Nobels Testament
Antons.
»Helfen Sie mir«, rief der Mann, »bitte, helfen Sie mir!«
Anton Abrahamsson starrte ihn an, unfähig, sich zu rühren. Die CIA-Agenten zogen dem Häftling die Schuhe aus, er trat um sich und schrie. Drei Agenten hielten ihn am Boden, er wand sich wie ein Wurm. Sie zerschnitten seine Kleidung, von den Strümpfen und der Hose bis hin zur Unterhose, dem Hemd und der Jacke.
»Checkt die Hohlräume«, sagte George, und die Männer zerrten den Häftling wieder auf die Beine, seine Augen waren blutunterlaufen, das Gesicht voll Speichel. Die Agenten rissen ihm die zerschnittenen Kleider vom Leib, bis er nackt in dem kalten Raum stand, noch immer in Hand- und Fußschellen. Er weinte schluchzend, als sie seine Kiefer auseinanderzwangen, sein gesamter magerer Körper bebte. Sie rührten in seiner Mundhöhle, popelten in seinen Nasenlöchern, leuchteten und gruben mit einem langen Stäbchen in seinen Ohren, drehten seine Hoden um und untersuchten sein Geschlechtsteil.
Als einer der Männer einen Finger in seinen Anus einführte, heulte er laut auf.
Anton Abrahamsson wandte sich zu seinen Kollegen.
»Ich glaube, es ist an der Zeit, nach Hause zu fahren und Meldung zu machen«, sagte er.
Gemeinsam verließen die Kripobeamten den Raum.
Das Echo der Schreie des Häftlings verklang, sobald sie die Tür geschlossen hatten.
Annika ging durch die Türen der Kita, wo es von Kindern wimmelte. Überall waren Schachteln, gefüllt mit Lucia-Glitter, Trollkostümen und Hefegebäck. Die Lucia-Feier sollte am Nachmittag stattfinden, einen Tag zu spät zwar, aber das war Haarspalterei. Die Kinder hatten seit Wochen geübt, und nun würde gesungen.
Im Aufenthaltsraum war es warm und eng. Langsam und vorsichtig packte Ellen ihre Kuscheltiere Poppy und Ludde sowie ihre elektrische Kerze aus und legte sie in ihr Fach. Annika klebte vor Schweiß und sah auf die Uhr. Der Zeitplan war so eng, dass sie spätestens um Viertel vor vier das Büro verlassen musste, um den Lucia-Umzug zu sehen. Thomas hatte bereits angekündigt, dass er nicht kommen würde. Er hatte am Nachmittag ein weiteres Treffen mit Per Cramne vom Ministerium und durfte nicht gestört werden.
Endlich hatte Ellen ihre Sachen sortiert und konnte dem Kitapersonal übergeben werden, das gerade dabei war, das Frühstück vorzubereiten.
»Sie hat schon gegessen«, sagte Annika und machte sich mit Kalle auf den Weg zu seiner Gruppe für Sechsjährige.
Kaum hatte er den Raum betreten, wurde er auch schon ein Teil des schreienden Haufens aus Armen und Beinen, der aus den anderen Jungen der Gruppe bestand. Am Morgen hatte er lautstark dagegen protestiert, ein Troll zu sein, und hatte stattdessen verlangt, Vampir zu werden. Annika hatte ihm erklärt, dass Vampire bei einem Lucia-Umzug nichts zu suchen hatten, und so hatte er sich unter Weinen und Zähneknirschen gefügt.
Der Sonntag war ruhig und friedlich verlaufen. Thomas, der erst in den frühen Morgenstunden aus Vaxholm nach Hause gekommen war, hatte einen Kater gehabt und die meiste Zeit des Tages vor dem Computer verbracht. Annika hatte mit den Kindern Weihnachtsdekoration gebastelt, nebenbei die Wäsche gemacht und ein bisschen Recherche über Lars-Henry Svensson und seine Verbindung zum Karolinska-Institut betrieben.
Abends hatten sie Pizza bestellt.
Nun verließ sie die Kinder und flüchtete.
Sie verspürte immer eine enorme Erleichterung, wenn die Tür der Kindertagesstätte hinter ihr ins Schloss fiel. Ein Meer von Stunden ungebrochener Konzentration lag vor ihr. Bis 15.45 Uhr war sie Herrin über ihr Gehirn. Die Sonne stieg, es würde ein klarer und kalter Tag werden.
Schnell holte sie ihr Handy aus der Tasche und rief Spiken an. Er antwortete mit dem üblichen Grunzen.
»In einer halben Stunde beginnt im Wallenbergssaal im Nobelforum draußen beim KI eine Pressekonferenz«, sagte Annika. »Findest du, da sollten wir hin?«
Spiken stöhnte leise, es hörte sich an, als steckte er sich eine Portion Snus-Tabak unter die Oberlippe.
»Darauf können wir wohl scheißen«, sagte er.
»Es wird eine Art Bekanntmachung geben«, sagte Annika. »Ich dachte, Nobel und KI wären gerade irgendwie angesagt, aber da habe ich mich wohl getäuscht.«
Spiken raschelte mit Papier.
»Für ›irgendwie angesagt‹ haben wir heute keinen Platz«, sagte er, »fahr hin und schau es dir mal an, damit wir nichts verpassen, aber schreib keine Romane.«
Er legte auf, ohne eine Antwort abzuwarten.
An der Kreuzung von
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