Nocturne City 01 - Schattenwoelfe
für Alistair Duncan. Ich bin dabei, mich seiner zu entledigen.“
Es gibt nichts Niederschmetternderes, als wenn alle Annahmen, Theorien und die eigene, berechtigte Empörung durch eine kleine Bemerkung des Gegenübers wie ein Kartenhaus zusammenstürzen. Dabei hatte ich schon gedacht, dass es nicht mehr viel schlimmer kommen könnte, aber Lockhart schien mir unbedingt das Gegenteil beweisen zu wollen.
„Hex noch mal! Was faseln Sie da eigentlich?“, wollte Dmitri wissen, der immer noch am Boden saß. Daraufhin hielt Lockhart den heißen Draht so nah an Dmitris Haut, dass er zurückzuckte.
„Lassen Sie mich raten“, sagte ich flapsig in der Hoffnung, dass es Lockhart für ein paar Sekunden ablenken würde. „Sie sind ein skrupelloser Dämonenjäger, der seine Nächte damit verbringt, Rache an allen Wesen zu üben, die auf der bösen Seite der Magie stehen.“
„Alles falsch außer einer Sache“, erwiderte Lockhart mit einem dünnen Lächeln. Er hielt den schmelzenden Draht über Dmitris Arm und ließ das Metall auf seine Haut tropfen, wo es zischend auftraf. Dmitri schrie vor Schmerz, und ich konnte seine Qualen fast auf meinem eigenen Arm spüren, als das glühend heiße Silber sich durch seine Haut fraß und dort sämtliche Nervenenden versengte. „Ich bin bereits ein perverser Bastard!“
„Verdammt, Sie wollen doch eigentlich mich! Dann versuchen Sie das doch mal bei mir!“, schrie ich ihn an.
„Ich bin jetzt schon seit einiger Zeit Regan Lockhart“, fuhr er ruhig und in normaler Gesprächslautstärke fort. „Ich wandele schon fast so lange in dieser Hülle, wie Alistair Duncan fälschlicherweise glaubt, er selbst könnte den als Meggoth bekannten Dämon herbeirufen. Um genau zu sein, waren es dreißig Jahre, die ich daraufgewartet habe, dass Duncan lernt und begreift und dass die Umstände, Daten, Gezeiten, Gestirne und der Teufel allein weiß was noch für das Herbeirufen des Dämons stimmen. Ich habe jetzt schon zu lange in dieser stinkenden Welt gelebt, um Meggoth ein weiteres Mal entwischen zu lassen, Detective, und ich werde nicht zulassen, dass eine armselige Insoli mir bei meiner Jagd in die Quere kommt.“
Ich starrte Lockhart mit einem Blick an, der ihm unmissverständlich klarmachen sollte, dass ich ihm unter anderen Umständen sofort die Kehle herausreißen würde, aber er quittierte es nur mit einem Gesichtsausdruck der Marke Was willst du, Insoli.
„Verstehen Sie mich nicht falsch“, fuhr Lockhart fort und erhitzte erneut den Silberdraht, „Sie haben sich wacker geschlagen, Detective. Ihre Störungen und diese Freaks, die Duncan kommandiert, hätten beinahe dazu geführt, dass ich den Dämon verliere. Aber ich sage Ihnen, siebenundfünfzig Jahre in diesen Gefilden sind wirklich genug. Er wird mir nicht noch einmal entkommen.“
Lockhart führte den Draht wieder nah an Dmitris Haut, und ich schrie: „Tun Sie es nicht!“
„Nein, nein, nein, nein“, sagte Lockhart tadelnd. „Sie haben Ihre Lektion noch lange nicht gelernt, Detective.“
„Lassen Sie ihn zufrieden, oder ich reiße Ihnen die Kehle heraus“, knurrte ich wütend. „Beim Mond, ich schwöre, dass ich Sie in Stücke reiße.“
Lockhart beobachtete mich aus dem Augenwinkel.
„Detective Wilder, ein Wächter wie ich lässt sich nicht von einer Insoli bedrohen. Halten Sie also die Klappe.“
Ich fletschte die Zähne, sagte aber nichts mehr. Lockhart hatte alle Trümpfe in der Hand. Meine einzige Hoffnung bestand darin herauszufinden, was er eigentlich wollte.
„Duncan hat den Fehler begangen, Meggoth für einen echten Dämon zu halten – ein Wesen, das unter meinen Verantwortungsbereich fällt – und nicht für einen der Verlassenen. Dabei wandelte Meggoth seit dem Abstieg auf eurer Erde. Er versteckte sich in den Räumen zwischen Magie und Sterblichkeit. Seit seiner Flucht wartete er dort, beobachtete die Welt und versuchte, sie zu finden.“
Als Lockhart zum dritten Mal den heißen Draht ansetzte, versuchte Dmitri, sich zu wehren. Er trat aus, schlug nach ihm und schnappte mit den Zähnen nach seinem Peiniger. Er tat alles, um Lockhart zu erwischen, aber der sprang geschickt zur Seite, und alles, was Dmitri erreichte, war, dass er vornüber fiel und nun auf dem Bauch lag.
„Die Verlassenen sind Flüchtlinge“, erklärte Lockhart. „Ich wurde damit beauftragt, Meggoth zurückzubringen, damit er in unserem Reich bestraft werden kann. Aber langsam geht mir die Geduld aus.“ Er kam zum Rand des
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