Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nordwind: Kriminalroman (German Edition)

Nordwind: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Nordwind: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Östlundh
Vom Netzwerk:
damit etwa sagen, dass jemand gesehen hat, wie Ellen in einem Auto weggefahren ist?«
    Malin starrte Anita Frisk an.
    »Nein. Eine Mitschülerin hat kurz vor dem Klingeln ein Auto vor der Schule anhalten sehen.«
    Ellens Klassenlehrerin strich sich mit zitternden Fingern das seidige Haar aus der Stirn. Sie war zierlich und sogar noch kleiner als Malin. Wie sollte dieses Menschlein eine ganze Klasse Siebenjähriger vor all den Gefahren bewahren, die in der Welt lauern?
    Malin hatte sich noch nie derartige Gedanken gemacht, aber jetzt, da sie es tat, erschien ihr das Ganze vollkommen absurd. Die Frauen, denen sie ihre Kinder anvertraute, hatten doch nicht die geringste Chance. Und die Schule an sich erst. Sie lag völlig ungeschützt da, und auf dem Hof liefen die Kinder fröhlich herum, als könnte ihnen nichts zustoßen. Wenn man ein Kind klauen wollte, brauchte man sich nur eines zu nehmen. Ganz einfach. Es müsste Mauern und Wächter geben.
    »Wer war das? Wer hat das Auto gesehen?« Malin griff nach Anitas Arm. Sie hatte stark den Eindruck, dass Anita sich am liebsten davongestohlen und sie in dem hässlichen Sekretariat, das nach Läkerolbonbons und Achselschweiß miefte, allein gelassen hätte.
    »Das war Matilda, aber …«
    »Ich will mit ihr reden.«
    »Sie können natürlich mit ihr sprechen, aber …«
    »Ich will mit ihr reden, sofort.« Malin packte Anitas Arm noch fester.
    Anita strich wieder ihr Haar zurück und wich ihrem Blick aus.
    »Dann hole ich sie«, erwiderte die Lehrerin knapp. »Warten Sie hier.«
    Im Türrahmen blieb sie stehen. Die Leuchtstoffröhre im Flur warf ein unvorteilhaftes Licht auf ihr Gesicht.
    »Bleiben Sie bitte ruhig. Das Mädchen hat ein Auto gesehen. Mehr nicht. Kinder …«
    »Was zum Teufel haben die bloß getrieben?«, fuhr Malin Henrik an, sobald sich die Tür hinter der Klassenlehrerin geschlossen hatte.
    Wahrscheinlich würden sie demnächst einen Krisenstab einrichten, der sich um die restlichen Kinder kümmern sollte. Vielleicht war das dringlicher als ein Anruf bei der Polizei, wenn ihre Tochter verschwunden war.
    »Ich kann hier nicht einfach rumstehen und vor mich hin glotzen«, fauchte Malin, bevor Henrik etwas hätte erwidern können. »Ich setz mich ins Auto und such sie.«
    Henrik ging zu ihr hin und legte den Arm um sie.
    »Sie wussten doch nichts davon«, sagte er.
    »Nein, aber jetzt. Und trotzdem schleichen die durch die Gegend wie Schlafwandler.«
    Malin löste sich aus seiner Umarmung und hielt ihm ihre geballte Faust vors Gesicht. »Unser Kind ist verschwunden. Wenigstens könnten sie so tun, als ob ihnen das nicht piepegal wäre!«
    Wie hatten sie nach der Entdeckung von heute Morgen bloß so bescheuert sein können, die Kinder auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen? Vor Wut hätte sie sich selbst erwürgen können. Sie hatte gedacht, es wäre gut für die Kinder, wenn alles so normal wie möglich abliefe, hatte geglaubt, sie wären in der Schule sicher, weil die eigentliche Zielscheibe das Haus in Kalbjerga wäre. Sie hatte sich nicht vorstellen können, dass es irgendjemand auf ihre Kinder abgesehen hatte.
    Malin schluchzte auf, holte dann aber tief Luft und zog kräftig die Nase hoch, um einen Weinkrampf zu unterdrücken. Dies war nicht der Moment, um schwach zu sein.

22
     
    »Wohin kann Ellen gegangen sein, sollte sie sich alleine auf den Weg gemacht haben? Fällt Ihnen ein Ort ein? Vielleicht fühlt sie sich irgendwo besonders wohl?«
    Fredrik Broman sah Malin und Henrik ernst an.
    Alleine auf den Weg gemacht, was sollte das heißen? Warum fragte er das überhaupt?, dachte Malin. Es war nichts passiert, was Ellen dazu veranlasst haben könnte, das Schulgelände zu verlassen. Es gab keinen Streit. Das hatten sie doch alles schon besprochen. Eigentlich hatte sie Vertrauen zu Fredrik Broman und auch zu Sara Oskarsson, aber im Augenblick konnte es Malin niemand recht machen.
    »Wir sind nicht oft in Fårösund. Ellen hat hier ein paar Freundinnen, aber die sind ja in der Schule.«
    Malin deutete auf das Gebäude hinter ihnen.
    Sie musste sich beherrschen, um nicht pampig oder feindselig zu klingen. Das war wichtig. Auf keinen Fall durfte sie es sich mit der Polizei verscherzen. Die beiden Beamten mussten sie mögen, damit sie bereit waren, bei der Suche nach Ellen ihr Äußerstes zu geben. Davon konnte ihr Leben abhängen. Von dieser kleinen Extraanstrengung hing vielleicht ihr Leben ab. Eine Sekunde konnte alles entscheiden.
    »Ist

Weitere Kostenlose Bücher