Notbremse
dies kann von Interesse sein. Der Müller war hier und hat die Handynummer mitgebracht, die ihm der Mieter hinterlassen hat.«
»Ach?«, staunte Häberle. Daran hatte er nach den turbulenten Ereignissen der Nacht schon gar nicht mehr gedacht.
»Dreimal dürfen Sie raten, was das für eine Nummer ist.«
»Lieber nicht.«
»Eine italienische«, erklärte der Kriminalist. »Registriert auf eine Firma in Bozen. Ich hab hier die Adresse aufgeschrieben. Leider meldet sich dort niemand. Ohne unsere Kollegen dort unten kommen wir vermutlich nicht weiter. Sie kennen doch den Namen dieses Staatsanwalts?«
Häberle nickte. »Ich werd’ mich mit ihm in Verbindung setzen. Denn irgendwie hab ich das Gefühl, dass wir viele Anknüpfungspunkte haben – und verdächtig viele davon scheinen sich auf Südtirol zu konzentrieren.« Er wollte noch etwas hinzufügen, doch der extrem laute Ton eines Telefons hielt ihn davon ab. Einer der Beamten nahm das Gespräch entgegen, signalisierte dann aber Häberle, dass es für ihn sei. Der Chefermittler bahnte sich einen Weg durch die Kollegenschar und ließ sich den Hörer geben.
Er meldete sich, lauschte auf den Anrufer und fragte schließlich:
»Und wer sind Sie? Hallo – wer sind Sie?« Häberle wartete noch einen Moment und legte auf. »Ein anonymer Anruf«, erklärte er den Kollegen. »Wir müssen prüfen, ob sich feststellen lässt, wo er hergekommen ist. Es war ein Mann, der uns sagen will, dass wir an der Autobahnraststätte Irschenberg an der A 8 Richtung Salzburg einen Mercedes finden könnten, der uns interessieren würde. Ulmer Kennzeichen …« Häberle hatte es sich gemerkt und schrieb es jetzt auf einen Schmierzettel. »Die Schlüssel seien an der dortigen Tankstelle für mich hinterlegt. Für mich persönlich.«
Jetzt konnte sich Linkohr nicht mehr zurückhalten: »Da haut’s dir ’s Blech weg.« Dieser Fall hatte es wirklich in sich.
Die weitere Besprechung war ohne große Besonderheiten verlaufen. Schließlich grübelten alle Kriminalisten, was es mit diesem mysteriösen Mercedes am Irschenberg auf sich habe. Häberle entschied, zunächst einmal eine Polizeistreife der dort zuständigen Kollegen vorbeizuschicken, um den Wahrheitsgehalt des anonymen Hinweises zu prüfen. Sollte sich herausstellen, dass dort tatsächlich ein solches Fahrzeug stand und ein Schlüssel hinterlegt war, wollte Häberle noch am frühen Nachmittag dorthin fahren. »Was mich noch interessieren würde«, kam er auf weitere Punkte zu sprechen, die jetzt eher nebensächlich erschienen. »Haben die Kollegen von der Spurensicherung in der alten Mühle noch etwas gefunden?«
»Wollte ich Ihnen vorhin sagen«, erklärte ein Beamter, der zu zusammengehefteten Computerausdrucken griff. »Nicht sehr ergiebig. Ein paar Reifenabdrücke, deren Profile wir noch überprüfen. Aber konkrete Fußspuren fanden sich keine. Ist auch kein Wunder, bei dem Auflauf, den es heut Nacht gegeben hat. Derzeit findet wohl die Obduktion in Ulm statt. Informatorisch hat der Gerichtsmediziner vorhin ausrichten lassen, die Todesursache sei ein Schuss in den Rücken gewesen. Das Projektil stecke noch in irgendeinem Knochen. Er wird es rausbasteln …« Der Kriminalist blätterte weiter. »Tatzeit dürfte vor 48 bis 60 Stunden gewesen sein. Also – heut ist Donnerstag – am Dienstagfrüh oder in der Nacht von Montag auf Dienstag.«
»Und Tatort?«, hakte Häberle leicht ungeduldig nach.
»Nicht die Mühle, sagen die Kollegen. Sonst hätte man Blutspuren finden müssen. Vermutlich hat man den armen Kerl woanders rücklings erschossen und dann in den Schrank gelegt.«
»Macht so was Sinn?«, fragte ein anderer dazwischen. »Wär’ doch besser gewesen, sie hätten ihn irgendwo verscharrt.«
Schweigen. Die Kripobeamten wussten selbst am besten, dass die Gedankengänge eines möglicherweise in Panik geratenen Mörders kaum rational nachzuvollziehen waren.
»Man hat aber etwas gefunden, von dem wir nicht so recht wissen, ob es etwas mit der Sache zu tun hat«, fuhr der Wortführer in dieser Angelegenheit fort. »Abrieb von Kartons auf dem Boden. Deutet darauf hin, dass dort Kartons mit schwerem Inhalt hin und her geschoben worden sind. Auf dem rauen Betonboden schabt sich feinster Papierfusel von den Kartons ab.«
Häberle musste schlagartig an Gracia denken, die ihm vorhin zu Protokoll gegeben hatte, was noch vor wenigen Tagen in der alten Mühle aufbewahrt worden war: »Ganz voll mit großen Kartons«, hatte sie
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