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Nosferas

Nosferas

Titel: Nosferas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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dass diese Ammenmärchen beim einfachen Volk nicht auszumerzen sind.«
    »Das ist kein ketzerischer Irrglaube, Heiliger Vater. Hier sind alte Kräfte am Werk, die finster und böse waren, die wir aber auch für unsere Ziele nutzen können!«
    Die Miene des Papstes verlor die heitere Gelassenheit. »Sprecht Ihr von den dämonischen Wesen, die, wie Ihr sagt, einst bei den Grabungen am Kolosseum geweckt worden sind?«
    »Ja!«, rief der Kardinal. »Ich habe einen Weg gefunden, das Böse mit dem Bösen zu bekämpfen! Habt Ihr etwa geglaubt, all die Todesfälle im Umfeld des Königs und in der Regierung seien Zufall? Es sei Gottes Hand, die Eure Gegner Stück für Stück vernichtet habe? Oh nein! Wir lassen die bösen Dämonen der Finsternis für uns arbeiten, bis wir unser heiliges Ziel erreicht haben. Und dann werden wir sie zu Gottes Gefallen auslöschen.«
    Er hatte sich in glühende Begeisterung geredet, während die Wangen des Papstes leichenblass geworden waren. Er bekreuzigte sich. »Möge der Herr sich Eurer armen Seele erbarmen und Euch auf den rechten Weg zurückführen!«
    »Wir sind auf dem rechten Weg!«, schrie der Kardinal. Er packte den Heiligen Vater an der Schulter. »Wir sind dabei, das Reich Gottes in Italien zu errichten. Er wird es mit Wohlgefallen sehen!«
    »Oh ihr verblendeten Seelen«, sagte der Papst voll Traurigkeit. »Kehre um, und tue Buße, ehe es zu spät ist.«
    Der Blick des Kardinals huschte zu der Standuhr in der Ecke. »Ja, es ist spät, ich muss gehen und meine Anweisungen geben. Legt die Kette wieder an, ich beschwöre Euch! Wir werden morgen weiter darüber reden. Ich werde es Euch erklären, bis Ihr klarseht!« Mit wehendem Umhang eilte der Kardinal hinaus.
    »Ich sehe klar! Endlich sehe ich völlig klar«, flüsterte der Papst. »Mehr, als es mir lieb sein kann!«
     
    »Bring mir meinen Mantel! Ich bin spät dran.«
    Latona zog eine Grimasse, folgte aber der Aufforderung und legte Carmelo den weiten Mantel mit den beiden Capes um die  Schultern. Er war altmodisch, hatte aber den Vorteil, den Träger bis zu den Füßen zu verhüllen und auch ein Schwert verbergen zu können, mit dem man heutzutage in den nächtlichen Gassen Roms vermutlich von einer pattuglia di polizìa angehalten worden wäre. Neugierige Polizistenfragen beantworten zu müssen, war das Letzte, was Carmelo heute Nacht gebrauchen konnte!
    »Wo ist diese verfluchte Maske schon wieder?«, schimpfte er.
    »Hier, Onkel Carmelo«, sagte Latona und reichte ihm die blutrote Samtmaske. »Reisen wir dann gleich weiter zum Karneval nach Venedig?«
    Er antwortete nicht und stopfte die Maske nur hastig in die Tasche. Die Kirchturmglocke draußen schlug. Carmelo warf den Mantel locker über die Schwertscheide und eilte zur Tür. »Ich weiß nicht, wie spät es wird. Warte nicht auf mich.«
    »Ich soll nicht warten?«, rief Latona empört. »Was soll ich sonst tun? Etwa schlafen? Daran kann ich nicht einmal denken, bis du diese Tür wieder durchschreitest und mir sagst, was geschehen ist!«
    Er hielt inne, wandte sich um und trat wieder zwei Schritte auf sie zu. Ein weicher Zug lag auf seinem Gesicht. »Sorge dich nicht.« Er beugte sich vor und hauchte ihr einen Kuss auf die Wange.
    »Ich würde mich weniger sorgen, wenn ich dich begleiten dürfte.«
    Seine Miene wurde hart. »Das kommt nicht infrage! Du wirst dieses Zimmer nicht verlassen, bis ich zurück bin. Ich traue diesen verhüllten Maskenmännern nicht, und dem Kardinal am allerwenigsten! Sie machen keinen Hehl daraus, was sie von der Einmischung einer Frau halten, also komm ja nicht auf die Idee, etwas Dummes zu tun!«
    »Etwas Dummes?«, fragte sie unschuldig. »Aber nein! So etwas würde ich doch nie tun!«
    Carmelo warf ihr einen misstrauischen Blick zu, doch die Zeit lief ihm davon, und er musste sich eilen, nicht zu spät am geheimen Treffpunkt des Zirkels zu erscheinen. Daher drehte er sich nur um und lief die Treppe hinunter.
    Latona rührte sich nicht, bis die Tür unten ins Schloss fiel. Dann jedoch bewegte sie sich mit fieberhafter Hektik. Sie riss ihren Mantel vom Haken, steckte ihr silbernes Messer in die Tasche und rannte Carmelo nach.
    »Es kommt ganz darauf an, was man unter etwas Dummem versteht«, sagte sie zu sich selbst. »Ich halte es für durchaus ratsam, ein Auge auf dich und diese Versammlung zu haben.«
     
    »Da kommt jemand!«, zischte Franz Leopold und duckte sich noch tiefer hinter die bröckelnde Mauer. Die anderen folgten seinem

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