Nocturne City 03 - Todeshunger
wieder loszuwerden«, versuchte ich, ihn mit einem Scherz aufzumuntern. »Er ist an einer großen Sache dran, beißt aber auf Granit. Deshalb wollte ich für ihn mit den Loups sprechen. Neuerdings nageln sie ihm sogar schon totes Federvieh an die Haustür – das hat er nicht verdient.«
»Nein«, sagte Dmitri.
»Ja, klar, Bryson ist ein totales Arschloch, aber er ist Polizist, und jemand legt diese Werwölfe um … vielleicht sogar ein weiterer Serienmörder wie Alistair Duncan.«
»Nein«, sagte Dmitri erneut. »Du wirst in diesem Fall nichts unternehmen.«
Verdutzt hob ich das Kinn von seiner Brust und sah ihm direkt in die gefährlich glitzernden Augen. »Wie bitte?«
»Du kannst als Insoli nicht einfach zu den Loups gehen. Die machen Kleinholz aus dir«, ermahnte mich Dmitri. »Außerdem arbeitest du nicht mehr als Ermittlerin. Deshalb sage ich Nein, Luna, und zwar ein für alle Mal. Ich werde nicht zulassen, dass sich meine Freundin grundlos einer solchen Gefahr aussetzt!«
»Aha«, entgegnete ich. »So läuft das also.«
»Ich weiß, was du denkst, Luna .-..«, versuchte er mich zu beschwichtigen, »… aber ich tue das nur, weil du mir wichtig bist. Jemand muss es tun.«
»Du bist ein Mistkerl.« Hastig sprang ich auf, zog ein T-Shirt über und brauste mit polternden Schritten die Treppe hinauf, sodass die Fotos von Dmitri und mir fast von den Wänden fielen.
»Ich tue das nicht, um dich zu … zu dominieren. Ich denke nur …«
»Nein, Dmitri!«, schrie ich zurück. »Genau das ist dein Problem: Du denkst nicht, sonst wäre dir schon aufgefallen, dass ich nicht eines dieser lammfrommen Redback-Weibchen bin, deren größter Wunsch es ist, Hausfrau und Mutter zu spielen. Ich habe nämlich noch ein paar andere Sachen im Leben vor und vermisse meine Arbeit beim Morddezernat, verdammt noch mal!«
Ich vermisste meine Arbeit beim Morddezernat? Das war selbst mir neu.
Dmitri schnaubte schlecht gelaunt und schüttelte den Kopf. »Wenn du denkst, du könntest einfach weitermachen wie bisher und ich schlucke alles, wird unsere Beziehung niemals funktionieren. In einer Partnerschaft erwartet man gewisse Dinge voneinander. Wenn du je in einem Rudel gelebt hättest, wüsstest du das.«
»Fang nicht wieder damit an!«, fuhr ich ihn mit gefletschten Zähnen an.
»Tue ich nicht, keine Angst!«, grollte er zurück. »Ich will dir nur sagen, dass ich nicht garantieren kann, dass ich später noch hier bin, wenn du jetzt wirklich losziehst, um die Loups zur Rede zur stellen. Ich ertrage es einfach nicht, dass du nur an dich denkst. Glaub mir, ich habe es versucht, aber es klappt nicht.«
Dmitri blickte mich vorwurfsvoll an, woraufhin ich die Augen zusammenkniff und finster zurückfunkelte. »Wenn du jemanden einschüchtern willst, dann versuch es lieber mit einer Person, die noch keinen Serienmörder erledigt hat oder auf der Flucht vor einem Bluthexer von der Siren Bay Bridge gesprungen ist – gegen diese Typen wirken deine Drohgebärden nämlich einfach nur grotesk.«
Ich wusste nicht, ob ich losheulen oder schreien sollte, und so stürzte ich ins Bad und verriegelte die Tür hinter mir. Meine Coolness funktionierte nämlich nur so lange, bis Dmitri klar wurde, wie sehr er mich verletzen konnte, und mit der unterschwelligen Erinnerung daran, dass ich nie Teil seines Rudels werden würde, hatte er den Finger mitten in eine offene Wunde gelegt – selbst wenn ich das nie zugegeben hätte.
Es war bereits nach fünf, als ich den Fairlane an der Justice Plaza parkte und mit dem quietschenden Lift zur Etage des Sondereinsatzkommandos hinauffuhr. Unsere Sekretärin Cleolinda saß noch am Schreibtisch und hämmerte derart übel gelaunt in die Tastatur, dass man den Eindruck gewinnen konnte, der Computer hätte ihre Familie beleidigt.
»Hallo, Cleo«, grüßte ich sie, während ich mich über ihren Schreibtisch beugte und ihr kommentarlos einen Eis-Macchiato vor die Nase stellte.
»Mädchen, wo warst du nur in den ersten vierzig Jahren meines Lebens?«, fragte sie scherzhaft und nahm einen Schluck Kaffee, ohne von der Tastatur abzulassen. »Was willst du?«
»Dir entgeht aber auch gar nichts, hm?«
»Darum bezahlen sie mir hier ja auch dieses erstklassige Sekretärinnengehalt. Also, Wilder, spucks endlich aus. Du siehst, ich bin beschäftigt.«
»Ich brauche Informationen über einen Mann namens Gerard Duvivier«, sagte ich knapp.
»Informationen, ja?«, hakte Cleolinda misstrauisch nach und pfiff durch ihre
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