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Noch nicht mal alleinerziehend

Noch nicht mal alleinerziehend

Titel: Noch nicht mal alleinerziehend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dunja M Pechner
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und begrüßte Marie, Anton und Claire, die ihr die Ärmchen entgegenstreckte. »Arm!«, forderte sie lautstark. Nora nahm sie hoch, und die Kleine kuschelte sich an ihre Schulter.
    »Was für ein Anblick!«, sagte Schorsch, der gerade mit Daggi und Axel an ihr vorbeiging.
    »Nicht aufregen«, sagte Marie und schüttelte mit gütigem Blick ihren Kopf. In diesem Moment erschienen Kiki und Franz, jeder einen der Zwillinge im Arm und eine Taufkerze in der Hand. Dicht gefolgt von Kikis Mutter Babsi, einer auffälligen, rothaarigen Frau, die zwei weiße Taufkleider über dem Arm trug. Hinter Babsi folgte Kikis Vater, der, gewohnt cool – das dunkelblonde Haar nach hinten gegelt, die Hände in seinen Hosentaschen und mit goldener Sonnenbrille im Gesicht – in die Menge grüßte. Nach und nach verschwanden alle in der Kirche, und Nora rutschte mit Marie, Anton, Kim und Claire auf dem Arm in eine Bank in der Mitte. Die Taufe, ein normalerweise durch und durch festlicher Akt, versank an diesem Tag im reinsten Chaos: Kinder heulten, liefen in der Kirche herum, gefolgt von ihren Eltern, die versuchten, sie wieder einzufangen. Der Beichtstuhl wurde zum Klettergerüst, und irgendwann stand dann auch noch ein kleines, blondes Mädchen vor dem Altar, hob ihr Kleidchen und präsentierte der Taufgesellschaft ihr Höschen – erst von vorne, dann von hinten. »Also, bitte«, echauffierte sich Nora. »Ich will ja kein Spießer sein, aber muss das denn sein? Wir sind in der Kirche. Meine Mutter hätte mir so etwas nie durchgehen lassen. Kriegen die denn gar keine Erziehung mehr heute?«
    Kim nickte zustimmend. »Laissez-faire …«, sagte er nur abfällig.
    »Unmöglich«, zischte Nora.
    Die Zeremonie ging in dem Durcheinander völlig unter, und als das ganze Spektakel nach einer Stunde mit dem Auszug der Täuflinge und ihrer Eltern sein Ende fand, war Nora schon völlig genervt. Auf dem Vorplatz der Kirche nahmen Kiki und Franz, die Kinder im Arm haltend, die Glückwünsche ihrer Gäste entgegen. Die Schlange der Gratulanten war so lang, als könnte die kleine Familie Krankheiten heilen oder Segen erteilen. Hier und da hatten sich Grüppchen zusammengetan und damit begonnen, die letzten 20 Jahre aufzuarbeiten.
    Beim Rausgehen hatte Nora Kim und Marie in der Menschenmenge verloren. Dafür hatte sie Frauke und Sven wiedergefunden. »Mann, war das Horror«, sagte Sven, der so gestresst aussah, wie Nora sich fühlte. »Psst«, maßregelte Frauke ihren Mann, ehe sie plötzlich durch ein »Hey!« unterbrochen wurde. Ein großer, dunkelhaariger Typ war gerade an ihnen vorbeigegangen und hatte gegrüßt. Er trug ein völlig unpassendes Outfit für diesen Anlass: Kakihosen, ein grünes, verwaschenes Longsleeve und tatsächlich so etwas wie Bergsteigerschuhe. Außerdem schob er einen Kinderwagen – natürlich einen voll trendigen, auf drei Rädern und mit Fahrradbremsen am Lenker – vor sich her. »Kennst du den?«, fragte Frauke Nora.
    »Ich? Ich dachte, der meint euch!«
    »Bitte, der hat dich doch angestrahlt wie ein Honigkuchenpferd.«
    »Quatsch. Und außerdem pflege ich keine Männerbekanntschaften mit Anhang.« Nora sah dem Typen hinterher. Sie war sich sicher, ihn vorher noch nie gesehen zu haben. Er beugte sich gerade runter und küsste jemanden. Wen, konnte sie nicht erkennen. »Und schon gar nicht, wenn sie auch noch eine Frau haben. So gut solltest du mich kennen.« Nora deutete mit dem Kopf in seine Richtung und zog ihre Sonnenbrille auf.
    »Also, wir kennen den auch nicht«, sagte Sven. »Leute, bevor wir hier jetzt Schlange stehen, können wir doch einfach schon mal zu Kikis Eltern fahren. Gratulieren können wir da auch noch.«
    »Gute Idee, Schatz«, sagte Frauke.
    Als sie sich den Weg durch die Menge bahnten, passierten sie noch einmal den Typen. Er schaute Nora direkt an. Hatte er ihr gerade zugezwinkert, während er den Kinderwagen vor sich hin und her schaukelte?
    Zehn Autominuten später erreichten sie Kikis Elternhaus. Was da aufgefahren wurde, hatte Nora selten erlebt. Das ganze erinnerte sie an ein Volksfest. Die Straße war komplett gesperrt, es gab drei Bierstände und mehrere Essenswagen, an einem drehte sich sogar ein ganzes Kalb am Spieß. Überall standen Biertische mit Bierbänken, es gab eine Tanzfläche, ein DJ -Pult, eine Hüpfburg und einen Stand, an dem sich die Kinder lustige Gesichter aufmalen lassen konnten. Vor der Haustüre hatte Kiki eine zwei mal zwei Meter große Leinwand aufstellen lassen, auf

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