Nobels Testament
einem Raum am Flughafen vorgenommen. Sie haben seine Kleidung zerschnitten, ihm in Mund und Enddarm rumgefuhrwerkt, sie haben ihn mit Abführmittel gedopt und ihm eine Windel verpasst. Dann haben sie ihm eine Maske übergezogen und einen Overall und ihn in ihr Privatflugzeug verfrachtet. Dort haben sie ihn an die Wand gekettet und bis Amman hängen lassen.«
Annika blieb der Mund offen stehen.
»Wer hat denn das sanktioniert?«, flüsterte sie und merkte, wie schockiert sie klingen musste.
»Die Regierung hat die Ausweisung beschlossen, die Außenministerin ist über die Transportart informiert worden, aber das Ministerium behauptet, weder von der CIA noch von tätlichen Übergriffen gewusst zu haben. Es war ein ganz normales Abschiebungsverfahren von einem normalen Terroristen, und die lieben Amerikaner haben angeboten, ihn mitzunehmen.«
»Der amerikanische Geheimdienst kann einfach herkommen und auf unseren Flughäfen Leute mitnehmen, ohne dass irgendjemand irgendetwas einzuwenden hat?«, fragte Annika viel zu laut.
Berit schaute sich um.
»Die Regierung hat keinen Einfluss darauf, wie die Polizei im Detail ihre Aufgaben verrichtet, und die Leitung des Staatsschutzes schiebt alles auf einen armen Beamten, der da draußen stand und die Abschiebung überwachen sollte«, sagte sie leise. »Alles ist seine Schuld. Das Problem liegt darin, dass er die Kontrolle über die Ausweisung an die Amerikaner übergeben hat, und weißt du, was er dann gemacht hat?«
»Was?«, fragte Annika.
Berit seufzte, als müsste sie sich für die Antwort sammeln.
»Als die Übergriffe nicht mehr so schön anzusehen waren, ist er rausgegangen und hat sich übergeben. Das Flugzeug hat also abgehoben, ohne dass er gesehen hat, was vor sich gegangen ist.«
»Jeez«, sagte Annika.
Einen Augenblick dachte sie schweigend nach.
»Obwohl Schweden da wohl keine Ausnahme ist. Die CIA hat offensichtlich ein Privatflugzeug gechartert und ist in den letzten Jahren in Europa rumgejettet, um Leute abzuholen.«
»In Jordanien haben sie ihn zu lebenslanger Haft verurteilt«, sagte Berit. »Sie haben ihn mit Schlägen und Elektroschocks gefoltert, bis er gestanden hat, und dann hat ihn ein Militärgericht der Planung und Durchführung terroristischer Akte für schuldig befunden. Sein Anwalt konnte keine Zeugen aufrufen, und gegen das Urteil kann keine Berufung eingelegt werden. Er wird dort in diesem Gefängnis sterben, und seine Mädchen werden ihren Papa nie wiedersehen.«
Berit bewegte ihren Stuhl zurück an ihren Schreibtisch. Annika starrte sie ein paar Sekunden an.
»Wie zur Hölle hast du das alles rausgefunden?«, fragte sie.
»Fatima hat ihn im Gefängnis besucht, er hat ihr von der Folter erzählt.«
»Und die CIA?«
»Ich habe die Kennung der Maschine rausbekommen«, sagte sie. »Es ist eine Raytheon Hawker 800XP mit der Registrierung N168BF. Sie gehört einer kleinen amerikanischen Fluggesellschaft.«
»Und?«
Berit sah zu ihr auf.
»Ich hab angerufen und gesagt, dass ich das Flugzeug chartern wollte.«
»Und?«
»Sie sagten, sie hätten nur einen Kunden: den amerikanischen Staat.«
»Jeez«, sagte Annika wieder.
»Patrik hat das Flugzeug ausfindig gemacht, es ist tatsächlich in der ganzen Welt unterwegs und sammelt Leute ein. Oft werden sie dann auf Kuba abgesetzt, zum Beispiel in Guantånanio.«
»Dafür muss doch jemand verantwortlich sein«, sagte Annika. »Irgendwen muss man doch zur Rede stellen können! Schweden ist ein Rechtsstaat, wir schicken keine Menschen in Folter und Tod.«
»Die Regierung behauptet, die jordanischen Behörden hätten ernsthaft zugesagt, dass Jemal einen gerechten Prozess bekommt und selbstverständlich nicht gefoltert werde. Da sieht man, wie viel dieses Abkommen wert war.«
»Wann bringen wir das?«
»Ich hoffe, morgen«, sagte Berit und erhob sich. »Ich muss jetzt los, habe noch ein Rendezvous mit der Außenministerin.«
»Sie wird nicht einen Pieps sagen«, meinte Annika.
»Natürlich nicht«, sagte Berit, nahm ihre Handtasche und ging.
Annika ließ sich auf Berits Stuhl nieder und fing an zu telefonieren.
Birgitta Larsén ging nicht ans Telefon, weder im Büro noch zu Hause in der Bisittargatan.
Q hatte seinen Anschluss auf die Zentrale umgestellt.
Der Wachhabende bei der Kripo wollte Ernst Ericssons Tod noch immer nicht kommentieren.
Sie suchte in der Informationsdatenbank Dafa nach Ernst Ericssons Kindern, in der Hoffnung, einen Sohn im passenden Alter zu finden, aber der
Weitere Kostenlose Bücher