Noch mehr Krimikatzen
Erkerfenster hinüber. Das Sonnenlicht streifte ihr Gesicht und verlieh ihm ein nahezu geisterhaftes Aussehen. »Ich erzählte Ihnen zum Beispiel, daß dieses Haus hier der Geburtsort von Aldus La Croix III. ist, der Ihnen das Haus verkaufte und der…«
»Ja, ich glaube, das haben Sie«, unterbrach Bill schnell. »Aber Sie erzählten uns nichts über das Haus auf der anderen Straßenseite.«
Bill ging zu dem Fenster hinüber und zeigte auf ein gräuliches altes Bauernhaus mit einem Schornstein, an dem einige Ziegelsteine fehlten. Der Lack blätterte bereits überall ab, die Fensterläden hingen aus den Angeln, und das Gras schien das Haus überwuchern zu wollen. Er sah etwas Weißes am Fenster vorbei zu der rechten Ecke der Haustür huschen.
Sandy gesellte sich zu den beiden anderen ans Fenster und blinzelte in die Sonne. Sie glaubte, kleine Grasstücke zu sehen, die sich bewegten. Doch an diesem Nachmittag wehte kein Lüftchen.
»Ach, das meinen Sie«, antwortete Mrs. Whitmore, und ein leises Unbehagen machte sich auf ihrem Gesicht bemerkbar. Sie wandte sich von dem Fenster ab und ging zurück zu den Gänseblümchen. »Das gehört der alten Lily Cole. Sie ist in diesem Dorf aufgewachsen und wohnt schon von jeher in dem Haus. Ihr Ehemann starb vor einigen Jahren und, nun ja, sie hat sich nicht unterkriegen lassen. Sie wissen ja, wie das ist.« Sie drehte sich um und blickte Sandy und Bill an, die noch immer an dem Fenster standen. »Arme Seele, kann das Haus nicht in Ordnung halten. Sie hat sich eigentlich nie sonderlich darum gekümmert, und sie jagt jeden weg, der das Grundstück betritt.«
Genau in diesem Moment hörte man ein Rascheln aus einer Ecke des Wohnzimmers, gefolgt von einem Geräusch, das sich anhörte, als ob jemand auf einem Stück Metall kratzte. Mrs. Whitmore zog ihre schwarz nachgemalten Augenbrauen ein Stückchen höher.
»Was ist das denn?« quiekte sie.
Sandy ging hinüber zu einem Stapel Kisten. »Das ist Timmons. Er glaubt, wir beachten ihn nicht, und vielleicht hat er auch Hunger.« Sie griff hinter sich nach dem Katzenkäfig. Sie hielt ihn hoch, direkt vor ihr Gesicht. »Und vielleicht hat er ja das Käfigleben einfach satt.« Sie stellte den Käfig auf den Boden und öffnete das Türchen. Das erste, was aus dem Käfig herauskam, war eine Unzahl von bebenden Barthaaren, dann kam ein schwarzer Kopf mit einem weißen Bart zum Vorschein. Schließlich tappte der ganze Kater vorsichtig auf den Teppichboden und bewegte sich langsam auf das Fenster zu, vor dem Bill und Mrs. Whitmore immer noch standen.
Viele gefleckte Katzen haben ein weißes M auf ihrer Stirn. Als Bill zum ersten Mal beim Tierheim gewesen war, hatte er Timmons ausgesucht, weil er eine Markierung auf der Stirn hatte, die wie ein auf den Kopf gestelltes J aussah. »Sieht fast so aus wie ein Galgen«, hatte Bill laut festgestellt.
»Ach ja, fast hätte ich es vergessen, Mrs. Cole ist bekannt für ihre vielen Katzen«, fügte Mrs. Whitmore hinzu, zog eine Grimasse und rückte einen Schritt von Timmons ab. » Das ist auch der Grund, weshalb keiner das Grundstück betritt. Überall liegen diese pelzigen, zusammengekauerten Körper herum.« Sie schauderte. »Man weiß gar nicht, wo man entlanggehen soll.«
Sie blickte auf ihr Handgelenk hinunter, an dem sie, wie Sandy feststellte, keinen Schmuck trug, und nieste dann. »Nun«, sagte sie, richtete sich auf, und wieder bekam ihre Stimme diesen merkwürdigen Klang. »Jetzt muß ich aber gehen. Viel Spaß beim Auspacken. Vielleicht treffen wir uns ja mal im Laden oder bei einem der Dorftreffen in den nächsten Tagen.« Bevor sie die Haustür öffnete, warf sie einen letzten bewundernden Blick auf die Blumen.
»Tschüßchen«, sagte sie und verschwand.
Sandy und Bill schauten sich an und verdrehten dabei die Augen. Dann brachen sie in Gelächter aus.
»Was sagst du dazu, sollen wir das Auspacken genießen?« fragte Bill.
»Klingt gut, finde ich«, sagte Sandy, als sie den Stapel Kartons in der Ecke in Angriff nahmen.
Später, als sie an einer Kiste kalte Pizza aßen und dazu warmes Bier tranken, während eine Taschenlampe ihren Strahl an die Zimmerdecke warf – der Strom würde erst am darauffolgenden Tag angeschlossen werden –, schaute Bill mit einemmal auf und sagte: »He – wo ist denn eigentlich Timmons?«
Sandy hörte auf zu kauen. »Du hast recht, ich habe ihn auch nicht mehr gesehen, seit Mrs. Whitmore fortgegangen ist.«
Bill griff nach der Taschenlampe,
Weitere Kostenlose Bücher