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Nosferatu 2055

Nosferatu 2055

Titel: Nosferatu 2055 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Sargent & Marc Gascoigne
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sich wahrhaftig dem Ende zu. Aber der Preis war anständig, und sie wußte, als er nach heißem Wasser verlangte und sein eigenes Antiseptikum aus einer zerfledderten alten Tasche holte, daß sie sich darauf verlassen konnte, zusammengeflickt und sauber zu sein, wenn er mit ihr fertig war. Doch ganz plötzlich ärgerte sie sich über ihr angerissenes Ohrläppchen. Ihre Ohren waren klein, zierlich und vielleicht ihr hübschestes Merkmal.
    Andererseits konnten die Dinge nicht gar so schlecht stehen, wenn sie es sich leisten konnte, sich in einem Augenblick wie diesem um ihr Aussehen Sorgen zu machen. Sie sah zu, wie Sunil ein Stück Zwirn in seine Nadel einfädelte, dann biß sie auf die Zähne und wartete auf den Schmerz.

11
     
    Kristen schlief lange, fast bis zehn Uhr, da ihr Körper den Schlaf brauchte, um sich von ihrer verletzungsbedingten Erschöpfung und den Anstrengungen all dessen, was in der Nacht zuvor geschehen war, zu erholen. Als sie steif und wie zerschlagen erwachte, hob sie die Arme, um sich die Augen zu reiben, und stöhnte dann ob der Schmerzen in ihren Rippen, nun, da die Wirkung des Schmerzmittels nachließ. Sie blinzelte und sah sich um, wußte zuerst nicht, wo sie war. Dann fiel ihr alles wieder ein. Sie war bei Indra, obwohl Kristen überrascht war, daß die Inderin sie noch nicht rausgeworfen hatte. Sie verließ die unvertraute Umgebung des Schlafzimmers und trottete nach unten.
    Für das Mittagsgeschäft war es zu früh, und der Club hatte noch geschlossen. Kristen fand Indra und ihre Mädchen beim Frühstück vor. Die Mädchen sahen trotz ihrer grellbunten Morgenmäntel abgehärmt aus, und ein unheimliches rotes Licht durchdrang das schäbige Innere des Clubs, in dem es nach dem Qualm der letzten Nacht und schweißtreibender Tanzerei stank. Es war die Art Laden, in der sich jemand ohne einen Kater unwillkürlich fragte, warum um alles in der Welt er keinen hatte.
    »Komm und iß«, befahl Indra. Kristen hätte bei dem üppigen Essen auf Indras Teller passen müssen, aber es gab auch pochierte Eier, Rührei, Toast, Krüge mit Orangensaft und Kannen mit Soykaf auf dem Tisch. Sie brauchte keine zweite Einladung.
    »Wir haben sie gefunden«, sagte Indra mit grimmiger Befriedigung. »Der Bursche in Gelb - Netzer kannte ihn. Und wir haben die Rechnung beglichen. Ich bin sehr zufrieden, daß du zu mir gekommen bist.«
     
    Kristen konnte sich kaum daran erinnern, eine Beschreibung des Burschen mit der Zahnlücke geliefert zu haben, der ihr die Treppe von Manojs Laden hinauf gefolgt war. Die gelbe Jacke war wahrscheinlich das einzige von Wert, was ihm gehörte, nachdem er sein Geld für Schnaps und Dagga und Straßenmädchen verpulvert hatte. Sein einzig wertvoller Besitz war zugleich seine Fahrkarte in den Tod gewesen, der ihn nicht auf die in den Straßen Kapstadts übliche Weise ereilt hatte. Indra konnte über hundert Familienmitglieder zusammenrufen und würde es auch getan haben, um sich der Tsotsis anzunehmen. Das war auch der Grund dafür, warum ihr Club nie überfallen wurde.
    »Iß, soviel du willst. Wenn du wieder gesund bist, könnte ich dich anstellen«, bot Indra ihr an.
    Da sie diese mächtige Frau nicht beleidigen wollte, wählte Kristen ihre Worte mit Bedacht. »Vielen Dank, Indra. Ich lasse es mir durch den Kopf gehen«, sagte sie. »Aber vielleicht kannst du mir inzwischen auf andere Weise helfen. Kennst du jemanden, der mir möglicherweise eine Gefälligkeit erweisen würde? Ich kann bezahlen.« Das war die notwendige Voraussetzung für jedes Hilfeansinnen.
    Indras schwarz umrandete Augen verengten sich ein wenig; sie war auf der Hut.
    »Was willst du, Mädchen?«
    »Ich muß nur einen Anruf machen. Bei jemandem mit einem Faxgerät. Ich will eine Botschaft für ihn hinterlassen, daß er mich zurückrufen kann, und ich brauche eine Nummer, unter der er mich erreichen kann.«
    »Wer ist es?« fragte Indra argwöhnisch.
    Als Kristen antwortete, »Ein Amerikaner«, wurde die Inderin noch argwöhnischer. Kristen fiel kein wirklich guter Grund ein, wie sie ihre Bitte rechtfertigen konnte, außer dem einen As, das sie ausspielen konnte.
     
    »Ich habe ihn gestern abend von Manojs Laden aus angerufen. Manoj sagte, es wäre in Ordnung, wenn ich seine Nummer für den Rückruf angeben würde. Jetzt geht das nicht mehr. Ich brauche eine andere Nummer.«
    Indra wirkte verunsichert. Wenn Manoj nichts dagegen gehabt hatte, war es vielleicht kein allzu großes Risiko. Dann lächelte sie

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