Noch ein Kuss
und lehnte sich zurück. »Vielleicht macht es mir sogar Spaß«, fügte er grinsend hinzu.
Peter unterbrach seine Unterhaltung mit Roger. »Keine schlechte Idee, Carly. Dann hättest du wenigstens jemanden bei dir … du weißt schon, zur moralischen Unterstützung.«
»Ich brauche niemanden … «
»Doch, sicher«, beharrte Pete. »Du hast bisher alles alleine gemacht, jede Kleinigkeit hast du genauestens geplant.«
Carly drückte eine Serviette an ihre vollen Lippen. »Nicht jede«, murmelte sie, ehe sie die Serviette wieder in ihren Schoß legte.
Mike hob lässig die Hand und tippte ihr auf die Schulter. »Es würde mir nichts ausmachen.«
»Aber es geht nicht«, entgegnete sie. »Das bringt Unglück oder so was.«
Mike prustete los. »Wie kommst du denn darauf?«
»Es ist doch nicht so, als ob er der Bräutigam wäre«, meinte Pete und stimmte in das Lachen seines Bruders ein.
Mit einem Mal fand Mike das Thema alles andere als lustig. »Wenn du mich haben willst, ich bin bereit«, sagte er und unterdrückte die Schuldgefühle, die sich schon meldeten, wenn er nur an Carly dachte.
Er liebte seinen Bruder. Mit Peter verband ihn eine Seelenverwandtschaft, die aus ihrer traurigen Kindheit herrührte. Mit Carly verband ihn … etwas Stärkeres, das er nicht in Worte fassen konnte. Doch trotz Peters Fehlern und seinen Gründen für diese Verbindung musste er sich die Verlobte seines Bruders aus dem Kopf schlagen.
Wenn er zuließ, dass Carly einen Keil zwischen sie trieb, verlor er den einzigen Blutsverwandten, der ihm noch geblieben war. Genau wie Pete. Schon allein aus diesem Grund war Mike entschlossen, von jetzt an Abstand zu Carly zu halten. Bei seiner ausgeprägten Selbstbeherrschung, die ihm so oft das perfekte Bild beschert hatte, sollte das nicht allzu schwierig sein. »Carly?« Peter legte eine Hand auf ihren bloßen Arm, woraufhin Mike die Zähne zusammenbiss.
»In Ordnung«, sagte sie mit einem Blick zu Mike. »Ich würde mich freuen.«
»Mike?« Peter sah ihn an und wartete mit hochgezogener Braue auf seine Antwort.
»Versprochen.« Er würde ihr helfen. Und Pete ebenso. Aber zu welchem Preis? Und wer würde ihn bezahlen?
Kapitel 4
Nach dem Motto »Wer arbeitet, hat keine Zeit zum Nachdenken« stand Carly früh auf und verbrachte den Morgen damit, den verspäteten Frühjahrsputz in Angriff zu nehmen und das ständige Klingeln des Telefons zu ignorieren. Was ihr bei der Türklingel leider nicht möglich war.
Sie wischte die staubigen Hände an ihrer Jeans ab und strich sich mit dem Handrücken die Ponyfransen aus den Augen. Wer immer da auf die Klingel drückte, er hatte mehr Ausdauer als sie. »Wer ist da?«, rief sie durch die Tür.
»Ich bin’s, Mike.«
Carlys Magen schlug einen Purzelbaum, doch ehe sie sich eines Besseren besinnen konnte, hatte sie den Türknauf schon in der Hand. »Wir müssen aufhören, uns auf diese Weise zu treffen.«
»Könnten wir ja auch, wenn du ans Telefon gingst«, erwiderte Mike grinsend. »Darf ich?« Er zeigte in die Wohnung und schob sich, ohne eine Antwort abzuwarten, einfach an ihr vorbei.
»Ganz schön aufdringlich«, murrte Carly.
»Das bekomme ich öfter zu hören«, rief Mike ihr über die Schulter hinweg zu.
»Diesmal war es aber gar nicht für deine Ohren bestimmt.« Obwohl Carly in der letzten Nacht beschlossen hatte, sich von Peters Bruder fernzuhalten, konnte sie nicht leugnen, dass sie sich freute, ihn zu sehen. Sie schloss die Tür, drehte sich um und folgte ihm in die Wohnung.
»Was verschafft mir das Vergnügen?«, fragte sie.
Mike lehnte an dem Fenster, von dem aus man den kleinen Park vor dem Haus im Blick hatte. Selbst in einer alten abgeschnittenen Jeans und einem schwarzen T-Shirt verfehlte er seine Wirkung auf sie nicht.
»Ich dachte, wir sollten uns mal unterhalten«, sagte er und kreuzte die muskulösen Arme vor der Brust.
Verträumt fragte sich Carly, ob er wohl in ein Fitnessstudio ging, und wenn ja, wo. Sie hätte ihm gern dabei zugesehen, wie er seinen Bizeps stählte. Sie leckte sich über die plötzlich trocken gewordenen Lippen. Die Carly Wexler, die sie kannte, hatte sich nie so seltsame Gedanken über Männer gemacht.
Mike stieß sich von der Wand ab und kam zwei Schritte auf sie zu. Der lockere Gang und die lässige Haltung, die so typisch für ihn waren, überraschten sie immer wieder. Genauso wie die Tatsache, dass er mit Peter verwandt war. Dieser Gedanke ernüchterte sie augenblicklich.
»Worüber sollten
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