Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit
ihn bereits schmecken zu können. Doch plötzlich wurde alles dunkel …
Naduah erwachte von ihrem eigenen Stöhnen . Eine niedrige Decke aus Rinde war über ihr. Sie fuhr hoch, starrte mit aufgerissenen Augen in die Finsternis und wollte aufspringen, um aus der ihr unbekannten B e hausung zu flüchten. Doch wie ein Schlag kam die Erinn e rung zurück. Sie war in den südlichen Wäldern. Sie war in der Hütte, die sie selbst gebaut hatte.
Naduah fiel wie ein Stein auf ihr Lager zurück. Ihre Haut brannte lic h terloh. Die Stelle zwischen ihren Beinen, die zum ersten Mal von einem Mann berührt worden war, pulsierte vor Lust. Am ganzen Leib zitternd drehte sie sich um und erblickte ihren Vater. War da etwa ein Grinsen auf seinen Lippen? Erschrocken sog sie die Luft ein. Ja, sein Mund zuc k te. Großer Geist! Ihr Herz raste, als sie sich wieder umdrehte und die Decke bis zur Nase hochzog.
W as, wenn er sie gehört hatte?
Sara, 2011
S
ara fuhr auf. Ihr Körper glühte. Nein, er stand in Flammen. Mit den Händen fuhr sie sich durch das schweißfeuchte Haar. Glücklicherweise war sie noch immer allein. Ihr Atmen hallte in dem leeren Zimmer wider , das Pochen in ihrem Schoß nahm noch zu. Sie war halb wahnsinnig vor Lust. Vor Verwirrung. Vor Err e gung. Was um Himmels willen war das schon wieder gewesen?
Ein Traum in einem Traum, wenn man Edgar Allan Poe glauben wol l te. Die Nachwehen der Geschehnisse brandeten in unaussprechlich köstlichen Wellen durch ihre Fasern, als wollten sie ihr den letzten Rest Verstand aussaugen. Shit, shit, shit. Sie konnte sich nicht erinnern , j e mals so erregt gewesen zu sein. Gott, wo führte das alles nur hin? Sein G e schmack lag noch immer auf ihrer Zunge, sein Geruch vernebe l te ihre Sinne. Sie streckte die Finger aus und konnte sie spüren, die we i che, bronzene Haut, auch wenn das, was sie berührte, nur Luft war. Sie wand sich auf der Liege. Es war unmöglich, stillzuhalten. Rote Fle c ken übe r zogen ihr Dekolleté, wie immer nach einem Höhepunkt. Aber das G e fühl, das sie diesmal überwältigt hatte, war ungleich stärker gew e sen als alles, was sie kannte. Ein Vulkan im Vergleich zu einem Fläm m chen. Ein Sturm im Vergleich zu einem Windhauch. Sie gluckste. Die Sprac h weise des anderen Lebens färbte langsam auf sie ab. Noconas Essenz schien die Luft des Raumes zu schwängern und klebte auf ihrer Haut. Salbei, Rauch und Leder.
Oh, was gäbe sie dafür, ihn noch einmal zu sehen. Aber wen genau meinte sie? Nocona oder Makah? Nüchtern betrachtet erging sie sich in erotischen Träumen von einem Mann, den sie nicht kannte. Nein, halt, so einfach war es nicht. Sie hatte einen Ort wiedererkannt, an dem sie nie zuvor gewesen war. Wie wollte sie das erklären?
Jemand klopfte. Sara benötigte eine Weile, bis sie ihre Geda n ken auf die Realität fokussieren konnte. Dass derjenige geduldig wa r tete, bis sie soweit war, rechnete sie ihm hoch an. „Ja?“ , rief sie mit zittriger Stimme.
Alexandra trat ein , eine der Sekretärinnen. „Entschuldigung, aber j e mand ist für Sie am Telefon. Leitung zwei.“
Sara sprang auf, Alexandra wich verblüfft zurück. „Wer ist es?“
„Er wollte seinen Namen nicht nennen. Aber er war sicher, dass Sie ihn trotzdem erkennen würden.“
Makah! Es konnte niemand anderes sein. Sara schoss das Blut in den Kopf. Vermutlich leuchteten inzwischen an ihrem gesamten Körper rote Flecken.
Makah, 2011
I
n schrägen Strahlen fiel die Frühlingssonne durch das Dach des Schuppens. Behutsam klebte Makah die zug e schnittenen Truthahnfedern mit h ilfe von Birkenpech an die Pfeilschäfte. Die dafür nötige Konzentration tat gut. Es gab nur ihn, die Federn und das Holz. Alles musste perfekt sein. Pure Meditation. Während er den frisch präparierten Pfeil trocknen ließ, begann er bei den Älteren mit dem Anpassen der Spitzen. Früher hatte er klassische Jag d spitzen verwendet, jetzt, da das Geld knapp war, mussten einfache Me s singkappen genügen. Nach zwei Schüssen auf härtere Untergründe w a ren die Spitzen zwar platt, aber das spielte keine nennenswerte Rolle, denn die Pfeile wurden in den meisten Fällen ohnehin nur zu r Dekorat i on ve r wendet.
Sobald das Wetter besser wurde, begannen wieder die Kunsthandwe r kermärkte. So oft wie nur möglich nahm er daran teil, weil seine traditi o nell hergestellten Bögen, Pfeilen und Traumfänger gutes Geld einbrac h ten, und das innerhalb kurzer Zeit. An manchen Tagen
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