Nora Roberts
und,
zwei Stufen auf einmal nehmend, zurück zum Haus.
Jessica kleidete sich mit großer Sorgfalt
an. Es gab kein besseres Trostpflaster als kühlen Samt auf nackter Haut, um
verletzten Stolz zu heilen. Sie musterte ihre Erscheinung in dem bodenlangen
Spiegel, drehte sich von rechts nach links und nickte schließlich zufrieden.
Das Kleid war schlicht geschnitten, abgesehen von dem bauschigen Faltenwurf im
Rücken, der bis an die Taille reichte. Sie empfand kein schlechtes Gewissen
dabei, dass sie das Kleid mehr in Hinblick auf dessen Wirkung auf Slade, als
auf Michael ausgesucht hatte. Und die Farbe passte genau zu ihrer Stimmung –
ein dunkles, dramatisches Purpurrot. Sie steckte sich das Haar mit zwei mit
Diamantsplittern besetzten Kämmen aus dem Gesicht und ließ es ansonsten offen
über die Schultern fallen. Ein letzter Blick in den Spiegel,
dann schnappte sie sich ihr Abendtäschchen und ging nach unten.
Sie fand
Slade im Salon, der gerade eine Schraube an einer Chippendale-Kommode festzog.
Seine schlanken Hände arbeiteten
präzise. Unwillkürlich erwachte in ihr die Erinnerung an diese Hände, die vor
wenigen Stunden von einer kurzen, verzweifelten Gier getrieben über ihren
Körper geglitten waren. »Die Axt im Haus erspart den Zimmermann«, warf Jessica
lässig in den Raum.
Slade sah
auf, runzelte die Stirn und verstärkte unwillkürlich seinen Griff um den
Schraubenzieher. Musste sie ihn so ansehen?,
dachte er grimmig. Das Kleid klebte ihr förmlich am Leib und
ihrem Gang nach zu schließen, war sie sich ihrer Wirkung voll bewusst. Er
drehte die Schraube brutal ins Holz.
»Betsy hat
sich beklagt, dass der Griff locker ist«, brummte er. »Hans Dampf in allen
Gassen«, meinte sie leichthin. »Wie wär's mit einem Drink? Ich wollte gerade
Martinis mixen.«
Er wollte
ablehnen, beging jedoch den Fehler, sie noch einmal anzusehen. Ihr Rücken war
nackt und schlank, die Haut schimmerte
wie Samt. Der seidene Stoff bauschte sich aufreizend, als sie sich vorbeugte
und nach der Wermutflasche griff. Die Begierde raubte ihm den Atem wie ein
Schlag in die Magengrube.
»Scotch«,
schnappte er.
Sie
lächelte ihn über die Schulter hinweg an. »Eis?«
»Pur.«
»Das
Getränk der harten Männer, wie?« Sie würde sein verdammtes Schutzschild
durchbrechen, schwor sie sich, und jede Minute
dabei genießen. Nachdem sie das Glas drei Finger hoch mit Scotch gefüllt
hatte, trug sie es zu ihm hin. Slade schob den
Schraubenzieher in die Gesäßtasche seiner Jeans und erhob sich aus der Hocke.
Ohne sie dabei aus den Augen zu lassen, nahm er einen langen Schluck.
»Das Kleid
der Dame von Welt, wie?«
Entschlossen,
ihn aus der Reserve zu locken, vollführte sie eine Pirouette. »Gefällt es dir?«
»Hast du es
angezogen, um Michael Adams Säfte in Wallungen zu bringen, oder die meinen?«,
konterte er.
Mit einem
provokanten Lächeln wandte sie sich ab, um die Martins einzuschenken. »Glaubst
du, dass Frauen sich nur deshalb schön anziehen, um Männer anzumachen?«
»Etwa
nicht.«
»Normalerweise
mache ich mich in erster Linie für mich selbst schick.« Nachdem sie sich ihren
Drink eingeschenkt hatte, drehte sie sich um und fixierte ihn über den Rand des
Glases hinweg. »Heute Abend möchte ich jedoch eine Theorie testen.«
Er ging zu
ihr. Die Herausforderung in ihrem Blick und sein eigenes Ego ließen ihm keine
Wahl, genau wie sie es vorausgesehen hatte. »Welche Theorie?«
Jessica
hielt seinem grimmigen Blick stand, ohne einmal zu zwinkern. »Hast du einen
verwundbaren Punkt, Slade? Eine Achillesferse?«
Entschlossen
stellte er sein Glas ab und nahm Jessica dann das ihre aus der Hand. Er spürte,
wie sie sich versteifte, obgleich sie nicht zurückwich. Seine Finger legten
sich um ihren Nacken und brachten ihre Lippen bis auf eine Fingerbreite an
seine heran. Sie spürte seinen warmen Atem auf ihrer Haut.
»Das
herauszufinden könntest du bedauern, Jess. Ich würde dich nicht wie eine Lady
behandeln.«
Sie warf
den Kopf zurück. Obwohl ihr das Herz bis an den Hals schlug, begegnete sie
seinem Blick mit trotziger Kühnheit. »Wer hat dich darum gebeten?«
Seine
Finger verstärkten ihren Griff; ihre Wimpern senkten sich. Es klingelte. »Deine
Verabredung«, stieß er knapp hervor und marschierte aus dem Salon.
Slade parkte seinen Wagen in der Nähe des
Restaurants, stellte den Motor ab, zündete sich eine Zigarette an und wartete.
Michaels Mercedes wurde gerade von einem livrierten Boy auf den
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