Nocturne City 03 - Todeshunger
sind in einem vier mal vier Meter großen Blechkasten gefangen. Die Tür ist verschlossen, und Sie haben eine Geisel, die gut zwanzig Kilo mehr wiegt als Sie. Dazu stehen Ihnen drei Bewaffnete gegenüber, die Ihnen bei der erstbesten Gelegenheit den Kopf wegblasen werden. Hier kommen Sie nicht raus, Süße.«
»Hören Sie gefälligst auf, mich andauernd Süße zu nennen!«, fuhr ich ihn an. »Das klingt verdammt gönnerhaft! Außerdem will ich nirgendwohin gehen, sondern mit Ihnen reden, wie mit vernünftigen Menschen, äh, ich meine Wedigowak … Sie verstehen schon.«
»Dafür dürfte es jetzt wohl zu spät sein«, entgegnete Lucas. »Sie haben die Abmachung gebrochen und damit alle Rechte verloren!«
»Ich weiß nichts von eurer verdammten Abmachung! Ich habe kein Rudel, versteht ihr? Weder Serpent Eyes noch Redbacks noch sonst irgendwas!«, brüllte ich Lucas ins Ohr, was ihn heftig zusammenzucken ließ. Er hatte zu schwitzen begonnen, aber sein Schweiß war kalt wie das Kondenswasser an der Außenseite eines Dampfrohrs. »Ich bin hier, weil ihr die Typen seid, die mich entführt haben. Ihr wolltet mich ermorden!«
»Was?«, rief Lucas. »Was erzählen Sie denn da für ein wirres Zeug, Hex noch mal? Das ist doch total sinnlos!«
»Völlig verrückt, die Kleine«, stimmte ihm einer seiner Spezis zu.
»Also gut!«, überschrie ich die beiden. »Ich lasse los. Sie werden sich doch benehmen, oder?«, fragte ich Lucas.
Nach einem abfälligen Schnaufer entgegnete er: »Ich weiß noch nicht mal, wie man das Wort benehmen schreibt, Süße. Wenn Sie mich loslassen, dann auf eigenes Risiko.«
Ich senkte die Glock und stieß Lucas von mir weg nach vorn. Er wirbelte sofort mit geballten Fäusten herum und verpasste mir einen linken Haken, der meinen Kopf zur Seite schleuderte. Ich schüttelte mich kurz und konterte reflexartig mit einer kurzen Geraden, die direkt in sein Gesicht krachte. Eine Blutfontäne schoss aus seiner Nase.
Sofort legten seine Kollegen wieder die Waffen auf mich an, aber Lucas gebot ihnen mit einem scharfen »Nein!« Einhalt. Dann massierte er seine blutende Nase. Eigentlich konnte sie nicht gebrochen sein, denn ich hatte meine Gerade nicht mit voller Kraft geschlagen. Es war nicht viel mehr als eine nette Antwort auf seinen Schlag gewesen. Von der Anspannung und dem Schlagabtausch noch außer Atem starrten wir einander einige Sekunden lang in die Augen.
»Steckt die Knarren weg, Jungs«, zischte Lucas seinen Kompagnons mit einem Grinsen zu und schaute dann zu mir. Sein Gesichtsausdruck war fröhlich – fröhlicher zumindest, als man es bei einem Mann mit blutender Nase erwarten sollte. »Wir verstehen einander.«
Auch ich steckte die Glock wieder in den Holster und hoffte inständig, dass sich dieser kleine Vertrauensvorschuss nicht als großer Fehler erweisen würde. »Dann sind wir quitt, würde ich sagen.« Mein Kiefer schmerzte, schien aber nichts Ernsthaftes abbekommen zu haben.
Lucas musterte mich von Kopf bis Fuß, und ich spürte Hitzewellen über meinen Körper rollen. Seine Augen waren heißhungrig – aber nicht nach einem erneuten Schlagabtausch oder totem Fleisch.
»Du bist also eine Insoli?«, fragte er und zeigte mit dem Finger auf mich. »Und wirklich nicht im Auftrag eines Rudels hier?«
»Das hatten wir doch schon«, entgegnete ich. Meine Hand lag immer noch auf dem feuchten, klebrigen Griff der Glock im Gürtelholster. »Kein Rudel. Nur ich.«
»Gut«, sagte Lucas. »Dann will ich mal glauben, dass du tatsächlich keine Ahnung von der Abmachung hattest. Was sollte dieses Gerede von Entführung und Mord?«
»Du weißt, wovon ich rede! Ihr Mistkerle habt mich entführt und dann in der Wildnis ausgesetzt, damit einer eurer Kollegen Kleinholz aus mir macht«, knurrte ich ärgerlich. »Das Gleiche habt ihr schon mit vier anderen Werwölfen vor mir abgezogen. Die sind später als Zombies von ihren Totenbetten auferstanden und haben Jagd auf mich gemacht! Irre ich mich?«
»Nun ja«, antwortete Lucas gelassen, während er seinen Pferdeschwanz öffnete, zurechtzupfte und danach wieder zuband. »Niemand hat uns beauftragt, dich zu verschleppen oder zu töten. Wir tun nichts auf eigene Faust. Die Regeln des Kennuka-Clans sind in dieser Hinsicht sehr streng.« Er sah den größten der drei Typen vor uns an. »Wie lauten sie, Danny?«
»Kein Wendigo soll unsere Mutter Erde mit Blut besudeln, wenn es dafür nicht einen gerechtfertigten Grund, die verbriefte Erlaubnis der
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