Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit
eine Nachbildung der Sagrada Familia zu produzieren. Grob vereinfacht natürlich. Die Turmspitzen ragten sogar …“
„Pssst!“ Er unterbrach sie mit einer wedelnden Geste. „Ich glaube nicht, dass ich ausführlichere Informationen wünsche.“
„Okay.“
„Was ist die Sagrada Familia?“
„Ist das dein Ernst?“
„Ja. Ich kenne das Ding nicht. Und jetzt? Sinke ich in deinem Ans e hen? Bereust du es, dich mit einem unwissenden Hinterwäldler aus dem Busch eingelassen zu haben?“
„Quatsch.“ Langsam färbte seine fröhliche Zuversichtlichkeit auf sie ab. Wenn jemand sie in diese Welt zurückholen konnte, dann dieser Mann. „Das ist ein Dom in Barcelona. Ich zeig dir nachher mal ein Bild, falls das Internet funktioniert. Sieht abgefahren aus.“
„Okay.“ Makah wiederholte seine Handbewegung. Sara folgte dieser stummen Anweisung, sprintete nach draußen und erledigte, was so dri n gend nötig war. Als sie zum Haus zurückkehrte, blieb sie vor der Tür stehen und ließ ihren Blick schweifen. Cezi stand wie eine Statue aus dunkler Bronze inmitten seines Korrals und starrte dem Horizont entg e gen. Die beiden alten Pferde rupften Heu aus der Raufe. Erste, lindgr ü ne Blättchen zitterten im Frühlingswind. Der Anblick der Pa p peln erfüllte sie mit traurigem Glück. So oft hatte sie in ihrem vergang e nen Leben diese Bäume beobachtet. So oft unter ihnen gesessen, ihr Glühen im Herbst bewundert, ihre Blätter gesammelt und getrocknet, ihre S a men wie Schnee im Wind fliegen sehen.
Worte drangen durch den Nebel ihrer Erinnerung.
Wenn du dich entscheiden musst, mein Blauauge, entscheide dich immer für die Z u kunft. Versprich es mir. Geh nicht zurück. Geh voran.
Woher kamen sie? Nocona hatte sie zu ihr gesagt, ja, aber nicht in den bisherigen Visionen. Also würde er sie noch aussprechen, und damit drangen sie zugleich aus der Vergangenheit wie aus der Zukunft zu ihr.
Sara rieb sich die Schläfen. In ihrem Schädel begann es zu summen. Wie immer, wenn sich beide Welten nahe waren. Doch diesmal waren die Visionen gnädig und ließen ihr Zeit. Es lag etwas Triumphierendes in diesem wartenden Zustand.
Ihr habt euch entschieden. Wir lassen euch nicht mehr gehen. Ihr geht bis zum E n de. Und darüber hinaus.
Sie aßen ihr Frühstück , ohne zu wissen, ob es überhaupt frühmorgens war. Das Licht draußen sah golden und frisch aus. Die Sonne stand über den Bäumen . Sara wusste nicht, wo Osten oder Westen war. Es fühlte sich wie Vormittag an. Zehn Uhr, elf Uhr vielleicht. Es spielte sowieso keine Rolle mehr.
„Was ist mit dem Gemeindehaus?“ , fragte sie zwischen zwei Bissen von ihrem Blaubeermuffin. „Wer wird Isabellas Nachfolgerin?“
„Ich weiß es nicht genau. Ihre jüngere Schwester, nehme ich an.“
„Hm.“ Sara kannte diese Frau nicht. Es stand ihr nicht zu, über sie zu urteilen, und doch verursachte ihr der Gedanke, Isabellas nächste Ve r wandte würde die Nachfolge antreten, eine gewisse Übelkeit.
„Keine Sorge.“ Makah blieb ihre Miene nicht verborgen. „Sue ist weit davon entfernt, auf mich zu stehen.“
„Aha?“
„Ich würde mir eher Sorgen machen, dass sie an dir einen Narren frisst.“
Sara blinzelte erst verwirrt , dann verstand sie. „Sie ist vom anderen Ufer?“
„Yep. Und glücklich vergeben.“
„So wie Anthony, nur ohne das glücklich vergeben.“ Sie räusperte sich. Oh je, Ruths Grafiker. Seinen Auftritt hatte sie glatt verdrängt. Anthonys Starren hatte die Umschreibung mit Blicken ausziehen neu definiert und auf die Spitze getrieben. „Er ist etwas seltsam“, druckste sie herum. „Tut mir leid, dass er dich so … du weißt schon.“
„Kein Problem.“
„Er ist so furchtbar klischeehaft. An sich ein toller Bursche, wirklich, aber kaum taucht ein gut aussehender Mann auf, benimmt er sich, als wäre er mitten aus Queer as folk entsprungen.“
Makah blickte ratlos drein, sagte aber nichts. Stumm tranken sie ihren Kaffee und vernichteten eine stattliche Menge Muffins, Rührei, Speck und Pa n cakes mit Ahornsirup. Sie waren wie Abenteurer, die sich auf die Tour ihres Lebens vorbereiteten. Wie Entdecker, die aufbrachen in ein unbekanntes Land. Eine Reise mit ungewissem Ausgang. Nein, korrigie r te sie sich, das Ende stand bereits fest. Sie würden loslassen müssen. Die schwerste Lektion im Leben.
„Wir sind hier“, sagte Makah. „Hier und jetzt. Wir beide. Du weißt, dass alles gut werden wird.“
Sara nickte. „Ja, ich
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