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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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der Prancing Cloud umsehen. Wenn Tess an Bord ist, beschleunigt das die ganze Sache.«
    Nachdem er gegangen war, untersuchte sie die Asche, aber sie konnte nichts erkennen. Leicht für André, eine Kopie anzufertigen, zu zerreißen und als Original zu präsentieren und zu verbrennen – und das wiederhergestellte Original zum späteren Gebrauch weiterhin zu verstecken. Das ist genau die Art von Trick, zu der er ohne Bedenken greifen würde. Aber warum die Fälschung verbrennen? Damit ich ihm weiter vertraue und ihm die Erpressung verzeihe.
    Friede? Ruhe vor einem Erpresser hat man erst dann, wenn der angedrohte tödliche Verrat etwas betrifft, das kein Geheimnis mehr bleiben muß. In meinem Falle also dann, wenn SIE bezahlt hat und das Geld auf der Bank liegt. Und wenn André bekommen hat, was er will – Hinodeh, vielleicht? Was will sie? Sie versteckt sich vor ihm in der Dunkelheit. Warum? Wegen seiner Hautfarbe? Um ihn zu erregen? Aus Rache? Weil er kein Japaner ist?
    Ich weiß jetzt, daß der Akt der Liebe von Schrecken bis zu Ekstase und Wahn gehen kann. Beim erstenmal mit Malcolm war es hell, beim zweitenmal dunkel, und beide Male war es schön. Mit ihm aus dem anderen Leben war es immer bei Licht, und er war schön und überwältigend, ganz anders als bei meinem Ehemann Malcolm, den ich wirklich geliebt habe.
    Als sie die Dampfpfeife der Barkasse vernahm, öffnete sie die Vorhänge und sah das Schiff von ihrem Anlegesteg ablegen, mit Albert MacStruan in der Kajüte. Auf Reede war die Prancing Cloud kaum sichtbar, die Segel wurden eingeholt, und sie glitt auf ihren Liegeplatz zu.
    In Gedanken war sie an Bord und sah ihre Feindin – dünnlippig, blaßäugig, mit steifem Rücken, knochig und schlecht gekleidet wie immer. Dann blickte sie rasch aufs Meer hinaus, dachte an Malcolms Bestattung und lächelte, sonnte sich in diesem Sieg. Ihr Herz klopfte bis zum Halse. Dann rollte sie sich wieder in ihrem Sessel zusammen – seinem Sessel, ihrem gemeinsamen Sessel, noch ein Sieg – und sah zu, wie die Dunkelheit noch dunkler wurde. Sie konnte ihre Erregung kaum noch beherrschen.
    Gewiß würde Edward an Bord sein.

53
    Die Tür zu Jamies Büro wurde aufgerissen, und Vargas stürmte herein. »Die Barkasse hat die Cloud verlassen, Senhor«, sagte er atemlos, das Teleskop in der Hand. »Vier oder fünf Passagiere.«
    »Ist sie an Bord?« Jamie blickte nicht von der Packkiste auf, die er mit Papieren füllte. Als er nicht sofort Antwort bekam, wurde seine Stimme schärfer. »Verdammt, ist sie an Bord?«
    »Ich… ich bin… ich glaube.«
    »Ich sagte, Sie sollten mir Bescheid geben, wenn Sie es wissen, nicht vorher!«
    »Es… es tut mir leid, Senhor, ich war am Ende der Pier und sah durchs Fernglas und dachte, ich sollte besser Bericht erstatten und fragen, was… was ich tun soll.«
    »Gehen Sie zurück und empfangen Sie sie, aber zuerst sorgen Sie dafür, daß die ganze Dienerschaft bereit ist, sorgen Sie dafür, daß in der Suite des Tai-Pan ein Feuer brennt, die wird sie nehmen, Mr. MacStruan wird sie sicherlich räumen.«
    »Aber das würde bedeuten, daß sie Wand an Wand mit Mrs. Angél…«
    »Um Gottes willen, das weiß ich, aber es ist die Suite des Tai-Pan, und die wird sie beziehen!«
    Vargas floh, und Jamie eilte zum Fenster. Die Barkasse näherte sich dem Ufer. Nur tanzende Lichter auf den Wellen. Er stellte sein Glas scharf ein. Vage Gestalten in der Kajüte, darunter unverkennbar eine Frau. Kein Zweifel an der Haube, kein Zweifel an der aufrechten Haltung und der Art, wie sie das Stoßen und Heben und Senken des Bootes abfing.
    »Scheiße!« Seufzend stieß er den Atem aus. Um besser zu sehen, lehnte er sich aus dem Fenster. Brachte nicht viel. Eine der Gestalten identifizierte er als Kapitän Strongbow, hauptsächlich anhand seiner Größe und seines Körperumfangs. Zwei weitere Männer, nicht drei – einer davon MacStruan.
    Der Kutter näherte sich schnell dem Landungssteg, wo bereits Schaulustige warteten, alle mit Hüten und Kopftüchern vermummt, die bei der gefürchteten Winterluft fast obligatorisch waren. Schwierig, Gesichter zu sehen, aber er glaubte André dort zu erkennen, und… ja, Vervene, Skye, ja, und Nettlesmith. Die Geier versammeln sich, dachte er, wenn auch die wichtigsten genau wie ich von ihren Fenstern aus zusehen.
    Heute abend bedrückte ihn die Dunkelheit. Das Feuer in seinem Zimmer schien jetzt seine Wärme verloren zu haben. Sein Hals war eng, seine Brust schmerzte. Beherrsch

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