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Nordmord

Titel: Nordmord Kostenlos Bücher Online Lesen
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startete den
Motor. Langsam fuhr er die Dorfstraße entlang, vorbei an der Raiffeisenbank,
der alten Post und hielt kurz am SPAR-Laden an. Das Dorf schien so friedlich,
doch als er den Laden betrat, spürte er erneut, dass die Leute in Aufruhr
waren.
    »Ich hab gehört, das soll eine Prostituierte gewesen sein!«
    Er hoffte nur, dass Marlene von all dem nichts mitbekommen
würde.
    Dirk Thamsen fuhr mit dem Aufzug in den fünften
Stock des Krankenhauses. Die Befragung der Kollegen und des Vorgesetzten von
Heike Andresen standen heute an.
    Die Schwestern zeigten sich alle sehr betroffen. Eine von
ihnen konnte ihre Tränen nicht unterdrücken und schluchzte: »Aber wieso denn
Frau Doktor? Sie war doch immer zu allen so lieb!«
    Die Kolleginnen bestätigten das. Frau Andresen sei immer gut
gelaunt, nett und freundlich gewesen. Alle hatten sie sehr gemocht und waren
tief bestürzt.
    Ihr Vorgesetzter, Professor
Voronin, schilderte den Fall jedoch ganz anders. Unzuverlässig, unpünktlich und
vorlaut sei Frau Andresen gewesen. Ihre schlampige Arbeitsweise habe ihn schon
mehrere Gespräche mit ihr führen lassen. Die Übernahme nach der Probezeit hatte
er schon lange bereut und bereits über eine Kündigung nachgedacht. Sicherlich
seien die miserablen Verhältnisse an den Hochschulen nicht ganz schuldlos
daran, aber mit ein wenig Fleiß und Eigeninitiative hätte auch Frau Andresen
sicherlich eine Chance gehabt. Das hatte sie sich selbst zuzuschreiben gehabt.
    Kommissar Thamsen verließ das Krankenhaus mit gemischten
Gefühlen. Wie konnte ein Mensch so komplett gegensätzlich beschrieben werden?
Das war ihm wirklich ein Rätsel. Hatte Heike Andresen womöglich zwei Gesichter
gehabt?
    Er hatte sich die Nummer vom Krankenhaus in Husum geben
lassen. Dieser Malte sollte dort als Pfleger arbeiten, hatte Tom Meissner ihm
erzählt.
    »Klinikum Nordfriesland in Husum. Sievers. Guten Tag?«
    »Thamsen. Guten Tag. Sagen Sie, ich suche einen Pfleger
namens Malte. Können Sie mir weiterhelfen?«

     
    Marlene saß bereits angezogen am Frühstückstisch.
Sie blätterte in ihrem Kalender.
    »Ich muss im Institut Bescheid geben und Heikes Mutter
anrufen. Hast du mein Adressbuch gesehen?«, fragte sie, als Tom die Küche
betrat.
    Es schien ihr besser zu gehen. Ihre Wangen waren nicht mehr
ganz so blass, sie hatte sich gekämmt und ein wenig Make-up aufgelegt, dennoch
bemerkte er, dass sie emotional sehr angespannt war. Er goss ihr eine Tasse Tee
ein und setzte sich zu ihr.
    »Das kann doch warten. Du solltest erst einmal etwas essen.«
    »Ich weiß auch gar nicht, was ich sagen soll.«
    Sie seufzte leicht und lehnte sich an seine Schulter. Was
sagte man einer Mutter, deren Tochter ermordet worden war? Frau Andresen war
sehr krank, sie vertrug keinerlei Aufregung. Marlene hatte Herrn Thamsen zwar
darum gebeten, den Anruf tätigen zu dürfen, nun aber wünschte sie sich, dieses
Gespräch doch lieber der Polizei überlassen zu können. Sie kaute
gedankenverloren an ihrem Brötchen.

     
    Nach dem Frühstück ging Tom in den Garten. Er
musste noch das Kaminholz stapeln, welches letzte Woche geliefert worden war.
Marlene rief zunächst im Institut an. Eine Kollegin verband sie mit dem Leiter.
    Er hatte bereits von dem Vorfall gehört und sprach ihr sein
Beileid aus. Sie solle sich so viel Zeit nehmen, wie sie benötige. Das Projekt
könne warten, es sei wichtiger, dass sie sich jetzt genügend Zeit für ihre
Trauer nehme. Sie bedankte sich bei ihm für sein Verständnis und legte auf.
    Kurz zögerte sie, bevor sie erneut zum Telefonhörer griff.
    »Andresen«, hörte sie eine schwache Stimme.
    Sie schluckte. Tausend Gedanken wirbelten durch ihren Kopf.
Sie sah Heikes Mutter vor sich, blass, mit dunklen Augenringen. Der Körper
gebeugt unter der Last der Schmerzen.
    »Hallo?«
    Sie räusperte sich.
    »Frau Andresen? Hier ist Marlene. Es ist etwas Furchtbares
passiert.«

     
    Malte saß im Schwesternzimmer und rauchte. Sein
Dienst hatte zwar gerade erst begonnen, aber das störte ihn nicht. Die
Patienten konnten warten.
    Über den Flur hörte er Schritte näherkommen, seine Kollegin
erschien in der Tür, dahinter ein Mann.
    »Hier steckst du, Malte. Kommissar Thamsen möchte dich
sprechen.«
    Sie blickte ihn fragend an. Er drückte eilig seine Zigarette
aus, stand auf und wischte seine Hände an den Hosenbeinen ab.
    »Herr Nielsen?«
    Dirk Thamsen betrat den Raum, der vor lauter Zigarettenrauch

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