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Norderney-Bunker

Norderney-Bunker

Titel: Norderney-Bunker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Reuter
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denkst, dass man in dem Fall seitens Juliane die robuste Form der Trennung wählen wollte.“
    „Es bringt dich sehr wahrscheinlich für den Moment nicht weiter, aber tatsächlich: Ja, das denke ich. Und in diese Richtung ging auch gestern meine Frage.“
    „Also eine Mischung aus Provokation, Intuition und vager Hypothese.“
    Karin verzog den Mund, warf den Kopf in den Nacken und schloss, als sei sie beleidigt, für einen Moment die Augen.
    „Nenn’ es, wie du möchtest“, sagte sie dann und fragte: „Nun. Herr Oberkommissar. Kann ich jetzt gehen? Ist die Vernehmung beendet?“
    Gent antwortet darauf nicht. Er nickte nur mit dem Kopf, lächelte sie mit süß-säuerlicher Miene an und rief die Bedienung zum Zahlen. Als er sich vom Stuhl erhob, sah er, wie Carlo Faust das Rathaus betrat. Offenbar war seine Vernehmung mit Juliane Aden auch schon beendet. Vor dem Central Café stand Karin Mayer-Lübbecke mit einer Frau. Sie stritten sich heftig.
     

Festessen
    Der Tisch war gedeckt, obwohl die Ordnung ein wenig zu wünschen übrig ließ. Doch in dieser Situation verziehen sich Winnetou und Lübbert gegenseitig alles; vor allem, dass es keinem der beiden auch nur ansatzweise gelang, auf gute Manieren zu achten. Der Hunger hatte sie übermannt.
    Während sich Winnetou das zentimeterdick mit Streichkäse beschmierte Brot mit den Fingern hemmungslos in den Mund stopfte und gleichzeitig eine zusammengerollte Scheibe Salami im Senfglas schwenkte, biss Lübbert mit blinder Gier in eine ungegrillte Grillwurst, verdrehte dabei die Augen und öffnete gleich darauf eine Flasche Weizenbier zischend mit den Zähnen. Nach dem ersten Schluck, dem ein explosionsartiger Rülpser folgte, griff er nach dem Marmeladenglas und löffelte es mit dem Suppenlöffel, der gerade so hineinpasste, aus. Nun machte Winnetou sich über den Schinken her. Der würzige Räucherduft stachelte seinen zügellosen Esswillen zusätzlich an. Mit den schmutzigen Fingern pulte er vier handtellergroße Scheiben aus dem Stapel und legte sie auf eine Brotschnitte. Dann fuhr er mit dem Messer ins Senfglas und stocherte klickernd und klackernd nach dem Inhalt und strich diesen über die Schinkenlage, die, wäre sie ein Mensch gewesen, auf der Stelle in Todesangst verfallen wäre. Zu Recht, wie sich sodann zeigte. Denn nachdem Winnetou mit der Zunge die Reste des Senfs vom Glasgewinde geleckt und den Kaffeebecher auf ein Neues randvoll mit Sekt gefüllt hatte, biss er derart heftig zu, dass der Aufstrich an den Seiten hervorquoll und sogar gegen die Bunkerwand spritzte. Allerdings hätte nicht viel gefehlt und ihm wäre die Luft weggeblieben. Denn er hatte es versäumt, das Etikett auf dem Senfglas zu lesen. Düsseldorfer , extra scharf. „Ja, das ist nichts für Weicheier“, dachte Lübbert, als er seinen esstechnisch offensichtlich in die Bredouille geratenen Bunker-Kumpel dabei beobachtete, wie er sich mit den schmuddeligen Resten eines ehemals weißen Papiertaschentuchs die Tränen von den hochroten Wangen wischte.
    Doch ein echter Indianer kennt keinen Schmerz! Winnetou zog sein Ding durch, stopfte auch den letzten Krümel Brot und den letzten Strich Senf in sich hinein, bevor er seinen Oberkörper im staubigen Gartenstuhl erschöpft nach hinten lehnte und die Augen schloss.
    Eine ganze Weile herrschte Stille im Bunker. Endlich erhob sich Lübbert. Er griff nach der Stereoanlage. Er steckte den Stecker in die Dose neben der Eingangstür und stellte einen breiten Blumenkübel aus Ton auf den Kopf. Darauf packte er die Musikanlage und suchte nach einem Sender. Doch es rauschte nur.
    „Wir haben hier keinen Empfang“, sagte Lübbert und kratzte sich an der Stirn.
    „Wenn wir wenigstens eine CD hätten, dann könnten wir Musik hören“, sagte Winnetou, der Lübbert die ganze Zeit über betrachtet hatte. Dann stand er auf und räumte die Essensreste vom Tisch in eine der Plastiktüten.
    „Hast du Papier und Kugelschreiber?“, fragte er in Richtung Lübbert, der mit seiner zwischenzeitlich arg ausgebeulten Anzugshose auf dem Boden kniete und immer noch versuchte, die Musikanlage in Gang zu setzen.
    „Wozu brauchst du was zu schreiben?“
    „Es gibt noch eine ganze Menge Dinge, die wir hier gebrauchen können. Komm, wir machen einen Einkaufszettel.“
    „Einkaufszettel? Der Herr beliebt zu scherzen!“
    „Du weißt, was ich meine. Wir schreiben uns auf, was wir hier noch brauchen, um ein paar Tage über die Runden zu kommen. Sobald es dunkel ist,

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