Noch mehr Krimikatzen
für Notfälle – klingelte zu Hause. Ein nächtlicher Anruf auf dieser Leitung war eine Rarität. Ich hatte meinen Auftragsdienst instruiert, Bitten von Patienten hartnäckig zu widerstehen.
Aber die Frau vom Service erzählte mir, daß eine Mrs. Elaine Randall angerufen und fest darauf bestanden hatte, daß es sich um einen Notfall handelte.
Draußen donnerte es wieder, der Sturm kroch näher.
Ich rief Mrs. Randall an. Sie weinte.
»Mittens hat Ralph angegriffen. Er hat ihn gekratzt. Mein Mann sagt, daß er ihn töten wird.«
Gewalt innerhalb der Familie, dachte ich… vielleicht ein Fall für die Polizei. »Geben Sie mir Ihren Mann«, sagte ich. »Lassen Sie mich mit ihm reden.« Mano a mano, dachte ich, vielleicht konnte ich ja den erregten Mr. Randall beruhigen. Und ich mußte mich fragen, warum er sich nicht lieber mit der aufreizenden Mrs. Randall beschäftigte, anstatt sich mit einem harmlosen Kater herumzuschlagen.
»Nein. Er ist oben in unserem Schlafzimmer. Er sagt, daß er Mittens morgen früh ins Tierheim bringen wird. Bitte kommen Sie und reden Sie mit ihm.«
Aha, schon wieder ein Hausbesuch. Nun, ich war überzeugt, daß mich Mrs. Randall für meine Anstrengungen belohnen würde – selbst wenn ich Ralph nicht davon abhalten könnte Mittens in den Katzenhimmel zu schicken.
Ich versicherte Mrs. Randall, daß ich gleich da sein würde. Ich schlüpfte in meine Klamotten, fuhr kurz mit einer Bürste durchs Haar und rannte dann zu meinem Wagen hinunter. Der erste Regentropfen klatschte gegen meine Stirn. Ein weiterer traf meinen Nacken, als ich ins Auto stieg.
Als ich das Haus der Randalls erreichte, war aus dem Nieselregen schon ein Wolkenbruch geworden, begleitet von lauten Donnerschlägen und zuckenden Blitzen.
Und als ich zur Haustür kam, war ich schon durch und durch naß. Seltsamerweise war die Tür offen. Ich rannte in die Halle.
»Mrs. Randall… Mrs. Randall!« Keine Antwort. Dann rief ich etwas dezenter »Mrs. Randall?« denn ich fühlte mich schon etwas komisch, da ich ihren Mann ja nicht kannte.
Wieder keine Antwort.
Ich sog die Luft ein, roch meine eigenen nassen Sachen, aber auch Mrs. Randalls Parfum. Ein Schritt weiter war es schon stärker, ein duftender Pfad, der mich vorwärts leitete.
Vielleicht sind sie oben, dachte ich. Sie hatte gesagt, daß ihr Mann im Schlafzimmer wäre. Ich wußte, wo Mittens sein würde. Ich begann, die Treppe hinaufzugehen.
Natürlich sind sie oben…
Zuerst nahm ich die Stufen langsam – immerhin war ich unangemeldet ins Haus eingedrungen. Aber dann lief ich schneller, angetrieben von Neugier und Besorgnis.
Oben angelangt, hörte ich immer noch nichts – außer einem weiteren Donnerschlag. Mir fiel auf, daß nur wenige Lampen eingeschaltet waren. Unten überhaupt keine und jetzt nur eine einzelne am anderen Ende des oberen Flurs.
»Mrs. Randall, Mrs. Randall…«, rief ich wieder.
Ralph … Meine nassen Rockports quietschten, als ich den Flur hinunterging. An der geschlossenen Tür zu Mittens Zimmer zögerte ich und überlegte, nachzuschauen, ob die Katze noch am Leben war. Aber ich war ziemlich sicher, daß die Eheleute im Schlafzimmer waren und sich über das Schicksal Mittens’ stritten.
Ich ging zum Schlafzimmer und rief ihre Namen.
Es donnerte wieder. Als ich an einem dunklen Zimmer vorbeiging, hörte ich, wie der Regen laut gegen ein Fenster klatschte. Dann ein anderes Geräusch, ein Klagelaut, der dem einer Katze nicht unähnlich war.
Ich erreichte das Schlafzimmer.
Es war leer.
Ich schaute auf den Boden. Nein, es war nicht leer. Ein ziemlich großer Mann lag da, mit dem Gesicht nach unten. Er hatte silbergraues, dünnes Haar.
Er hatte wohl einen Herzanfall gehabt, dachte ich. Der ganze Familientrouble war scheinbar zuviel für den alten Jungen gewesen.
Da war wieder dieser Klagelaut, jetzt klar und deutlich vernehmbar, und er löste sich auf in…
Nach einem weiteren Schritt schaute ich wieder nach unten. Mr. Randall, wenn er es denn war, hatte einen Strick um den Hals. Ich beugte mich ganz nahe zu ihm herunter. Der Strick war fest zugezogen. Sein Gesicht lag auf der Seite. Seine Augen waren weit offen. Aber sie blickten ins Leere. Seine Zunge hing heraus, berührte fast den dicken Teppich.
Das, dachte ich etwas spät, ist schlecht. Verdammt schlecht. Ich stand auf.
Dann hörte ich wieder das Heulen, hörte die Sirenen, die durch die Nacht schrien und immer näher kamen, begleitet vom Donner, der wie Kanonenschläge
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