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Notbremse

Notbremse

Titel: Notbremse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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Beamter. »Manchmal denk ich, das ist ein pures Himmelfahrtskommando.«
    Experten des Landeskriminalamts Stuttgart hatten den Aktenkoffer geröntgt und ihn dann mithilfe ihrer Apparaturen geöffnet. Von Sprengstoff keine Spur. Stattdessen fanden sich mehrere lose, von einer Flüssigkeit durchnässte DIN-A4-Blätter, die mit dem engsten Zeilenabstand und der kleinsten Computerschrift beschrieben waren. »Viel chemisches Zeug«, hatte einer der Beamten beim flüchtigen Lesen festgestellt und die Nase gerümpft.
    Ob die kleinen Fläschchen Flüssigkeiten enthielten, aus denen sich ein explosives Gemisch hätte mixen lassen, konnten die Chemiker in der Nacht noch nicht sagen. Aus einem dieser Minibehältnisse, die an das Repertoire einer Apotheke erinnerten und teilweise nur mit Korken verschlossen waren, hatte sich jedenfalls Flüssigkeit ergossen. Sie war geruchlos und sah aus wie Wasser.
    »Die Kollegen vom Landeskriminalamt haben gesagt, es sei auch noch ein Brief dringesteckt – in dem Fach im Deckel«, wusste ein anderer Beamter zu berichten, während er eine Pilsflasche entkorkte und sie sogleich zum Mund führte.
    »Ein Brief?«, staunte einer der Männer.
    »Ja, aber was drinsteht, weiß ich nicht«, erklärte sein Kollege, nachdem er das kühle Bier genossen hatte. Er wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab und lehnte sich auf dem hölzernen Stuhl zurück. »Er war adressiert an einen Göppinger Kollegen«, fuhr er fort.
    »An einen Göppinger Kollegen?«, staunte der andere so laut, dass die übrigen Gespräche verstummten, weil das Interesse plötzlich dieser Frage galt.
    »Ja«, klärte der Biertrinker auf, »an diesen berühmten Kommissar, den sie dort haben – diesen Häberle. August heißt er, glaub ich, mit Vornamen.«
     
    Da die Sonderkommission in diesen frühen Morgenstunden nicht besetzt war, landete der Anruf aus Ulm beim Göppinger Polizeiführer vom Dienst. Als der Beamte die Brisanz der Nachricht erkannte, gab er Häberles Handynummer weiter. Es war 4.12 Uhr, als ein Anruf aus Ulm den Chefermittler in seinem Hotel in Bozen aus dem Schlaf riss. Häberle knipste das Licht an, sah auf seine Armbanduhr und meldete sich mit einem brummenden »Ja«. Am anderen Ende der Leitung entschuldigte sich ein Kriminalist aus Ulm für die frühe Störung und schilderte in knappen Sätzen, was sich im Laufe der Nacht ereignet hatte. Häberle war mit einem Schlag hellwach, sprang aus dem Bett, zog die Vorhänge auf, um vergeblich nach dem Morgengrauen Ausschau zu halten, und ließ sich in seinen Sessel fallen, der unter seinem Gewicht aus dem Leim zu gehen drohte.
    »Und was steht drin?«, fragte Häberle ungeduldig zurück, nachdem ihm von dem verschlossenen Briefkuvert berichtet worden war.
    »Wir haben’s nicht geöffnet«, kam die Antwort zurück. »Wir wollten zuerst mit Ihnen Kontakt aufnehmen.«
    »Eine Briefbombe?«
    »Die Kollegen vom LKA gehen nicht davon aus. Aber ganz sicher sind sie nicht.«
    »Was genau steht drauf?«
    »Handschriftlich: Kommissar Häberle persönlich, betrifft ICE«, erklärte die Telefonstimme. »Das ist doch Ihr Fall, oder?«
    Häberle murmelte etwas Unverständliches. »Und das Zeug im Koffer – das sind chemische Substanzen, sagen Sie?«
    »Wir gehen mal davon aus, ja. Aber sie sind weitgehend geruchlos. Aber wer weiß schon heutzutage, was man damit alles zusammenmixen kann.«
    »Und was steht auf den Blättern?«
    »Viel unverständliches Kauderwelsch. Chemische Erläuterungen zu irgendwelchen Stoffen und Substanzen – nehmen Sie’s mir bitte nicht übel, aber wir haben’s gleich den Kollegen mit nach Stuttgart gegeben. Es liest sich ein bisschen wie die Doktorarbeit eines Chemikers, der sich mit einem ganz bestimmten Stoff auseinandersetzt.«
    Häberle überlegte. »Oder eines Apothekers«, stellte er in den Raum.
    »Apotheker?«, staunte sein Gesprächspartner und erhoffte sich eine Antwort. Aber der Chefermittler ging nicht darauf ein. Stattdessen bohrte er weiter: »Erythropoetin«, sagte er langsam. Er musste sich auf das Wort konzentrieren. Bis vor Kurzem hatte er den Begriff auch nicht gekannt. Erst durch die aufmerksame Zeitungslektüre der vergangenen Tage war er darauf gestoßen. Und als er am späten Abend, nachdem ihn Marusso ins Hotel gebracht hatte, noch die deutschsprachige Südtiroler Zeitung ›Dolomiten‹ durchgeblättert hatte, war er wieder auf Erythropoetin gestoßen.
    »Ery… was?«, kam es durch die Leitung zurück.
    »Okay«, gab sich

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