Nora Roberts
noch, als seine Lippen die ihren
beinahe zerquetschten. Ein Mann konnte in ihr ertrinken. Das Dröhnen der
Brandung schien in seinem Kopf widerzuhallen. Er stellte sich vor, in der
Brandung zu stehen und spürte förmlich, wie der Sand unter seinen Füßen beim
Zurückschwappen der Wellen davonrieselte. Er zog sie enger an sich.
Er spürte
ihre weichen Brüste an seinem harten Körper und konnte kaum der Versuchung
widerstehen, ihre Form mit seinen Händen zu erforschen. Aber seine ganze Kraft,
seine ganze Konzentration wurde von ihren Lippen gefesselt, die sich unter den
seinen so herrlich anfühlten. Ihre Hände glitten unter seine Jacke, strichen
über seinen Rücken, kneteten sein Fleisch und drängten ihn, sich mehr zu
nehmen. Ihm schwindelte. Er wich zurück, versuchte verzweifelt, sich von ihr zu
lösen. Mit einem langen, zitternden Atemzug ließ Jessica ihren Kopf an seine
Schulter sinken.
»Ich bin
beinahe erstickt.«
Seine Arme
hielten sie noch immer fest. Er hatte sie loslassen wollen. Doch jetzt, da sie
sich an ihn schmiegte und ihr Haar seine
Wangen kitzelte, war er nicht sicher, ob ihm das gelingen würde. Doch hob sie
den Kopf und sah zu ihm auf – sie lächelte.
»Du hättest
durch die Nase atmen müssen«, erklärte er. »Ich glaube, das habe ich
vergessen.«
Ich auch,
dachte er. »Dann hol jetzt noch mal tief Luft«, riet ihr Slade. »Ich bin
nämlich noch lange nicht fertig.«
Er küsste
sie nicht weniger ungestüm und vereinnahmend als zuvor. Doch dieses Mal war sie
darauf vorbereitet. Nicht länger passiv, stellte sie jetzt ihre eigenen
Forderungen. Ihre Lippen teilten sich und ihre Zunge suchte die seine, forschend,
neckend, schmeckend. Sein Geschmack war so intensiv und verwirrend, wie sie es
sich vorgestellt hatte. Gierig tauchte sie tiefer in ihn ein. Sie hörte ihn
stöhnen, spürte sein Herz an ihrem eigenen hämmern. Das plötzlich in ihr aufflammende
Verlangen überwältigte sie und übernahm die Kontrolle. Es gab nur noch ihn –
seine Arme, seine Lippen. Er war alles, was sie wollte.
Nie zuvor
hatte sie dieses verzweifelte Sehnen gespürt oder diese übermächtige Kraft.
Selbst als seine Lippen brutal wurden, antworteten die ihren mit derselben
Rücksichtslosigkeit. Erregung war ein viel zu schwacher Ausdruck für ihren
Zustand. Was Jessica gerade erlebte, war ein Feuerwerk der Gefühle, angefacht
von einer sirrenden Glut, die nur die Erfüllung ihrer Begierde zu löschen
vermochte.
Fass mich
an!, wollte sie schreien, indes ihre Finger sich in seinem Haar vergruben. Nimm
mich! So war es noch nie, und ich könnte es nicht ertragen, diesen Augenblick
gehen zu lassen. Sie versteifte sich, eine Geste, die ebenso fordernd wie
einladend war. Er war stärker, das wusste sie – sein drahtiger, harter Körper
wollte sie –, doch sein Verlangen konnte nicht stärker sein als das ihre. Kein
Verlangen konnte stärker sein als das, das in ihr pulsierte, in ihr tobte. Ihr
Körper fühlte sich attackiert, einem Angriff ausgesetzt, hilflos – aber unverwundbar.
Oh, zeig es
mir, dachte sie wie betäubt. Ich wollte schon so lange wissen, wie es wirklich
ist.
Der
schrille Schrei einer Seemöwe direkt über ihnen ließ Slade zurückzucken, als
hätte ihm jemand einen Kübel Eiswasser über den Kopf geschüttet. Verdammt!
Was, zum Teufel, tue ich da?, dachte er und stieß Jessica von sich weg. Oder
genauer, was tat sie mit ihm? Er hatte alles verloren – sein Ziel, seine
Identität, seinen Verstand – und das durch diesen einen Kuss. Jetzt starrte sie
ihn an, die Wangen rot, die Augen dunkel vor Verlangen. Ihre Lippen waren
feucht und geschwollen von seinem gierigen Kuss, leicht geöffnet, und
vibrierten unter ihren heftigen Atemstößen.
»Slade.«
Ihre Stimme war kaum mehr als ein raues Flüstern. Ihre Hände griffen nach ihm.
Er bekam
sie an den Handgelenken zu fassen, ehe sie ihn berühren konnte. »Du gehst jetzt
besser ins Haus zurück.«
Seine Augen
waren jetzt leer, ausdruckslos. Er starrte sie an wie ein Fremder, ohne das
geringste Interesse. Jessica war momentan zu verwirrt, um die Situation zu
begreifen. Er hatte sie an den Rand der Ekstase getrieben, an diese entscheidende
Schwelle und dann plötzlich und ohne Vorwarnung grob zurückgestoßen, als ob
sie nichts in ihm bewegt hätte. Die verräterische Röte der Scham breitete sich
über ihrem Gesicht aus, in die sich auch Wut mischte.
»Zum Teufel
mit dir!«, zischte sie. Sie wirbelte herum, rannte auf die Holztreppe zu
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