schloss. Drüben im Haus ging die Vordertür auf, und die Bahre mit der Leiche wurde hinaus in den Regen gerollt.
Thomas schlief, als sie nach Hause kam. Sie machte die Schlafzimmertür zu, ging hinüber ins Arbeitszimmer, knipste die Schreibtischlampe an und wählte Janssons Nummer.
»Ist es Mord?«, fragte der Chef vom Dienst.
»Bombensicher«, antwortete Annika. »Wir können davon ausgehen, dass sie noch vor Tagesanbruch entscheiden, wer die Voruntersuchung leiten soll. Und ich würde einen Haufen Geld darauf verwetten, dass es Brolin wird.«
»Was kannst du schreiben?«
»Im Moment noch herzlich wenig. Nur ein paar Beobachtungen vom Tatort und dass die Staatsanwaltschaft eingeschaltet ist. Aber Q war da, ich hoffe, dass ich ihn nachher noch erwische.«
»Wie ist er gestorben?«
»Ich weiß nicht, aber möglicherweise brutal.«
»Wie kommst du darauf?«
»Leichenwagen, keine Ambulanz.«
»Muss nichts heißen«, sagte Jansson. »Es hat in der Nacht eine Reihe Unfälle gegeben, vielleicht wurden die Rettungswagen dort dringender benötigt. Sonst noch was?«
Sie biss sich auf die Lippe.
»Nichts weiter.«
»Bitte korrigiere mich, wenn ich falschliege«, sagte Jansson, »aber wir haben hier einen Todesfall,
eventuell
Mord, doch das ist von offizieller Seite noch nicht bestätigt, und er ist
eventuell
gewaltsam, aber darüber können wir nur spekulieren. Ist diese Sache wirklich so groß?«
»Innerhalb eines halben Jahres ist das jetzt der zweite Mord an einem Vorstandsvorsitzenden des Nobelkomitees«, sagte Annika.
»Glaub mir, das ist groß. Was haben wir sonst Wichtiges?«
Jansson seufzte.
»Wir haben supergute Bilder von Prinzessin Madeleine auf einem Segelboot in Sandhamn.«
Annika schloss die Augen und holte tief Luft.
»Pass auf«, sagte sie. »Lass jemanden einen Nachruf auf Ernst Ericsson schreiben, sein Leben in Wort und Bild. Da gibt es einiges zu berichten. Die
Morgontidningen
hat im Winter einen Artikel über ihn gebracht, als er mit der Aufgabe betraut wurde, eine dreiviertel Milliarde Kronen Forschungsgelder von einem amerikanischen Pharmakonzern zu verteilen.«
»Das hört sich absolut eiskalt an«, sagte Jansson.
»Warte, bis ich dir den Text geschickt habe«, sagte Annika und legte auf.
Sie versuchte Q auf seiner Durchwahl zu erreichen.
Keine Antwort.
Sie rief noch einmal den Wachhabenden der Kripo an, aber aus ihm war nichts herauszubekommen.
Sie wählte die Nummer der Notrufzentrale und fragte, ob im Laufe des gestrigen Abends Meldungen über einen Todesfall in Djursholm eingegangen seien.
Zwei, außerdem noch einer in Mörby.
Konnte es sich bei einem davon um ein Verbrechen handeln?
In Mörby bestand der Verdacht auf eine Messerstecherei, und in einem der beiden Fälle in Djursholm herrschte noch keine Klarheit, die Polizei war zum Einsatzort gerufen worden. Der dritte war ein Herzinfarkt.
Wer hatte in dem ungeklärten Fall die Notrufzentrale kontaktiert?
Das ging aus dem Bericht nicht hervor.
Nicht, naja.
Sie rief wieder bei Q an.
Wieder keine Antwort.
Wen könnte sie als Nächstes anrufen?
Wer kannte Ernst Ericsson und hatte möglicherweise mehr Informationen?
Sie ging auf die Website von Telia und suchte im Telefonverzeichnis von A-Ö.
Birgitta Larsén gab es neunundzwanzigmal in Schweden, davon vier im Umkreis von Stockholm. Eine in Haninge, eine in Bandhagen, eine in Kungsholmen und eine in Rosersberg. Die letzte war als Einzige mit einem Akzent über dem e aufgeführt.
Annika atmete tief durch, ehe sie die Nummer wählte.
»Guten Abend«, sagte sie, als eine verschlafene Männerstimme antwortete. »Mein Name ist Annika Bengtzon, ich arbeite für das
Abendblatt.
Bin ich richtig bei Professor Birgitta Larsén vom Karolinska-Institut?«
Der Mann atmete laut und schnaubte.
»Was?«, sagte er.
»Ich möchte wissen, ob ich richtig bin bei Professor Birgitta …«
»Biggi«, sagte der Mann zu jemandem neben sich. »Hier will eine Professorin was von dir.«
»Was?«, erklang jetzt eine schlaftrunkene Frauenstimme.
Annika seufzte und schloss für einen Moment die Augen. Am anderen Ende raschelte und polterte es.
»Hallo?«, sagte die Frau, und Annika hörte sofort, dass es nicht die
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