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Notaufnahme

Notaufnahme

Titel: Notaufnahme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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Dritte-Welt-Ländern unterwegs war. Wenn von der Neurochirurgie des Mid-Manhattan die Rede ist, dann meint man Bob Spectors Abteilung – ganz gleich, ob die heilige Gemma noch hier ist oder nicht. Das ist einfach so.«
    »Wie viele Neurologen haben Sie …«
    » Falsch, Mr. Chapman. Neurochirurgen, nicht Neurologen.« Spector schleuderte Mike diesen Einspruch entgegen, als sei die Unterscheidung zwischen Neurochirurgen und Neurologen wichtiger als die Frage, ob Gemma lebte oder tot war.
    »Tut mir leid, Doc, ich habe die Begriffe bisher gleichbedeutend benutzt. Könnten Sie mich über den Unterschied aufklären?«
    »Der Unterschied besteht in etwa einer halben Million Dollar pro Jahr, das ist alles«, antwortete Spector lachend. »Nein, im Ernst, Chapman, wir sind die Jungs mit Säge und Faden. Wir operieren, die Neurologen nicht.«
    »Und warum, glauben Sie, wollte Gemma nach diesem Semester das Mid-Manhattan verlassen?«
    »Ich glaube es nicht, ich weiß es. Die meisten von uns leben vom Entfernen von Gehirntumoren und von operativen Eingriffen an den Bandscheiben. Manche betreiben ergänzend zu ihrem chirurgischem Handwerk Studien auf dem Gebiet unterschiedlicher Erkrankungen – ich beispielsweise erforsche die Huntington-Krankheit. Gemma hat sich in diesem Punkt ursprünglich nicht von uns unterschieden, aber irgendwann begann sie, sich für Traumata, sprich Gehirnverletzungen, zu interessieren. Das war bereits hier in New York – all die Schußverletzungen und Autounfälle, Sie verstehen? In London sind ihr wahrscheinlich nicht so viele Opfer von Schießereien über den Weg gelaufen. Und kaum hatte sie ihr Interesse für Traumata entdeckt, reiste sie von einem Kriegsgebiet zum nächsten. Sie musste nur von einem Gemetzel in irgendeinem Land mit unaussprechlichem Namen hören, das vor zehn Jahren noch gar nicht existierte, schon saß sie im Flugzeug.«
    »Wäre es ihr nicht möglich gewesen, weiterhin am Mid-Manhattan zu bleiben und trotzdem ihr Steckenpferd zu betreiben? Hört sich doch sehr nobel an, oder? Hätte nicht der Ruf des Krankenhauses von ihrem Engagement profitiert?« warf Mercer ein.
    » Trauma-Behandlungen bringen leider nichts ein, denn die meisten der bedauernswerten Bürgerkriegsopfer haben keine Krankenversicherung. Es mag sich krass anhören, aber ich bringe dem Krankenhaus mit meiner Arbeit in kurzer Zeit viel mehr Geld in die Kasse, als Gemma es mit ihren Wohltätigkeiten in hundert Jahren vermocht hätte. Die Trauma-Behandlung existiert für die meisten Neurochirurgen nur am Rande. Und davon abgesehen praktiziert der beste Neuro-Trauma-Experte der Welt hier in New York. Sein Name ist Jam Ghajar. Er ist schon jetzt der führende Mann auf diesem Gebiet und hat seinen Zenit noch lange nicht erreicht. Er ist wesentlich jünger als Gemma und viel extrovertierter. Ich kann mir vorstellen, dass sie deshalb in dieser Stadt keine Zukunft mehr für sich gesehen hat. Das hat wahrscheinlich ihr Heimweh nur noch größer gemacht.«
    Spectors Verhalten bewegte sich auf einem extrem schmalen Grad zwischen Offenheit und Großspurigkeit.
    Chapman versuchte, das Gespräch zurück auf Dogens gesellschaftliches Leben zu bringen. »Was wissen Sie sonst noch über ihre Beziehung zu Bill Dietrich, Doc?«
    »Zuerst einmal, dass ich darüber gar nichts hätte wissen dürfen. Ich habe Geoffrey, ihren Ex-Mann, in den letzten Jahren recht häufig getroffen – mal hier, mal dort, auf Konferenzen und Kongressen. Ich glaube, ihm ging es nach der Scheidung besser als zuvor – seine zweite Frau ist ein offener, herzlicher Mensch. Gemma hat mich nie besonders gereizt, besonders nicht sexuell. Mit ihr ins Bett zu gehen, habe ich mir immer so ähnlich vorgestellt wie – bitte entschuldigen Sie, Miss Cooper – seine Weichteile in einen Schraubstock zu klemmen. Aber viele andere Männer hier schienen das anders zu sehen. Dietrich kann Ihnen genauer als ich über ihre Namen Auskunft geben. Soweit ich weiß, wollte er sie sogar heiraten – er betrachtete es als so ‘ne Art Mega-Gehaltserhöhung. Auf diese Weise hätte er sich ein nettes Polster verschafft und seiner Liebe zu Oldtimer-Automobilen frönen können.«
    »Zu Beginn unseres Gesprächs preisen Sie in einer begeisterten Rede Gemma Dogens Eigenschaften, und jetzt ziehen Sie plötzlich über sie her. Aber Tatsache ist doch, Doctor, dass Sie Ihnen an dem Morgen, an dem ihre Leiche gefunden wurde, bei einer Operation assistieren sollte. Ist das richtig?«
    »Über

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