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Nordwind: Kriminalroman (German Edition)

Nordwind: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Nordwind: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Östlundh
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ausgesetzt gewesen, dehnt es sich – wenn der Druck verschwunden ist – früher oder später wieder aus. Dabei entsteht im Gehirn eine Wellenbewegung, die vollkommen unvorhersehbare Erlebnisse mit sich bringen kann. In Fredriks Fall handelte es sich um die seltsamen Zerrbilder. Er war zwar erleichtert, als er sich auf den Heimweg machte, doch einige vertrackte Überlegungen ließen ihm keine Ruhe.
    Was war eigentlich das, was er als sein Ich erlebte? Waren das Ich und die Persönlichkeit dasselbe? Wurde er ein anderer oder einfach nur anders, wenn er sich veränderte? Und all die Dinge ringsherum. Konnte er wirklich wissen, was sie waren? Oder musste er sich mit seinen Wahrnehmungen begnügen, die sich offensichtlich von einem Moment zum anderen wandeln konnten? Dazu brauchte es nicht mehr als eine kleine Welle in seinem Kopf.
    Er hatte mit Ninni darüber gesprochen. Sie hatte gesagt, er rede wie eine Feuilletonseite aus den Achtzigern. Daraus war er zwar auch nicht schlauer geworden, aber er hatte beschlossen, das Thema nicht mehr anzusprechen. Lieber betrachtete er die Baumkronen.
    Das Singen, das nun allmählich verklang, hing nicht mit dem Unfall zusammen, hatte er beschlossen. Er war schließlich gesund. Das hatte er schwarz auf weiß. Von einer ganzen Mannschaft von Ärzten.
    Hinter der Scheibe, in der sich das Laub und die noch immer nicht ganz reifen Früchte spiegelten, ging Ninni durch die Küche. Sie blieb stehen und sah in den Garten hinaus, als hätte sie gespürt, dass er sie beobachtete. Sie erblickte ihn, winkte und ging in ein anderes Zimmer, wo er sie nicht sehen konnte.
    Der Gesang verstummte vollständig, und Fredrik wurde von einem heftigen Glücksgefühl überrumpelt. Er war glücklich, weil er in seinem Garten stehen konnte. Weil er Ninni hatte. Und weil er Simon und Joakim hatte. Das Glück, das er empfand, war eine kaum zu beschreibende Leichtigkeit. Sie hatte ihn angeflogen wie ein Windhauch in den Bäumen. Er war auf eine stille Weise euphorisch.
    Dann wehte vom Nachbargrundstück der Gestank von Schweinemist herüber und holte ihn zurück auf den Boden der Tatsachen.

37
     
    Malin füllte den Einkaufswagen mit Gemüse. Um diese Jahreszeit waren die Läden voll mit Bioprodukten aus der Region. Die zu kaufen war nicht nur vernünftiger, das Gotländer Gemüse gehörte auch zum besten im ganzen Land. Das lag natürlich größtenteils an der guten Lage, Gotland war Schwedens fruchtbarstes Anbaugebiet, aber auch daran, dass es hier Bauern gab, die Wert auf Qualität legten. Einer der größten Produzenten war zwar vor etwa einem Jahr verurteilt worden, weil er auf seinem Grundstück giftige Chemikalien entsorgt hatte, aber es gab viele, die ökologische Landwirtschaft betrieben.
    Maria war zu Hause bei Ellen und Axel. Es war angenehm, in aller Ruhe einkaufen zu gehen, ohne dass die Kinder an ihr zerrten. Malin wurde klar, dass Ellen wieder zur Schule musste, aber der Gedanke, sie wieder dorthin zu schicken, war ihr zuwider. Sie hatte bereits einige mehr oder weniger unmögliche Alternativen in Erwägung gezogen. Sollten sie die Schule wechseln? Würde das etwas nützen, oder würden bald alle wissen, dass das kleine Mädchen, das vor der Schule in Fårösund gekidnappt worden war, jetzt die Schule in Slite oder Visby oder sonst wo besuchte? Aber das würde sowieso nicht funktionieren. Wenn, dann müsste die ganze Familie umziehen, und dann könnten sie gleich wieder nach Stockholm ziehen. Manchmal hielt sie das für das Beste, in anderen Momenten erschien es ihr wie eine Niederlage.
    Malin schob ihre Tüten im Einkaufswagen zum Parkplatz. Sie öffnete den Kofferraum, packte die Lebensmittel ein und brachte den scheppernden Wagen brav zurück.
    Nachdem sie rückwärts aus der Parklücke gefahren war, entdeckte sie Stina Hansson. Sie stieg am anderen Ende des Parkplatzes gerade in ihren weißen Toyota und ließ genauso schnell wie damals vor der Schule den Motor an. Hatte sie sich überhaupt angeschnallt? Hatte sie Malin gesehen? War sie deshalb so in Eile?
    Der Rest war Intuition. Als das weiße Auto aus der Lücke rollte und die Ausfahrt ansteuerte, schaltete Malin die Automatik hastig auf Drive und gab Gas. Um Stina Hansson zuvorzukommen, musste sie sich links halten und kam einigen parkenden Autos gefährlich nahe, aber sie schaffte es. Direkt vor der Ausfahrt stieg sie voll auf die Bremse und brachte den Jeep quer auf der Straße zum Stehen. Das schrille Quietschen der Bremsen hallte

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