Noch Einmal Sollst Du Buessen
gingen.
„Nein.“ Kate klappte den Kalender zu. Ihre Unterlippe zitterte ein wenig.
„Ärger?“, fragte Marnie.
„Ärger kann man es nicht nennen.“
„Aber …“
Kate zog ein Taschentuch aus der Tasche ihres Leinenkostüms und putzte sich die Nase. „Dein Vater ist momentan sehr … beschäftigt. Im ‚Puget West‘ läuft noch nicht alles perfekt, er muss sich um die Entwürfe für die ‚Deception Lodge‘ und die Projekte in Kalifornien kümmern. Das Hotel in San Francisco soll im Oktober eröffnet werden, aber wem erzähle ich das …“
Marnie nickte. Sie wusste selbst nur zu gut, wie fanatisch Victor sich in die Arbeit vergraben konnte. „Mir brauchst du es nicht zu sagen, Kate. Es scheint, als ob er sein Privatleben auf die Warteliste geschoben hätte. Ich werde ihn mir mal vornehmen.“
„Nein, bloß nicht!“ Kate hob abwehrend die Hand. „Er braucht nun mal eine gewisse Hektik. Er kann nicht auf langsam schalten, es würde ihn umbringen. Es ist ja nicht das erste Mal, dass ich auf der Ersatzbank warten muss. Das wird vorbeigehen“, sagte sie optimistisch, aber in ihren Augen schimmerten Tränen.
Plötzlich streckte sie die Hand aus und ergriff Marnies Arm. „Wenn ich dir einen Rat geben darf, Marnie, dann geh keine Beziehung mit einem Mann ein, der sich nicht engagieren will. Dann kann dir nämlich passieren, dass du für den Rest deines Lebens wartest.“ Das Telefon läutete, und Kate, der ihr Ausbruch sichtlich peinlich war, ließ Marnies Arm los und winkte ab. „Es wird sich schon alles zurechtlaufen.“ Sie nahm den Hörer ab und schlüpfte wieder in ihre Rolle, die sie so tadellos beherrschte.
Marnie ging schnell hinaus. Kates Worte hatten sie deprimiert. Wusste sie, dass ihre Beziehung mit Adam aussichtslos war? Aber woher? Vielleicht war es nur eine Ahnung, eben Kates weiblicher Instinkt.
Mit einem tiefen Seufzer ließ Marnie sich im Büro in ihren Sessel fallen. Wie würde es mit ihr weitergehen? Eine Trennung von Adam konnte sie sich nicht vorstellen, aber so wie Kate warten, immer nur warten und hoffen? Eine solche Zukunft erschien ihr noch trostloser.
Aber sie liebte Adam. Konnte sie nicht mit ihm zusammenbleiben und ihren Traum von Ehe, Kindern und Liebe fürs Leben vergessen?
Vielleicht waren ihre romantischen Vorstellungen ja nur verstaubte Fantasien, die aus einer Kindheit ohne Mutter übrig geblieben waren. Wunschträume eines Kindes, das Märchen von schönen Prinzessinnen gelesen hatte und von Prinzen auf edlen Schimmeln, die nach nichts anderem strebten, als die Prinzessin auf ihr Schloss zu führen, um dort „glücklich bis an ihr Ende“ zu leben.
„Närrin“, spottete Marnie und wählte die Nummer ihrer Firma. „Hier Werbeagentur Montgomery“, meldete Donna sich mit ihrer munteren Stimme.
„Hallo, wie läuft es?“
„Ziemlich hektisch, aber ich habe alles im Griff.“ Marnie musste lächeln. Sie sah Donna vor sich, Nägel lackierend, rauchend, Kaffee trinkend und vollauf mit Telefonaten und Tipparbeiten für den Steuerberater Miles Bums beschäftigt. „Andrew Lorenzini von Sailcraft hat zurückgerufen. Er sagte, dass er Ihr Angebot interessant fände, und möchte sich nächste Woche mit Ihnen treffen.“
„Sehr gut.“ Ein Werbeauftrag von der Jachtbau-Firma und noch ein paar mehr solcher Etats würden Marnie unabhängiger von ihrem Vater machen.
„Andrew Lorenzini.“ Donna ließ den Namen auf der Zunge zergehen. „Der Mann klang übrigens so interessant wie sein Name.“
Marnie lachte. „Sonst noch etwas?“
„Nein. Mir reicht’s. Wie gesagt, der Tag heute hat’s in sich.“
„Übertreiben Sie es nicht mit der Arbeit, Donna.“
„Oh, da passe ich schon auf. Ach, übrigens, Adam hat angerufen. Hat Sie bei Montgomery Hotels nicht erreicht und lässt ausrichten, dass Sie sich heute am üblichen Ort sehen. Also, der klingt interessant. Und romantisch.“
„Donna, ich glaube, Sie sehen zu viele Liebesfilme.“
„Meinen Sie? Nun, auf jeden Fall nicht mit den richtigen Männern.“ Marnie legte lachend auf. Die Unterhaltung mit Donna hatte ihre Stimmung gebessert. Sie freute sich auf den Abend mit Adam. Die Kleinmädchenträume waren ausgeträumt. Sie würden nicht bei Glockengeläut vor den Altar treten. Sie hatten keine vorgeplante Zukunft. Ihr Vater hielt Adam für einen Schurken. Na und?
Die neue Marnie Montgomery war frei und spontan. Sie würde jeden Tag in ihrem Leben so nehmen, wie er kam. Die alte, von Miss Ellison
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