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Noch ein Tag und eine Nacht

Noch ein Tag und eine Nacht

Titel: Noch ein Tag und eine Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabio Volo
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mache ich Pipi lieber ins Urinal. Doch an diesem Morgen werkelte dort gerade ein Reinigungsmann herum, deshalb ging ich in eine Kabine. Ich sah einen Haken an der Wand und wollte meine Tasche daran aufhängen, doch als ich den Arm hob, glitt das Handy aus der Hemdtasche und landete dort, wo es unter keinen Umständen landen sollte. Platsch!
    Verdammte Schei…!!! Mist, was soll ich jetzt machen?
    Ich ging raus und fragte den Klomann, ob er mir mal kurz seine Plastikhandschuhe leihen könne.
    »Was wollen Sie damit?«
    »Mein Handy rausholen.«
    »Warten Sie, ich komme mit.«
    Er nahm einen kleinen Aquariumskescher vom Wagen, so einen zum Fischefangen.
    »Auf so was bin ich vorbereitet. Da sind Sie nicht der Erste, wissen Sie. Manchmal lassen die Leute es auch drin liegen.«
    Er holte mein Handy aus dem Lokus und überreichte es mir; ich wickelte zwölf Meter Toilettenpapier ab und bettete das Handy in meine Hände, als wäre es ein Küken im Nest. Gleich danach legte ich es auf den Waschbeckenrand und wusch mir die Hände. Ich wusste nicht, ob ich das Klowasser abwaschen und das Handy damit noch nasser machen oder ob ich es sofort abtrocknen sollte.
    Und das mir! Wenn ich eine öffentliche Toilette aufsuche, muss ich immer daran denken, dass mein Vorgänger nach dem Pinkeln Spülknopf und Türgriff berührt hat, weshalb ich das lieber mit dem Fuß erledige: Wie ein Samurai betätige ich mit dem Fuß den Spülknopf und öffne so auch die Tür, die ich nicht verriegele, sondern nur anlehne.
    Da stand ich also mit einem Handy, das ins Klo gefallen war, und hoffte, dass es mich nicht verließ, dass es noch funktionierte. Schließlich wusch ich es nicht ab, sondern hielt es unter den heißen Luftstrahl des Händetrockners.
    Der Klomann schien sich für mein Problem nicht sonderlich zu interessieren, vielleicht weil er gerade putzte, vielleicht weil das für ihn einfach nichts Neues war. Im Vorbeigehen sagte er aber doch: »Ich glaub nicht, dass das noch funktioniert. Das können Sie wegschmeißen. Wenn Sie Glück haben, ist die SIM-Karte noch in Ordnung, falls nicht… Pech gehabt.«
    Ich hielt das Handy noch eine Weile unter den Föhn, dann schaltete ich es ein. Das Licht ging an, aber das Display erstrahlte in den Farben des Regenbogens. Und keine Schrift.
    Ich packte es wieder ein und steckte es in die Tasche.
    Verdammte Sch…!!!
    Bevor ich in den Wartebereich vor der Bar ging, wo ich am Tag, als ich nach Michela suchte, gewesen war, musste ich einen Zickzackparcours aus blauen Absperrbändern bewältigen. Wie eine Laborratte. Manchmal, wenn keiner wartet, klettere ich drunter durch, denn man kommt sich ja schon bescheuert vor, wenn man den Parcours in einer Schlange abtrottet, aber wenn keine Schlange da ist, ist es völlig daneben. Ich stelle mir immer wieder vor, ich sei in einem Glaskasten, und Menschen in weißen Kitteln machen sich Notizen über mein Verhalten. Ich winkte ihnen zu.
    Verdammte Sch…!!! Und wenn es jetzt kaputt ist? Michelas Büroadresse war in dem Handy eingespeichert. Hoffentlich hat Silvia sie noch.
    Das Flugzeug hob mit einstündiger Verspätung ab. Es war riesig und mit einer Menge Leute samt Gepäck schwer beladen. Wie schafft es das nur?, frage ich mich immer. Ich habe es nie recht begriffen.
    Kurz darauf wurde das Mittagessen serviert. Ich nahm ein paar Bier dazu, in der Hoffnung, dass mir das beim Einschlafen helfen würde, aber ich machte trotzdem kaum ein Auge zu. Ab und an dämmerte ich ein bisschen weg, hier und da ein Halsrucken, wenn mein Kopf nach vorn fiel.
    Müde genug wäre ich zwar gewesen, aber es war sinnlos, ich kann im Sitzen einfach nicht schlafen. Meine Füße schwellen an, und die Beine fühlen sich an, als wären sie aus Holz.
    Mein Sitznachbar hingegen schlief die ganze Zeit. Irgendwann holte ich das in Klopapier eingewickelte Handy hervor und nahm es auseinander. Trocken war es jetzt. Ich betrachtete die Teile vor mir auf dem Tischchen, nahm sie einzeln in die Hand und pustete darüber. Ich wusste nicht, ob das was brachte, doch es war das Einzige, was ich tun konnte. Ich baute es wieder zusammen: Ob es wieder funktionierte? Wie einen Edelstein trug ich es aufs Klo. Ich stellte mir vor, wie das Flugzeug explodierte, sobald ich mein Handy einschaltete. Ich war neugierig, hatte aber auch Angst, grob fahrlässig zu handeln. Schließlich schaltete ich es ein. Wie zuvor ging das Licht an, doch die Aufforderung PIN-CODE EINGEBEN leuchtete nicht auf. Ich schaltete es

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