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Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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sagte, ich saß fortan zwischen zwei Stühlen. Was mich jedoch weniger störte, als der Leser sich vorstellen mag, denn mir war jeglicher religiöser Eifer zur Abscheu geworden, seit ich bei der Michelade zu Nîmes das Niedermetzeln der Katholiken und am 24. August 1572 zu Paris das der Unseren miterlebt hatte. Was nicht heißen soll, daß ich völlig zum Skeptiker geworden war wie Fogacer, aber mir war es künftighin nicht mehr so wichtig, ob man Gott in dieser oder jener Form anbetete, sosehr die der Römischen Kirche auch mit Irrtümern, Mißbräuchen und Aberglauben behaftet war.
    Mein Vater, der seine Herrenpflichten so gewissenhaft versah, hätte Barbentane am liebsten gleich nach dem Hochzeitsfest verlassen, aber dem widersetzte sich Monsieur de Montcalm. Auf Mespech, sagte er, beginne jetzt die Winterruhe, und sobald Ernte, Weinlese und Mahd eingebracht seien, könne das Haus den Herrn auch einmal entbehren. Und obwohl mein Vater, entgegen dem Grafen von Montcalm, der Meinung war, |113| daß gutes Wirtschaften seine Anwesenheit daheim auch zur kalten Jahreszeit erfordere, bewegte ihn doch der Gedanke, daß er Catherine und mich, wenn wir nun nach Paris zögen, lange Zeit, vielleicht Jahre, nicht wiedersehen würde, weil das Reisen im unruhigen Reich noch immer gefährlich war, und so ließ er sich denn von meiner Schwester und mir bereden, seine Heimkehr ins Périgord wenigstens solange aufzuschieben, bis Monsieur de Montcalm zum Aufbruch in die Hauptstadt blasen würde.
    Ich war innig froh über seinen Entschluß, denn es hätte der Seligkeit, meine Angelina zu besitzen, einige Schründen und Stacheln versetzt, wenn mein Vater so schnell abgereist wäre, ließ mich doch die Sorge nicht los, wie einsam es künftig um Jean de Siorac auf Mespech sein würde ohne Sauveterre, ohne Samson, ohne Catherine und mich.
    Wie erleichtert war ich hingegen, als Samarcas, dem Giacomis Interesse an Larissa mißfiel, kaum daß unsere doppelte Hochzeit gefeiert war, beschloß, mit seinem Mündel in den schrecklichen Fängen, nach Reims abzureisen. Was meinem lieben Italiener leider alle Hoffnung raubte, gleichzeitig aber dem Unbehagen ein Ende setzte, das meine zwiespältigen Beziehungen zu Larissa mir bereiteten. Aber wie hätten sie anders sein können, blieben doch weder mein Körper noch mein Herz ihr gegenüber gänzlich kalt, weil Larissa in ihrer sterblichen Hülle meiner Liebsten so unfaßlich glich, dabei aber von einer unsichtbaren Fäulnis bewohnt war, die, sosehr ich sie mißbilligte, mich dennoch verwirrte. Denn während ich bei Angelina die Bastionen der Scham erst eine um die andere niederreißen mußte, war Larissas Festung so schwach und unbewehrt, daß sie sich von selbst mit all den verlangenden, schreienden Sinnen öffnete, die bei meinem geliebten Weibe noch schliefen. Ich brauchte ihr nur an einer Flurecke allein zu begegnen, schon richtete sie ihre großen Augen auf mich und streifte mich mit Händen, daß ich bei ihrem stummen Flehen bis ins Mark erbebte.
    Samarcas gab uns zu verstehen, daß er in besagter Stadt das berühmte Jesuitenseminar aufsuchen wolle, doch nach Worten, die Larissa entschlüpften, würde er dort nur kurzen Aufenthalt nehmen, sein eigentliches Ziel schien London zu sein.
    »Was, zum Teufel«, sagte Giacomi, als wir uns allein im |114| Waffensaal befanden, »mag dieser Dämon in einem Lande wollen, das so wenige Katholiken hat?
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    »Aber Ihr wißt es!« sagte ich lachend, »denn Euer Ton verrät, daß Ihr ihn eines ebenso dunklen Vorhabens, wie er selbst ist, verdächtigt.«
    »Nun ja! Zugegeben. Diesem Menschen ist jedes Mittel zu seinen Zwecken recht! Wißt Ihr, daß er mich bei unserem letzten Waffengang aufgespießt hätte wie ein Huhn, wenn ich nicht achtgehabt hätte?«
    »Beim Ochsenhorn! Hat er Euch getroffen?«
    »Nein! Ich konnte parieren. Aber nicht mit der Waffe, sondern mit einer schmählichen Parade meiner Glieder. Gebenedeite Jungfrau, ich erröte noch jetzt! Und im Augenblick war ich so erbost, daß ich ihm, als wir erneut die Klingen kreuzten, den Degen aus der Hand schlug. Oh, Pierre, wenn Blicke töten könnten, er hätte mich niedergestreckt! Aber es war nur ein Blitz. Gleich war er wieder ruhig, er hob den Degen auf und steckte ihn ein.
    ›Maestro‹, sagte er, ›ist das Eure Finte?‹
    ›Nein, Padre‹, sagte ich, ›meine Finte verstümmelt den Angreifer fürs Leben.‹
    ›Aber diese hier liefert ihn auf Gnade und Ungnade aus! Und mit zwei

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