Nordfeuer - Kriminalroman
Kommissar. Denn wegen der Einladung zum Essen hatte er sich ja auch
nicht gemeldet. Er würde doch nicht etwa noch ihre Hochzeit vergessen?
Haie hatte zwar berichtet, Thamsen
auf der Trauerfeier von Katrin Martensen getroffen zu haben, aber viel hatten die
beiden nicht miteinander gesprochen. Der Kommissar war gleich nach der Beerdigung
aufgebrochen. Sein Vater läge im Krankenhaus, hatte er erzählt. Aber Genaueres wusste
Haie auch nicht.
Überhaupt gab es wenig Neues. Auf
der Trauerfeier war es zu keinen auffälligen Begegnungen oder Vorfällen gekommen.
In aller Stille hatte man Abschied von Katrin Martensen genommen, beim anschließenden
Leichenschmaus in der Gastwirtschaft im Dorf war es ruhig geblieben.
Und auch der Brandstifter regte
sich in den letzten Tagen nicht. Heiko Stein lag nach wie vor im künstlichen Koma
und konnte keine Aussage machen. Gespannt wartete man darauf, das Opfer endlich
vernehmen zu können, aber die Ärzte waren noch nicht in der Lage zu bestimmen, wann
der Mann so stabil sein würde, um ihn aus dem Heilkoma aufzuwecken. Aber seit dem
Brand bei Heiko Stein hatte es kein weiteres Feuer im Dorf oder der näheren Umgebung
gegeben. Fraglich nur, warum nicht? War der Brandstifter vielleicht verletzt?
»Also ich ruf jetzt noch mal an.«
Tom hielt die Warterei nicht länger aus.
Er griff zum Telefonhörer und wählte
Thamsens Nummer. Marlene rückte ganz nah an Tom, um zu hören, was am anderen Ende
der Leitung geschah.
Nach dem dritten Klingeln wurde
abgenommen.
»Ich komme gerade aus einer Besprechung
und wollte mich jetzt bei Ihnen melden.«
»Es gibt Neuigkeiten wegen Holger
Leuthäuser«, sprudelte es sofort aus Tom heraus, als er die Stimme des Kommissars
vernahm.
»Können wir uns vielleicht treffen?«,
fragte Thamsen. Es war besser, wenn keiner seine weiteren Ermittlungen mitbekam.
Nicht nach der Unterredung mit seinem Chef und dem vorgetäuschten Versprechen, alles
mit den Husumer Kollegen abzustimmen, das Rudolf Lange ihm abgerungen hatte.
»Um zwölf
beim Griechen«, schlug er deshalb vor.
Knapp eine Stunde später saß er
zusammen mit Tom und Marlene in der Taverne in der Uhlebüller Dorfstraße und ließ
sich berichten, was Tom gestern in der Apotheke in Husum beobachtet hatte.
»Herr Ketelsen hatte gestern auf
der Beerdigung schon angedeutet, Sie hätten verdächtiges Material bei dem Lehrer
gefunden? Wo steckt Ihr Freund überhaupt?«
Thamsen hatte sich gewundert, das
Paar allein in der Gaststätte anzutreffen. Für gewöhnlich begleitete der Hausmeister
die Freunde immer.
Marlene zuckte mit den Schultern.
»Wir konnten ihn nicht erreichen. Keine Ahnung, wo der sich wieder herumtreibt.«
Haie hatte an diesem Morgen beschlossen,
sich für die Hochzeit noch einmal einen anständigen Haarschnitt verpassen zu lassen.
Er wollte schließlich auf der Feier nicht wie der letzte Depp vom Dorf erscheinen.
Außerdem konnte er bei der Gelegenheit gleich mal überprüfen, was im Dorf sonst
noch so über die Brände und den Mord erzählt wurde. Neben dem kleinen Supermarkt
und der Gastwirtschaft war der kleine Friseurladen in Lindholm nämlich ein weiterer
Ort im Dorf, an dem intensiv Neuigkeiten ausgetauscht wurden.
Daher hatte er sich gleich nach
dem Frühstück auf sein Fahrrad geschwungen und war die Dorfstraße entlang Richtung
B5 geradelt. Kurz hatte er überlegt, bei Tom und Marlene anzuhalten, aber als er
die heruntergelassenen Rollos gesehen hatte, war er davon ausgegangen, die beiden
schliefen noch und hatte seinen Besuch auf den Rückweg verschoben.
Er war aber auch wirklich früh dran.
Der Salon hatte noch gar nicht geöffnet, als er dort ankam. Ein wenig unschlüssig
war er vor dem Laden auf und ab getrampelt, hatte dann aber sein Fahrrad an den
Ständer vor der Tür gekettet und war hinüber zum Bäcker gegangen, um die Wartezeit
mit einer Tasse Kaffee zu überbrücken.
Das junge Mädchen hinter dem Tresen
kannte er nicht näher, nur vom Sehen. Und sie kannte ihn auch nur flüchtig. Sie
reichte ihm einen Pappbecher und widmete sich daher auch sofort dem nächsten Kunden.
Haie schlenderte zu einem der Bistrotische
am Fenster und blickte hinaus. Etliche Leute fuhren die Dorfstraße entlang auf dem
Weg zur Arbeit. Einige Schulkinder radelten mit Tornister oder Rucksack beladen
zur Lindholmer Schule.
Irgendwie hatte er gar nicht auf
die Zeit geachtet. Es war wirklich noch reichlich früh. Obwohl er momentan nicht
jeden Tag zur Arbeit musste, stand er trotzdem
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