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Notbremse

Notbremse

Titel: Notbremse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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dem nächsten Zug gleich weiter.«
    »Geh ich recht in der Annahme, dass der Herr Jungkommissar die Angelegenheit selbst in die Hände nehmen will?«
    »Nun ja, ich dachte, es geht ja nur um die Frage, wie die Pharmavertreter die Ärzte und Apotheker umwerben«, versuchte sich Linkohr rauszureden.
    »Sie machen das schon«, erlöste ihn Häberle aus der Verlegenheit. Gerade als er aufstehen wollte, um sich und Linkohr endlich den Feierabend zu gönnen, stellte die Zentrale einen Anruf durch. Der Chefermittler nahm ab, meldete sich und lauschte angestrengt, was seinen Kollegen stutzig werden ließ.
    Häberle presste die Lippen zusammen und bestätigte mehrfach mit »mhm«, dass er verstanden hatte. Schließlich versicherte er mit sanfter Stimme: »Ist überhaupt kein Problem. Wo sind Sie denn jetzt?«
    Linkohr war ganz Ohr. Der Tonfall des Chefs ließ auf einen interessanten Gesprächsinhalt schließen. Vermutlich gab es noch Arbeit.
    Häberle schielte auf seine Armbanduhr.
    »Okay, in einer Viertelstunde – in 15 Minuten also – bei der alten Mühle.«
    Der Kommissar legte auf und atmete tief durch. »Sie werden’s nicht glauben, wer da gerade angerufen hat.«
     
    Wenn Konstantin Rieder etwas hasste, dann war es Unzuverlässigkeit. Er war es gewohnt, dass Beschlüsse schriftlich fixiert und sofort ausgeführt wurden. Und zwar ohne Wenn und Aber. Zwar hatte er in jüngster Zeit Zweifel an Sylvias Loyalität gehegt, aber dass sie ihn im entscheidenden Moment auch geschäftlich enttäuschen würde, war ihm trotz der persönlichen Probleme nie in den Sinn gekommen. Schließlich zahlte er überdurchschnittlich gut und hatte sie auch am gesellschaftlichen Leben teilhaben lassen – auch wenn es schon fünf Monate her war, dass sie einen pharmazeutischen Kongress auf Teneriffa besucht hatten. Rein geschäftlich natürlich, wie er bei jeder Gelegenheit betonte. Seiner Frau hatte er erklärt, es handle sich um eine Veranstaltung ohne Partner – was natürlich gelogen war. Die Tage mit Sylvia hatten ihren besonderen Reiz gehabt, doch war sie stets auf Distanz geblieben. Diese Verhaltensweise empfand er zunehmend als brüskierend, ja sogar als undankbar. Schließlich hatte er ihr großes Vertrauen entgegengebracht und sie in Geschäftsgeheimnisse eingeweiht, die eine kleine Angestellte eigentlich nichts angingen. Rieder saß für ein paar Minuten wie versteinert auf seinem Chefsessel. Tausend Gedanken schossen ihm durch den Kopf. Tausend Möglichkeiten. Tausend Gefahren. Ihn überkam das Gefühl, erstmals in seinem Leben einen Fehler begangen zu haben. Einen Fehler, wie er schon Hunderttausenden Männern seines Kalibers zum Verhängnis geworden war. Clinton kam ihm in den Sinn, der US-Präsident, der angeblich einer Praktikantin nicht widerstehen konnte. Oder Tennisstar Boris Becker, der sich offenbar in eine Besenkammer zerren ließ. Welt- und Firmengeschichte wurden oft genug nicht am Verhandlungstisch und nicht in den Plenarsälen geschrieben, sondern in fremden Betten.
    Verdammt noch mal, weshalb musste er jetzt daran denken. Jetzt, da schnelles Handeln gefragt war. Rieder drückte mit der anderen Hand an seinem Telefon einige Tasten und wartete. Doch mehr als die Ansage, dass die Person mit der Rufnummer vorübergehend nicht erreichbar sei, bekam er nicht zu hören. Er warf den Hörer verärgert in die Schale. Wie ein Blitz durchzuckte es ihn: Sylvia konnte auch einen Unfall gehabt haben. Ja, einen Unfall. Es konnte eine ganz einfache Erklärung geben – auch wenn ein Autounfall schrecklich genug wäre. An etwas noch Schlimmeres wollte er gar nicht denken.
    Rieder rief das Ulmer Polizeirevier an und erklärte, er sei in großer Sorge um eine Angehörige. Diese sei auf der A 8 in Richtung Salzburg gefahren, vermutlich auf der Nordumfahrung um München rum, und dann am Inntaldreieck Richtung Brenner abgebogen – mit Ziel Kiefersfelden. Er bat die Beamten, sich für ihn bei ihren Kollegen der zuständigen Autobahnpolizei und den anderen Revieren zu erkundigen, ob es auf diesem Streckenabschnitt einen größeren Unfall gegeben habe. Obwohl Rieder sein Anliegen ungewöhnlich freundlich vortrug, hatte er den Eindruck, dass man ihm nur widerwillig Gehör schenkte. Der Beamte notierte sich die Nummer und versprach einen Rückruf.
    Kaum hatte Rieder seine Telefonnummer genannt, überkamen ihn Zweifel, ob dieser Schritt sinnvoll gewesen war. Egal, was geschehen würde, sie hatten jetzt etwas in den Händen, aus dem sie ihm

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