Nord gegen Süd
Vertheidiger übrig geblieben war. Da überkam sie eine entsetzliche Angst und sie sank erschöpft zusammen, während ein letzter Seufzer, ein letzter Hilferuf sich ihrer Brust entrang. Zum Glück war sie gehört worden. James Burbank und seine Freunde stürzten darauf hinaus. Jetzt wußten sie Alles, was sich an der Marino-Bucht ereignet hatte. Was bedeutete es nun, daß die Banditen abgezogen waren, was nützte es, daß sie jetzt in deren Hände zu fallen nicht mehr zu fürchten brauchten! Ein furchtbareres Unglück hatte sie ereilt – die kleine Dy befand sich in der Gewalt des abscheulichen Texar!
Miß Alice erzählte Alles in kurzen, von fortwährendem Schluchzen unterbrochenen Sätzen. Das hörte nun auch eigentlich erst Frau Burbank, die, in Thränen gebadet, wieder zu sich gekommen war, das erfuhren hierdurch James Burbank, Walter Stannard, Edward Carrol, Perry und die wenigen Anderen, welche hier anwesend waren. Das arme Kind war geraubt, entführt, man wußte nicht wohin, es wand sich jetzt gewiß unter den Händen des grausamsten Feindes seines Vaters!… Was konnte es Schlimmeres geben als das, und war es möglich, daß die Zukunft dieser schwer geprüften Familie noch entsetzlicheres Unheil vorbehalten hatte?
Alle waren zerschmettert von diesem letzten Schlage. Nachdem man Frau Burbank nach ihrem Zimmer gebracht und auf dem Bette niedergelegt hatte, blieb Miß Alice zur Pflege bei ihr.
Unten in der Vorhalle berieth inzwischen James Burbank mit seinen Freunden, was zu thun sei, um Dy wiederzufinden, um Zermah den Händen Texar’s zu entreißen. Gewiß würde die ergebene Dienerin alles versuchen, um das Kind bis zum letzten Blutstropfen zu schützen, und doch vermochte sie so gut wie nichts gegen den von persönlichem Haß erfüllten Schurken und mußte vielleicht die Anschuldigungen, die sie einst gegen ihn vorgebracht, noch außerdem mit dem Leben bezahlen.
Jetzt machte sich James Burbank bittere Vorwürfe, seine Familie zum Verlassen des Castle-House gedrängt, ihr einen Weg zur Flucht eröffnet zu haben, der sie nur dem Unheil entgegengeführt hatte. Offenbar durfte man es nicht als einen Zufall betrachten, daß Texar sich an der Marino-Bucht befunden hatte, vielmehr mochte er auf irgend eine Weise von dem Vorhandensein jenes Tunnels Kenntniß erhalten haben. Dann hatte er sich wahrscheinlich gesagt, daß die Vertheidiger des Castle-House später versuchen könnten, durch denselben zu entkommen, wenn sie das Herrenhaus nicht mehr zu halten im Stande wären. Und nachdem er seine Horden nach der rechten Flußseite übergeführt, nachdem er die Palissaden der Umzäunung durchbrochen und James Burbank nebst den Seinigen gezwungen hatte, hinter den Mauern des Castle-House Schutz zu suchen, hatte er sich offenbar mit mehreren seiner Spießgesellen auf die Lauer gelegt. Hier hatte er unerwarteter Weise die beiden Schwarzen überfallen, welche das Boot bewachten, und sie grausamer Weise umbringen lassen, während die Hilferufe der Unglücklichen bei dem Geräusche des Kampfes unmöglich gehört werden konnten.
Ferner hatte der Spanier gewartet, bis Zermah und die kleine Dy sich zeigte. Da er diese allein sah, konnte er annehmen, daß weder Frau Burbank noch ihr Gatte oder dessen Freunde sich bisher entschlossen hatten, das Castle-House zu verlassen. Er mußte sich also mit dieser Beute begnügen und hatte das Kind und die Mestizin geraubt, um sie nach einem unbekannten Platz zu entführen, wo Keiner sie wiederzufinden vermochte.
Mit einem schrecklicheren Schlage konnte der Bösewicht die Familie Burbank gar nicht treffen, der Vater und die Mutter des Kindes hätten gewiß nicht mehr davon gelitten, wenn er ihnen das Herz aus der Brust riß!
Es war eine schreckliche Nacht, welche die Ueberlebenden des Castle-House verbrachten. Mußten sie nicht außerdem fürchten, daß die Angreifer und in noch größerer Anzahl wiederkehren könnten, um auch die letzten Vertheidiger des Castle-House zur Ergebung zu zwingen? Glücklicher Weise geschah das nicht. Der Tag brach an, ohne daß James Burbank und seine Genossen durch einen weiteren Angriff aufgeschreckt worden wären.
Von großem Vortheile wäre es gewesen, zu wissen, aus welchem Grunde am gestrigen Abend die drei Kanonenschüsse abgefeuert worden waren, und warum die Angreifer sich zurückgezogen hatten, da eine letzte Anstrengung von höchstens einer Stunde sie doch bestimmt in den Besitz des Wohnhauses gebracht hätte. Ja, wenn jenes Signal durch eine
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