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Nordmord

Titel: Nordmord Kostenlos Bücher Online Lesen
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ihm. Beinahe
täglich rufe sie ihn an, wolle etwas zusammen mit ihm unternehmen. Er wusste
ja, dass es schwer für sie war, aber er hatte seine Entscheidung nun einmal
gefällt und daran gab es nichts mehr zu rütteln.
    Tom verstand das.
    »Meinst du, die Polizei hat etwas in Heikes Wagen gefunden?«,
versuchte er, das Thema zu wechseln.
    »Was ist mit Heikes Wagen?«
    Marlene stand in der Küchentür. Er sprang auf, warf Haie
einen warnenden Blick zu. Der verstand sofort.
    »Setz dich doch!«
    Er rückte ein Stück auf der Küchenbank zur Seite, während Tom
einen Becher Tee eingoss.
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Ich möchte lieber ein wenig an die frische Luft.«

     
    Schweigend gingen sie den Weg vorbei an der
Wehle entlang. Es wurde bereits dunkel. Sie hatte sich bei Tom eingehakt, Haie
lief nebenher.
    Sie liefen bis zur Grundschule. Hier hatte auch Tom als Kind
den Unterricht besucht. Als sie über den Schulhof liefen, klingelte Marlenes
Handy. Umständlich holte sie es aus ihrer Jackentasche hervor und blickte aufs
Display. Sämtliche Farbe wich aus ihrem Gesicht, sie taumelte.
    Auf dem Display stand Heikes Name.

15
    Ein Mann trug
sie eine Treppe hinauf. Er roch abscheulich nach Schweiß und kaltem
Zigarettenrauch. Die Augenbinde hatte er ihr abgenommen, aber Irina presste die
Augenlider trotzdem ganz fest zu. Sie wollte nicht sehen, wer dieser Mann war
und wohin er sie brachte.
    Der Mann blieb stehen, sie hörte eine Türglocke, dann
Schritte und wieder diese Sprache, die sie nicht verstand. Sie öffnete die
Augen und sah in das Gesicht einer jungen Frau. Die lächelte, nahm sie bei der
Hand und führte sie in ein Zimmer voller Matratzen. Sie deutete Irina an, sich
hinzulegen, brachte ihr ein Stück Brot und ein Glas Wasser.
    Als die Frau den Raum
wieder verlassen hatte, blickte sie sich um. Auf einer Matratze neben dem
Fenster lag ebenfalls ein Mädchen. Es schlief. Sie stand auf und ging hinüber
zum Fenster. Es war dunkel draußen, nur die Lichter aus dem Haus von gegenüber
waren zu sehen. Es musste ein großes Haus sein, denn es waren sehr viele. Sie
beugte sich hinunter zu dem anderen Mädchen. Es war vielleicht ein wenig älter
als sie. Schwarze, lange Haare, blasser Teint. Im Schlaf drehte es sich
plötzlich zur Seite. Irina erschrak, als sie den Blutfleck auf dem Laken sah.

     
    Haie saß
neben Marlene auf einer Bank in der Turnhalle und hielt ihre Hand. Tom war
sofort nach Hause gelaufen, um den Wagen und die Diazepam-Tropfen zu holen.
    »Sie ist doch tot. Wie kann sie da anrufen?«
    Sie blickte Haie fragend an. Der wusste allerdings auch keine
Antwort darauf. Tote telefonieren nicht mehr, soweit er wusste.
    »Vielleicht ist das ein Fehler bei der Handygesellschaft«,
versuchte er, sie zu beruhigen.
    Doch Marlene war ganz ruhig, geradezu gelähmt. Wie durch
einen dicken Schleier nahm sie wahr, dass plötzlich Tom vor ihr kniete. Seine
Lippen bewegten sich, doch sie konnte nicht verstehen, was er sagte.
    Ohne Gegenwehr ließ sie sich einen Würfelzucker in den Mund
schieben, kaute mechanisch und schluckte. Sie bemerkte nicht den bitteren
Geschmack, nur dass sie plötzlich sehr müde wurde.
    Tom hob sie auf seine Arme
und trug sie zum Wagen. Sein Freund half ihm. Zu Hause brachte er sie ins Bett.
Kurz öffnete sie ihre Augen, als er ihre Stirn küsste.
    »Schlaf erst einmal. Du musst jetzt schlafen«, flüsterte er
und deckte sie zu.
    Haie hatte in der Zwischenzeit die Küche aufgeräumt. Als Tom
den Raum betrat, saß er am Tisch, Marlenes Handy am Ohr.
    »Das kann nur ein Fehler gewesen sein. Ist abgeschaltet.«
    Er legte das Mobiltelefon auf den Tisch.
    »Also, Heike ist definitiv tot. Sie hat auf jeden Fall nicht
angerufen.« Vor Toms innerem Auge tauchte wieder das Bild aus der Leichenhalle
auf.
    »Vielleicht hat die Polizei Heikes Handy im Wagen gefunden
und überprüft nun die gespeicherten Nummern.«
    »Und wenn nicht?«
    Er blickte seinen Freund über den Tisch hinweg an und wusste,
dass dieser im gleichen Augenblick denselben Gedanken hatte: Dann konnte es nur
der Mörder sein!

     
    Dirk Thamsen drückte zum wiederholten Male den
schwarzen Klingelknopf. Seine Exfrau musste zu Hause sein. Es brannte Licht.
    Endlich hörte er Schritte.
    »Wer ist da?«, hörte er undeutlich ihre Stimme. Es klang, als
habe sie getrunken.
    »Ich bin es. Mach auf!«
    Er hörte, wie der Schlüssel umgedreht wurde, die Tür öffnete
sich. Sie sah fürchterlich aus.

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