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Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit

Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit

Titel: Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauss
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legen. Stumm formten ihre Lippen: „Ich liebe dich.“
     

Teil Zwei
     
    Windflüstern
     
     
     
    „Verzweifle niemals.
    Die Tage vergehen wie das im Wind fliegende Herbstlaub,
    und die Tage kehren wieder mit dem reinen Himmel
    und der Pracht der Wälder.
    Aufs Neue wird jedes Samenkorn erweckt,
    und ebenso verläuft das Leben."
     
    unbekannter Stamm
     
     
     
    Makah, 2011
     
    A
    nscheinend durchlebte er gerade eine beschissene Ph a se. Um nicht stärkere Ausdrücke zu bemühen.
    Sein Körper war von den Nachwirkungen der Visi o nen lädiert und ungesund verfärbt. Nachdem ein Ast ihn fast in ein Schaschlik verwandelt hatte, war ein frischgebackener Medizinstudent für ihn in die Bresche gesprungen und hatte sich am provisorischen Zusa m menflicken versucht, was insofern erfolgreich gewesen war, dass Makah noch lebte und selbständig gehen konnte.
    Nach seiner Rückkehr fand er die Frau, die er liebte, blutüberströmt in seinem Haus vor. Der mit Abstand schlimmste Anblick, den er je hatte ertragen müssen. Er brachte Sara auf Cezis Rücken zum Gemeindehaus, nur um dasselbe leer vorzufinden, suchte auch nach Anna vergeblich und musste letztlich den zufällig vorbeikommenden Neil Yellow Bull verpflichten, sie mit seinem fünfzig Jahre alten, schrottreifen Ford nach Lawton ins Comanche County Memorial Hospital zu fahren.
    Von seiner schrecklichen Entdeckung bis zu dem Zeitpunkt, da ihm ein junger, überarbeiteter Arzt versichert hatte, Saras Zustand sei nicht lebensbedrohlich, verbrachte er die schlimmsten Stunden seines Lebens.
    Kurz nach der erleichternden Nachricht – Makah beruhigte sich ger a de in der geschmackvollen, pastellfarbenen Cafeteria des Krankenha u ses mit einem starken Kaffee und einem Karamellmuffin – fielen drei übe r eifrige Polizeibeamte über ihn her und demonstrierten ihm ihre Meinung zu seiner Geschichte, indem sie ihm Handschellen anlegten und ein blaues Auge verpassten.
    Jetzt, nach einer mehrstündigen, völlig nutzlosen B e fragung, die nur aus Vorurteilen und Feindseligkeit bestanden hatte, hockte er in dieser beschissenen Zelle in diesem beschissenen Polizeir e vier und wartete darauf, dass Ross auftauchte und die Kaution hinterle g te. Erfreut würde der Ranchchef nicht sein. Trotzdem war auf ihn Verlass. Wie immer. Der gute Ross wü r de diesen Idioten den Beweis erbringen, dass er sehr wohl die Wahrheit gesagt hatte. Er würde die Kaution mit Zähnekni r schen und einer Salve Flüche bezahlen und ihn ins Krankenhaus fahren. Es konnte sich nur noch um Minuten handeln.
    Einmal mehr wurde ihm vor Augen geführt, warum er das Leben im Reservat bevorzugte. Dort konnte er sein, was er war, hier in der Stadt war er nur irgendein Indianer. Ein arbeitsscheuer, alkoholkranker Typ mit eingebauter Ich-bin-an-allem-Schuld-Automatik, dem man guten Gewissens die Fresse polieren durfte.
    Scheiße noch mal , er musste zu Sara. Vielleicht war sie schon wach und wartete darauf, dass er zu ihr kam. Als erstes nach dem Au f wachen die Nachricht zu erhalten, dass man ihn einge buc h tet hatte, war ihrer Genesung gewiss nicht förderlich. Wer zum Teufel hatte ihr das angetan? Wer schlug sie in seinem Haus nieder und ließ sie ausblutend liegen, nahm kaltherzig ihren Tod in Kauf? Einbr e cher wohl kaum, denn seine karge Hütte schrie schon von W e i tem „Hier gibt es nichts zu holen.“
    Seine Gedanken arbeiteten, ohne zu einem befriedigenden Ergebnis zu kommen. Klar, weiße Frauen waren den weiblichen Reservats - Bewoh nern ein Dorn im Auge, vor allem, wenn sie gut aussahen. Aber er kan n te niemanden, der brutal genug war, einen Mordversuch zu starten. Au s geschlossen. Möglicherweise war es ein Feind, den Sara aus New York mitgebracht hatte. Ein Widersacher, der ihr gefolgt war, um die Anon y mität eines winzigen Nests mitten im Nirgendwo für seine Zwecke au s zunutzen und alle Schuld den Indianern anzulasten. Wer auch immer es war, er würde ihn finden. Und dann Gnade ihm Gott.
    Hartnäckig kreisten die Worte des Arztes in seinem Kopf herum. „Großes Glück gehabt … kein Schädelbruch, nur eine Gehirnerschütt e rung und eine ordentliche Platzwunde … hat viel Blut verloren, aber das bekommen wir wieder hin … vermutlich ein paar Tage, bis wir sie en t lassen können.“
    Er stand auf und drehte seine Runden wie ein eingesperrter Tiger. Drei Schritte vor, drei zurück. Mehr gab die Zelle nicht her. Er setzte sich wieder auf die Pritsche, zupfte an seinem ramponierten, braunen

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