Noch mehr Krimikatzen
wird alles versuchen, um zu verhindern, daß mein Artikel gedruckt wird.« Wie Jamison vor ihr nahm sie ein paar Blätter in die Hand und wedelte damit in meine Richtung. Diese Geste hatte ich sehr schnell über. »Ich hatte den Artikel schon fast fertig. Alles über das Beseitigen von Müll und was wir deswegen in der Zukunft unternehmen müßten. Das ist ein sehr großes Problem, wie du weißt, weil wir Plätze brauchen, wo wir unseren Abfall hinwerfen können, und die Umweltschützer wollen uns einfach keine Stellen zugestehen, die praktisch oder ökonomisch richtig sind!«
»So wie etwa neben dem Spirit Lake? Gut für sie!«
»Wer ist Larry Fremont?« fragte Abby und verteidigte damit tapfer ihre Unwissenheit.
Ginny warf mir einen wissenden Blick zu, von Einheimischer zu Einheimischem sozusagen, woraufhin Abbys Knöchel vernehmlich knackten. Ich beeilte mich mit der Erklärung. Larry, erzählte ich ihr, war ein einheimischer Junge, der es zu etwas gebracht hatte. Zu so viel, daß er nichts mehr mit uns zu tun haben wollte. Er war der Gründer von La Floresta, einer Kombination aus Fitneß-Farm und Yuppie-Club unten im Tal. Es war eine jener Einrichtungen, wo reiche Damen Tausende von Dollars bezahlten, um ein paar Pfund wegmassiert und abgehungert zu bekommen.
»Für mich sehen sie hinterher genauso aus wie vorher«, sagte Ginny, die sich in Sachen Schlankheit und Fitneß keine Sorgen zu machen brauchte. Sie war außerdem mit einer prächtigen schwarzen Lockenmähne gesegnet – wie ein Pudel, sage ich ihr immer, was sie leider jedesmal dazu bringt, nach einem Kamm zu greifen – und hatte eines jener natürlich gebräunten Gesichter, aus denen strahlend blaue Augen hervorstachen. »Obwohl: Wenn sie hineingehen, sehen sie fett und unglücklich aus, und wenn sie dann herauskommen, sehen sie eben fett und glücklich aus.«
Zuerst hatte sich jeder über Larrys Erfolg gefreut, erzählte ich Abby, vor allen Dingen, weil er großzügig bei der Schaffung von Arbeitsplätzen war. Aber im letzten Jahr hatte er damit begonnen, allen, die aus der Gegend waren, zu kündigen. Er machte das nicht so offensichtlich, es geschah nach und nach, einer nach dem anderen wurde entlassen. Ehe wir uns versahen, stand kein Einwohner von Mt. Floresta mehr auf seiner Lohnliste. Statt dessen warb er Leute von weiter unten im Tal an. Und er nahm auch eine Menge Studenten auf, die Arbeit in einem Skigebiet suchten. »Seither«, sagte ich, »hält niemand aus Mt. Floresta mehr viel von Larry Fremont. Wir nennen ihn Fremont den Freibeuter. Er profitiert von unserem guten Namen, ohne uns etwas dafür zurückzugeben. Der verdammte Hurensohn hat sogar seine Konten nach Denver verlegt.« Ich wandte mich Ginny zu. Ihre Bürokatze, ein Streuner, den sie sich bei mir im Tierasyl ausgesucht hatte, sprang auf ihren Schreibtisch und verlangte mit leisen Lauten danach, gestreichelt zu werden. »Was wäre, wenn Tiger eine von den vermißten Katzen wäre?« Ich langte nach ihm und streichelte seinen häßlichen gelben Kopf. »Wie würdest du dich dann fühlen?«
»Warum belästigt Fremont Sie wegen der Müllkippen?« fragte Abby. Sie blieb hartnäckiger beim Thema als ich.
»Weil La Floresta auf einer sitzt, einer mit Abfall aufgefüllten Grube«, erklärte Ginny ihr. »Erinnerst du dich noch, Zeke? Dort befand sich für fünfzig Jahre die Deponie des Landkreises. Gott allein weiß, wie viele Geheimnisse dort verscharrt worden sind. Die Deponie wurde geschlossen und zugeschüttet, kurz bevor Larry das Land kaufte und die Fitneß-Farm dort aufbaute.«
»Und er will nicht, daß ich das in dem Artikel erwähne«, fuhr sie fort. »Aber ich muß es erwähnen, weil es so ein gutes Beispiel für eine Auffüllung ist. Es zeigt, wie das Land erfolgreich weitergenutzt werden kann. Könnt ihr euch das vorstellen? Er will nicht, daß seine kostbare Kundschaft erfährt, daß La Floresta auf einem Abfallhaufen sitzt!« Ginny schüttelte den Kopf, offensichtlich bestürzt über den traurigen Zustand progressiver Konservativer in den Vereinigten Staaten. »Also, ich kann dir nicht helfen, Zeke. Ich habe mehr im Kopf als nur Katzen. Wenn du eine Story auf der Titelseite willst, dann gib mir etwas mit Blut und Tränen. Wie einen guten Mord.«
Sie schmunzelte. Wir gingen.
Wie ich Ginny kenne, bedauerte sie das Schmunzeln am nächsten Tag bestimmt, als sie die Story über Rooney Bowers Tod schreiben mußte. ÖLSCHIEFER-INGENIEUR OPFER VON FAHRERFLUCHT, informierte
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