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Nordmord

Titel: Nordmord Kostenlos Bücher Online Lesen
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Doktor hat es mir gesagt. Sie heißt Irina, du darfst es
aber keinem erzählen!« Sie legte ihren Zeigefinger auf ihre blassen Lippen.
»Das ist ein Geheimnis!«
    »Großes Indianerehrenwort!«
    Haie spreizte seine Finger zu dem altbekannten Schwurzeichen.
Mit der anderen Hand streichelte er dem Mädchen über den Kopf und erzählte ihr
das Neueste aus der Schule. Von dem neuen Klettergerüst und der geplanten
Schulaufführung. Als er den Schulausflug erwähnte, wurde Lisa ganz traurig. Zu
gern wäre sie dabei gewesen. Haie tröstete sie damit, dass sie nächstes Mal mit
Sicherheit teilnehmen konnte. Doch Lisa schüttelte nur ihren Kopf.
    Als die Tür plötzlich geöffnet wurde und eine Schwester ihnen
einen fragenden Blick zuwarf, verabschiedeten sie sich schnell. Sie waren
sowieso schon spät dran und mussten sich beeilen. Marlenes Vortrag sollte in
einer halben Stunde beginnen und der Verkehr Richtung Norden floss nur sehr
langsam auf der Bundesstraße.
    Gerade noch rechtzeitig erreichten sie das Institut und
Marlene huschte zwischen den Stuhlreihen hindurch zum Rednerpult.
    »Moin, Moin und herzlich willkommen zu einem vergnüglichen
Abend rund um den friesischen Humor.«

     
    Thamsen beschloss, nach Hause zu fahren. Die restlichen
Ergebnisse aus der KTU waren noch nicht da und er konnte auch zu Hause darauf
warten.
    Ein letztes Mal versuchte er, Marlene Schumann zu erreichen,
aber wieder hob niemand ab. Anscheinend waren sie und Tom unterwegs. Er
verabschiedete sich von den Kollegen aus Flensburg und erinnerte sie daran,
dass er am nächsten Tag voraussichtlich etwas später ins Büro kommen würde. Er
hatte einen Termin wegen des neuen Mietvertrages.
    Auf dem Heimweg holte er sich an einem Imbiss Schaschlik mit
Pommes und einer doppelten Portion Mayonnaise. Mit seinem opulenten Mahl ließ
er sich am Küchentisch nieder und schlug erneut das Tagebuch auf, um endlich
die letzten Einträge zu lesen.

     
    18.09.1996
    Ich habe mich nun schon so lange mit diesem Gedanken
gequält, dass ich es heute nicht mehr ausgehalten   und den Professor auf die Transplantationen
angesprochen habe. Vor wenigen Tagen habe ich nämlich eine Reportage im
Fernsehen über Organhandel gesehen. Schrecklich war das. Da werden teilweise
Menschen entführt, man schneidet ihnen die Organe raus und wirft sie dann wie
Müll auf die Straße. Auch Kinder wurden gezeigt. Ein Mädchen wurde von ihrer
Mutter verkauft und nachdem man ihr eine Niere entnommen hatte, landete sie in
den Fingern eines Pädophilen. Ich kann nicht verstehen, wie Menschen so etwas
tun können . Und deshalb habe ich auch Voronin zur Rede gestellt. Er hat
natürlich alles abgestritten, mich eine Lügnerin genannt. Ich solle aufpassen,
was ich sage. Richtig wütend ist er geworden und hat mich schließlich aus
seinem Büro geworfen. Ich glaube nicht, dass es etwas genützt hat. Aufhören
wird er sicherlich nicht. Ob ich doch zur Polizei gehe?

     
    Das hatte sie dann ja vorgehabt. Es war das
einzige Mal, dass er ihre Stimme gehört hatte. Die Stimme eines Menschen,
dessen Gedanken und Gefühle ihm nun so nah waren wie wahrscheinlich sonst
niemandem auf der Welt. Aber was war passiert? Er schlug die nächste Seite auf.
Es war der vorletzte Eintrag.

     
    27.09.1996
    Ich versuche, Voronin so
gut wie möglich, aus dem Weg zu gehen. Er hat Andreas’ Operation verschoben.
Jedenfalls war letzte Woche eine Verlegung nach Kiel geplant gewesen, plötzlich
ist dieses Blatt aus der Akte verschwunden. Dabei war der Junge wirklich
stabil. Ich frage mich, ob ich wirklich das Richtige getan habe, denn seit
vorgestern geht es Andreas wieder schlechter. Bin ich nicht schuld, dass er
keine neue Niere bekommen hat, dass er nicht gesund werden darf und wie andere
Kinder ein unbeschwertes Leben führen kann? Bin ich schuld, weil ich durch
meine Verdächtigungen Voronin veranlasst habe, die Transplantation zu
verschieben? Wahrscheinlich hat er Muffensausen bekommen, Schiss, dass ich doch
mit der Polizei rede. Da wäre eine OP wirklich zu riskant gewesen. Aber Andreas
tut mir so wahnsinnig leid. Ich weiß einfach nicht, was ich machen soll!

     
    »Du warst großartig«, schwärmte Haie begeistert.
    Sie befanden sich auf dem Rückweg von Marlenes Vortrag, der
wirklich sehr gut angekommen war. Die Mitglieder vom Heimatverein hatten am
Ende kräftig geklatscht und sie war ein wenig verlegen geworden.

    Tom bestätigte Haies Lob, wechselte

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