Notbremse
Wasserskianfänger berichtet und dass der immerhin nach dem sechsten Anlauf eine dreiviertel Runde geschafft hatte. Jetzt habe er sich sein Weizenbier aber redlich verdient. Er sitze deshalb auf der Terrasse der Pizzeria und erwarte ihn. Er schilderte Linkohr, wie er am schnellsten an den Hödenauer See kam, und konnte ihn knapp zehn Minuten später bereits begrüßen. Häberle war wieder in sein dickes Jeanshemd geschlüpft. Linkohr fühlte sich verschwitzt und mit seiner dunklen langen Hose irgendwie fehl am Platze. Er saß an Häberles Zweiertisch, während um sie herum mehr als die Hälfte der Terrasse bereits von gut gelaunten Wochenendbesuchern besetzt war. Linkohr bestellte ebenfalls ein Weizenbier, sodass die beiden Kriminalisten auf die Erkenntnisse der vergangenen zweieinhalb Tage anstoßen konnten.
»Und Sie sind wirklich mit diesem Ding hier gefahren?«, wollte Linkohr neugierig wissen.
»Klar, doch. Das ist kein Problem«, tat Häberle so, als habe er es gleich auf Anhieb geschafft. Sie sahen beide den vorbeiziehenden Wassersportlern zu.
»Sie müssen nachher mal sehen, wenn es die schnelle Runde gibt«, erklärte Häberle. »Da wird das Ding ums Doppelte beschleunigt. Da sehen Sie dann die wahren Profis.«
»Sie kennen sich ja schon gut aus!«
Er grinste. »Die beiden Betreiber hier sind immerhin Namenskollegen von mir.«
»Wie?«
»Ja, die heißen Häberle – wie ich. Das heißt der Mann – die Frau ist seine Schwester, die ist verheiratet. Ihr Ehemann mischt hier auch mit.«
»Und unter dieser feinen Gesellschaft tummeln sich auch einige, die uns interessieren?«
»Gucken Sie sich doch um. Sie werden Gefallen daran finden. Auch ›Pferdchen‹ ist da.« Der Chefermittler nahm noch mal einen Schluck. Linkohr drehte sich instinktiv um, ohne jemanden zu kennen .
»Und unser Freund Horschak ist hier«, stellte Häberle fest und wischte sich den Schaum vom Mund.
»Haben Sie schon mit ihm gesprochen?«
»Ich hab’s versucht, aber er ist mir ausgewichen.«
»Und wo ist er jetzt?«
Häberle blickte sich um. Die Berge warfen bereits lange Schatten. »Keine Ahnung. Ich denke, drüben im Bistro vielleicht.«
Linkohr erwähnte das vorhin geführte Gespräch mit Maggy und wollte von Häberle wissen, wie sich für ihn die Situation jetzt darstellte und welche Rolle Horschak dabei zukam.
»Eines steht für mich fest«, dozierte der Kommissar mit gedämpfter Stimme und nahm noch einmal einen Schluck. »Horschak ist sicher der, der die Notbremse gezogen hat und aus dem Zug gesprungen ist. Er hat sich anschließend hierher bringen lassen, um einige Tage von der Bildfläche zu verschwinden. Die Frage ist aber: Warum erschießt er den Detektiv im Zug? Ausgerechnet in einem ICE. Um ihn umzubringen, hätte er sich ein wesentlich günstigeres Umfeld auswählen können.«
»Na ja, er erschießt ihn, weil ihm der Detektiv wegen der dubiosen Geschäfte mit Dopingmitteln dicht auf den Fersen war. Er saß ihm schließlich schon gegenüber.«
»Klingt logisch«, bestätigte der Chef, winkte der Bedienung und bestellte eine Pizza mit Schinken und Knoblauch. Linkohr orderte dasselbe. Dann fuhr Häberle fort: »Bedenken Sie aber bei allem, was wir jetzt kombinieren, dass der Täter die gleiche Waffe benutzt hat wie bei Plaschke in der alten Mühle.«
Linkohr nickte. Das war tatsächlich ein schwieriges Problem, doch er wollte im Moment nicht darauf eingehen. »Aber Sie teilen doch meine Auffassung«, versuchte er die Gedanken zu ordnen, »dass Horschak am See untertauchen wollte, wenn man das so sagen kann, und man ihm noch in der Nacht eine neue Waffe zukommen lassen wollte.«
»Das könnte in der Tat so aussehen«, räumte Häberle ein und dozierte: »Mal angenommen, wenn ich das jetzt alles so betrachte, was Fludium bei Lambert rausbekommen hat, wie Sie sagen, dann könnte man davon ausgehen, dass Hocke tatsächlich von Lambert damit beauftragt worden ist, den Konkurrenten Rieder hinsichtlich aller möglicher Arzneimittelgeschäfte – egal, ob jetzt Doping oder im Zusammenhang mit der Gesundheitsreform – auszuspionieren. Und wie wir wissen, hat sich Lambert erfolgreich an die Chefsekretärin Rieders herangemacht und ihr wahrscheinlich eine fürstliche Honorierung geboten – vermutlich aber noch viel mehr.« Häberle grinste. »Und war so über alles informiert, was beim Konkurrenten lief – also auch, wann Horschak wohin fuhr und was er vorhatte. Sie erinnern sich«, machte der Ermittler weiter und
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