Noch mehr Krimikatzen
ein Arschloch, aber mehr vielleicht auch nicht«, antwortete ich.
Jeff starrte auf die dünne orangefarbene Linie, die sich über den Baumspitzen am Horizont abzeichnete. Die Wolken bündelten sich langsam wie schmutzige Taftrüschen und zeigten an, daß es bald Sturm geben würde. »Vielleicht«, sagte er.
Ich glaubte es auch nicht.
Es stürmte, als wir aufstanden.
Bo Wilbertons Wohnzimmer roch wie eine Schlafbaracke am Sonntagmorgen. Der Geruch hatte sich seit gestern nicht verändert.
Draußen peitschte der Regen, und der Wind rüttelte die hölzernen Wände und ließ die Katzentür gegen den Maschendraht schlagen. Das war alles, was uns von den Elementen trennte. Vielleicht hatte es früher mal eine richtige Tür gegeben; jetzt jedenfalls war sie nicht mehr da. So muß man sich fühlen, wenn man sich ans Ende der Welt verlaufen hat. Verloren und sehr allein.
Wilberton tauchte noch immer nicht auf, nachdem wir uns gewaschen und angezogen hatten; also machten wir uns auf den Weg, um irgendwo anständig zu frühstücken.
In Greenville war wirklich der tote Hund begraben.
Die Straße, an der Wilbertons Haus lag, führte noch eine halbe Meile weiter und endete dann an einer Tankstelle, einem Gemischtwarenladen und einem Truck-Stop-Café. Dahinter fingen wieder die Büsche an, und der Weg führte zum Highway 51 und nach Jackson. Vielleicht gehört das Stückchen Land hier nicht offiziell zu Louisiana – obwohl es fast daran grenzt –, aber es war das für diesen Staat typische sumpfige Flußgebiet.
Während wir durch den peitschenden Regen gingen, konnten wir hören, wie das Wasser in den Feuchtgebieten hinter den Bäumen und im Unterholz platschte und schwappte. Es war weiß Gott kein Platz, der sich für einen Abendspaziergang nach ein paar Dosen Bier anbot. Zumindest nicht bei dem Wetter.
Der Geruch von Zigarettenrauch, gebratenem Speck und frischem Kaffee, der uns im Truck-Stop empfing, kam uns vor wie die wundervollste Landluft. Wir ließen uns an der Theke auf zwei genieteten Hockern nieder, die wahrscheinlich seit Urzeiten dort standen, und bestellten. Ich schaute mich um, ob ich irgendwo eine Musikbox sah, aber die einzige Unterhaltung bot ein hoch angebrachter Fernseher, in dem gerade ein gemischtes Programm aus Hanna-Barbera-Cartoons und Bildstörungen lief. Schade um die Cartoons.
Jeff fragte die Kellnerin, eine Frau Mitte Dreißig, die aber doppelt so alt aussah, ob sie Irma kenne. Rosie – so war ihr Name – bestätigte das. Ob sie sich vielleicht auch denken könne, wohin Irma gegangen sei? Nein, das konnte sie nicht. Jeff überlegte, ob Irma an dem Tag, als sie gegangen war, vielleicht sogar kurz in das Café hereingeschaut hatte, um eine Mitfahrgelegenheit zu finden. Nein, auch das nicht, sagte Rosie – aber vielleicht wollten wir ja noch etwas Kaffee?
Ich fragte einen Mann in einem karierten Hemd und einer Dodgers-Baseball-Mütze – wahrscheinlich ein Fan der Mannschaft – nach Irma. Aber ich kam ihm offensichtlich irgendwie verdächtig vor. Er sagte mir, daß er sich nur um seine eigenen Sachen kümmere – und meinte damit offensichtlich: Ich möchte keinen Ärger, Mister. Einige andere Burschen verließen den Laden, nachdem sie ihren Kaffee ausgetrunken hatten.
Zurück blieb ein einzelner Trucker an einem Fenstertisch, der in der Zeitung blätterte und gedankenverloren nickte. Rosie war die einzige anwesende Frau.
Nach einer großen Portion Rührei mit Schinken sowie einigen Pfannkuchen mit Ahornsirup fühlten wir uns gestärkt genug, um in Greenville noch einige Fragen zu stellen. Plötzlich wurde die Maschendrahttür heftig aufgestoßen, und Regen peitschte herein. Jeff und ich drehten uns im selben Moment um.
»Jesus Christus, was für ein Tag«, übertönte eine mächtige Stimme das Gelächter aus dem Fernseher. »Rosie, einen Kaffee und einen doppelten Schoko, wenn du Zeit hast.«
»Kommt sofort, Ted«, antwortete Rosie lächelnd und ging in den mit Flügeltüren abgetrennten Kochbereich hinüber.
Ted mußte Anfang Vierzig sein. Er war hochgewachsen, trug Regensachen und hohe Gummistiefel. Er hatte einen üppigen Bart, dickes, kräftiges Haar, das zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden war und vor Nässe triefte, und er lächelte offen und entwaffnend. Jedem, der ihn nur irgendwie beachtete, nickte er zu, dann stellte er die große Tasche mit der Angelausrüstung, die er bisher getragen hatte, ab und öffnete den Reißverschluß seiner Öljacke.
»Tolles Wetter zum
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