Nordmord
Marktplatz
mit der ›Tine‹, dem Wahrzeichen der Stadt, bis zu einem kleinen Ledergeschäft.
Er wollte sich neue Handschuhe kaufen. Seine alten hatte er im letzten Winter
leider verloren.
Die Verkäuferin zeigte ihm die unterschiedlichen Modelle und
er entschied sich für ein Paar schwarze, schlichte Handschuhe aus Nappaleder.
Die Dame lobte seinen guten Geschmack.
»Dieses Modell ist momentan sehr gefragt.«
19
Malte saß am Schreibtisch und surfte im
Internet. Neben ihm stand eine halb leere Bierflasche, im Aschenbecher glimmte
noch die letzte Zigarette vor sich hin. Er hatte sich krankgemeldet, keine Lust
zum Arbeiten gehabt.
Die können mich alle mal. Lange mache ich das sowieso nicht
mehr mit, dachte er.
Er rief ein paar Sexseiten
auf, betrachtete die nackten Frauen mit den prallen Brüsten. In verschiedenen
Posen lockten sie zum gemeinsamen Liebesspiel, doch Malte hatte keine Lust auf
Telefonerotik oder darauf, sich von irgendwelchen Videoclips oder Bildern heiß
machen zu lassen. Er brauchte echten Sex mit einer richtigen Frau.
Er stand auf und fischte aus einem Stapel von Zeitungen und
Zeitschriften das lokale Anzeigenblättchen heraus. Nach kurzem Suchen hatte er
gefunden, wonach er Ausschau gehalten hatte:
›Liane – jung und
willig. Trau dich jetzt und wähle 04841/6666‹.
Er zögerte kurz, bevor er wählte.
»Hallo? Kommst du auch nach
Hause? Jetzt gleich?«
Notdürftig schüttelte er das Bettzeug auf, räumte ein paar
Wäschestücke zur Seite. Wenig später klingelte es bereits an der Tür.
Das Mädchen war wirklich blutjung. Unter ihrem Mantel trug
sie eine schwarze Korsage, dazu knappe Hotpants. Ihre Füße steckten in
lackledernen High Heels, auf denen sie kaum laufen konnte. Unsicher betrat sie
die Wohnung.
Malte fiel förmlich über das Mädchen her, riss ihr die
Kleider vom Körper und warf sie aufs Bett. Er zog seine Boxershorts nur bis in
die Kniekehlen, bevor er in sie eindrang. Wie im Rausch befriedigte er seine
Lust, nahm nur am Rande wahr, dass sie sagte: »Ohne Gummi kostet das aber
doppelt.«
Immer schneller wurden seine rhythmischen Bewegungen, sein
Atem ging stoßweise. Kurz vor dem Höhepunkt zwang er sich, einen Augenblick
innezuhalten. Er wollte den Moment hinauszögern, das warme Gefühl, der Rausch
sollten anhalten. Langsamer und tiefer stieß er in ihren Körper, der unter
seinem lag, versuchte, dem Druck standzuhalten, um ihm dann wie in einem großen
Finale explosionsartig nachgeben zu können. Dass seine Hände sich dabei immer
fester um den Hals des Mädchens schlossen, bemerkte er erst, als ihre Nägel
sich tief in sein Fleisch gruben und den gesamten Rücken hinab tiefe Furchen
zogen.
Röchelnd lag sie unter ihm.
»Spinnst du, Alter? Du
bist ja gemeingefährlich!«, schrie sie ihn an, als sie wieder zu Atem gekommen
war und panisch ihre Kleidungsstücke zusammensammelte.
»Ich krieg noch meine Kohle!«
Malte fingerte aus seinem Portemonnaie die vereinbarten 100
Mark.
Das Mädchen blitzte ihn wütend an. Als sie ihm den Geldschein
aus der Hand riss, zischte sie:
»So was wie dich müsste man anzeigen!«
Dirk Thamsen verließ die Polizeistelle und
machte sich zu Fuß auf den Weg zu Heike Andresens Wohnung. Er wollte noch
einmal alles gründlich untersuchen. Er dachte nicht, dass die Kollegen
schlampig gearbeitet hatten. Aber hin und wieder machte es Sinn, sich bestimmte
Sachen noch einmal mit den neuesten Erkenntnissen anzusehen. Manchmal fielen
einem dann Dinge auf, denen man vorher überhaupt keine Beachtung geschenkt
hatte. Das konnte sehr hilfreich sein.
Vor der Wohnungstür spannte sich jedoch plötzlich jeder
Muskel seines Körpers an. Das Siegel war zerstört. Er hörte ein Geräusch.
Vorsichtig öffnete er die nur angelehnte Tür und betrat leise die Wohnung. Sein
Blick fiel zunächst in die Küche. Nichts. Lautlos bewegte er sich den Gang
hinunter zum Wohnbereich, öffnete mit Schwung die Tür.
Zwei erschrockene Augen
blickten ihn weit aufgerissen an. Vor ihm auf dem Boden hockte der Vermieter
zwischen Kleidungsstücken und zerstreuten Papieren.
Thamsens Schultern senkten sich, die Anspannung fiel von ihm
ab.
»Was machen Sie da?«
»Ich suche nur, was mir gehört!«
Der Kommissar blickte ihn fragend an. Ob er denn nicht das
Siegel an der Tür gesehen habe? Das zu durchbrechen sei strafbar.
»Doch, das Siegel habe ich gesehen«, antwortete der ältere
Mann kleinlaut. Er blickte
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