Noble House 02 - Gai-Jin
Einwilligung zwingen. »Sie werden die Freundlichkeit nie bereuen. Bitte. Mein Vormund hat einen Lebenswunsch geäußert. Bitte, ich werde Ihnen dienen…«
Koiko hörte die Worte kaum. Sie sah Sumomo an, wie eine Maus eine angreifende Kobra anstarren würde. Sie konnte nur daran denken, wie sie entkommen, wie sie all das zu einem Traum machen könnte. Ist es ein Traum? Sei vernünftig, dein Leben liegt in der Waagschale, mehr als dein Leben, du mußt deinen Verstand zusammennehmen.
»Geben Sie mir Ihr Messer.«
Sumomo zögerte nicht. Ihre Hand fuhr in ihren Obi, und sie reichte Koiko das Messer in der Scheide. Koiko zog es heraus, als stünde die Klinge in Flammen. Da sie nicht wußte, was sie sonst damit tun sollte, denn sie hatte noch nie ein Messer in der Hand gehabt – in der Schwimmenden Welt waren alle Waffen verboten –, schob sie es in den eigenen Obi. »Was wollen Sie von uns? Warum sind Sie hier?« fragte sie mit kaum hörbarer Stimme.
»Nur, um mit Ihnen zu reisen, Dame«, sagte Sumomo wie ein Kind. Sie merkte nicht, daß ihr Gesicht nackt war. »Nur, um mit Ihnen zu reisen, es gibt keinen anderen Grund.«
»Gehörten Sie zu der Mörderbande, die Shōgun Nobusada angegriffen haben?«
»Natürlich nicht, ich bin nur eine einfache Loyalistin, eine Freun…«
»Aber Sie waren die Spionin, die verraten hat, daß mein Herr sich außerhalb der Kasernen mit Ogama treffen wollte – Sie waren das!«
»Nein, Dame, ich schwöre es. Ich habe Ihnen gesagt, daß er nicht der Feind ist. Das war ein verrückter Einzelgänger, keiner von uns. Ich sage noch immer…«
»Sie müssen gehen, Sie müssen«, sagte Koiko sehr leise. »Bitte, gehen Sie. Bitte, gehen Sie jetzt, bitte. Schnell.«
»Es gibt keinen Grund zu Sorge oder Angst. Keinen.«
»O doch, ich habe Angst, schreckliche Angst, jemand könnte Sie denunzieren. Dann würde Yoshi…« Die Worte schienen in der Luft zwischen ihnen zu hängen. Sie schauten sich an. Sumomo wollte ihr ihren Willen aufzwingen, und Koiko war hilflos und ermattete unter ihrer Stärke. Beide schienen gealtert zu sein. Es zerriß Koiko das Herz, daß sie so naiv hatte sein können und daß ihr Idol sie so böse mißbraucht hatte, und Sumomo war wütend, weil sie nicht sofort zugestimmt hatte, als diese zudringliche Hure ihr vorgeschlagen hatte zu gehen. Närrin, Närrin, dachten beide.
Die Shoji-Tür öffnete sich, Yoshi trat herein und wollte ins innere Zimmer gehen. Beide Frauen erwachten aus ihrer Trance und verneigten sich hastig. Er blieb unvermittelt stehen. Alle seine Sinne witterten Gefahr.
»Was ist los?« fragte er scharf. Ihm war ihre Angst aufgefallen, ehe sie die Köpfe neigten.
»Ni… nichts, Herr«, sagte Koiko und nahm sich zusammen, während Sumomo zum Kohlenbecken eilte, um frischen Tee zu holen. »Möchtest du vielleicht Tee, ein Frühstück?«
Seine Augen wanderten von einer zu anderen. »Was ist los?« fragte er langsam, und seine Worte waren wie eisige Nadeln.
Sumomo kniete demütig nieder: »Es… es tut uns so leid, daß wir nicht mit Ihnen gehen, Herr, das war es nur… daß die Dame Koiko so traurig ist. Darf ich Tee servieren, Herr?«
Das Schweigen wurde drückend. Er ballte die Fäuste. Sein Gesicht war streng, die nackten Beine standen fest auf dem Boden. »Koiko! Sag es mir auf der Stelle!«
Koikos Lippen begannen sich zu bewegen, aber die Worte wollten nicht kommen. Sumomos Herz blieb stehen, dann dröhnte es in ihren Ohren, als Koiko mühsam aufstand, in Tränen ausbrach und stammelte: »Siehst du, Tora-chan, sie… es stimmt, aber sie ist nicht ganz das, was…«
Sofort war Sumomo auf den Füßen. Ihre rechte Hand fuhr in ihren Ärmel, und sie förderte ein Shuriken zutage. Yoshi biß die Zähne zusammen, als er es sah. Ihr Arm fuhr nach hinten, um auszuholen – er war unbewaffnet, ein ungeschütztes Ziel, seine Schwerter befanden sich im inneren Zimmer. Sofort duckte er sich nach links und hoffte, die Finte würde sie verwirren; er schickte sich an, sich auf sie zu stürzen, und wandte keinen Blick von ihrer Hand. Unbeirrt zielte sie auf seine Brust und warf mit aller Kraft.
Die gezackte Stahlscheibe wirbelte durch den Raum. Hektisch bäumte Yoshi sich auf und fuhr herum. Einer der Zacken traf den Rand seines Kimonos und riß den Stoff auf, berührte aber kein Fleisch, verschwand dann durch die Shoji-Bespannung und prallte an einen Pfosten im inneren Raum, während er, von der Anstrengung aus dem Gleichgewicht gebracht, gegen eine Wand
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