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Nosferas

Nosferas

Titel: Nosferas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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nach dem Wolf zu stechen, aber der Altehrwürdige riss seinen Arm zurück. Seymours Kiefer schnappten noch einmal zu und entwanden ihm die Waffe. Aber der Jäger gab sich noch immer nicht geschlagen. Er zog einen verborgenen Dolch und stieß nach dem Vampir. Geschickt glitt der Alte zur Seite, sprang wieder vor und versenkte die Zähne im Hals des Jägers. Ein gurgelnder Schrei stieg zum Gewölbe auf. Der Kardinal und die drei Männer des Zirkels, die noch lebten, standen wie erstarrt und verfolgten stumm den Kampf. Keiner von ihnen war anscheinend geübt, mit Waffen umzugehen, und so kamen sie nicht auf die Idee, die Klingen der Gefallenen an sich zu nehmen und in den Kampf einzugreifen. Nur das Mädchen, das sich wieder aufgerichtet hatte, schien nicht bereit, tatenlos zuzusehen, wie der Wolf und der alte Vampir den Jäger töteten. Sie griff nach ihrem silbernen Dolch, der ein Stück weiter in eine Ecke geschlittert war, und warf sich auf den Rücken des Altehrwürdigen. Die silberne Klinge drang ihm bis ins  Herz. Mit einem Aufschrei, von dem das Gewölbe erbebte, ließ er sein Opfer los.
    »Geh zu den Erben, und sieh zu, dass sie sicher heimkehren«, flüsterte Giuseppe dem Wolf zu. »Es war ein Fehler«, sagte er noch, ehe der Glanz in seinen Augen verlosch.
    Seymour sprang über die beiden Vampirjäger hinweg und lief die Treppe hinauf. Der Wolf sah nicht zurück. Er konnte den Körper des alten Vampirs nicht zur Domus Aurea bringen, wo er vielleicht wieder erwacht wäre. Die Geschichte des altehrwürdigen Giuseppe endete an diesem Ort und in dieser Stunde.
    Seymour nahm zwei Stufen auf einmal und erreichte Ivy, die oben auf ihn wartete, unbeschadet. Sie schlang die Arme um seinen Hals. Er sah ihr in die Augen. Dann drehten sie sich zu den beiden anderen um.
    Alisa lehnte schwer atmend an der Wand. Franz Leopold hatte noch immer den Arm um ihre Mitte gelegt, um sie zu stützen. Inzwischen hatte die Übelkeit ein wenig nachgelassen und der Nebel in ihrem Kopf sich so weit gelegt, dass sie ihre Umgebung wieder wahrnehmen konnte. Sie hätte gern gesagt, sie sei durchaus in der Lage, sich ohne seine Hilfe aufrecht zu halten, doch sie wusste nicht, ob es stimmte. Und die Blöße, vor ihm in den Schmutz zu fallen, wollte sie sich erst recht nicht geben. Also tat sie so, als bemerke sie den Arm um ihre Taille nicht, als er ihr jetzt nach draußen half. Ivy verkeilte ein Brett, das in der Nähe lag, im Türrahmen. »Lasst uns gehen«, sagte sie ernst. »Hier können wir nichts mehr tun.«
     

DAS ENDE DES ZIRKELS
    »Braucht Ihr sonst noch etwas, Heiliger Vater?«
    Pius IX. schüttelte stumm den Kopf.
    »Verzeiht, wenn ich das sage, aber Ihr seht nicht gut aus. Ihr solltet Euch hinlegen. Was es auch ist, das Ihr hier noch schreiben wolltet, es hat Zeit bis morgen!«
    Pius IX. schenkte seinem Camerlengo ein müdes Lächeln. Es würde kein Morgen mehr für ihn geben - zumindest nicht auf dieser Welt. Wie würde die Welt auf der anderen Seite für ihn aussehen? Würde der Herr ihm seine Blindheit verzeihen? Er hatte geahnt, dass etwas Unheiliges vor sich ging, doch er hatte die Augen verschlossen und nichts davon wissen wollen. Der Wunsch, der heiligen Kirche im Leben der Menschen wieder zu der Bedeutung zu verhelfen, die ihr zustand, hatte seinen Verstand und seinen Blick getrübt. Nun konnte er sich nur noch seinem allerhöchsten Richter anvertrauen und auf seine Gnade hoffen.
    »Ich schreibe diesen Brief noch zu Ende, dann werde ich zu Bett gehen. Sie können sich zurückziehen. Ich brauche Sie nicht mehr.«
    Der Sekretär verbeugte sich und schloss die Tür hinter sich. Als die Schritte draußen verklungen waren, tauchte Pius IX. die Stahlfeder wieder in das Tintenfass und schrieb weiter.
     Ich, Papst Pius IX. von Gottes Gnaden, verfüge in meinem letzten, ausdrücklichen Wunsch, dass mein Leib nicht in St. Peter neben meinen Vorgängern im Amte Petri beigesetzt wird. Setzt mein Abbild nicht als marmornes Denkmal wie einen Herrscher auf einen Thron! Begrabt meinen Leib in aller Bescheidenheit in San Lorenzo fuori le mura, denn auch ich bin nur ein armer Sünder unter der Gnade Gottes, und mein Platz ist bei meinem Volk am Friedhof Campo Verano.
    Er setzte seine Unterschrift darunter und drückte den Siegelring in das weiche Wachs. Dann erhob sich der Papst und ging mit unsicheren Schritten in sein Schlafgemach. In seiner Amtsrobe legte er sich auf die Bettdecke und faltete die Hände auf der Brust. Noch bevor die

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