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NOVA Science Fiction Magazin 20

NOVA Science Fiction Magazin 20

Titel: NOVA Science Fiction Magazin 20 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf G. Hilscher
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Theorie nach der anderen aus. Auf dieser
Fähigkeit beruhten alle Patente, die DISQUE DUR besaß. Schwierig war es nur,
den Müll unter von Ehrenbergs Ideen von jenen Gedanken zu trennen, die man
tatsächlich verwerten konnte. Der Graf sprudelte los, als habe jemand den
Stöpsel aus einer Phiole Unsinn gezogen. Er fand die ganze Idee viel zu weit
fortgeschritten, im Grunde genommen Zukunftsmusik, selbst wenn es schon
Karteien gab mit den Fingerkuppenmustern von Verbrechern. Die französische
Justiz, deutlich weniger skrupulös als deutsche Gerichtsbarkeit, hatte bereits
Leute auf die Guillotine geschickt, nur irgendwelcher Papillarabdrücke wegen,
die an kompromittierenden Stellen gefunden worden waren.
    Eine
Weile ließ von Ehrenberg sich über forensische Forschung aus und die
Unverwechselbarkeit von solchen Abdrücken. Von Hofstaetter ließ alles über sich
ergehen. Er wusste, dass Pedro früher oder später zum Thema zurückfinden würde.
So war es immer. Eine spinnerte Idee nach der anderen verstellte fürs erste den
Weg dahin. Aaron von Hofstaetter hörte geduldig zu und notierte gelegentlich
etwas in seinem Notizbuch. Die abwegigsten Gedankengänge des Grafen ignorierte
er völlig, die verrückten bekamen ein Stichwort, während einleuchtende Einfälle
ausführlicher niedergeschrieben wurden. Etliche Minuten und vier Seiten eng
beschriebener Notizbuchseiten später war das Gespräch beendet. Von Hofstaetter
verdrängte den Gedanken daran, wie viel hunderte Reichsmark dieses ausgiebige
Ferntelefonat gekostet haben mochte, und brütete eine Weile über seinen
Notizen.
    Dann
stand er auf, holte Talkumpuder aus dem gut ausgestatteten Bad und bestäubte
damit die Champagnerflöte, die der Vicomte am Abend zuvor benutzt hatte, ehe er
zu dem verhängnisvollen Empfang gegangen war. Muster mit verschlungenen Linien
erschienen auf dem Glas. Komplizierte Siegel, bei jedem Menschen
unverwechselbar und einmalig. Aaron hatte wieder was dazugelernt. Mit einem
Stück Celluloid nahm von Hofstaetter das Muster vorsichtig ab und applizierte
es auf dem Fensterchen der Aktentasche. Dann hielt er den Atem an. Ein kurzes
Summen ertönte, und das Schloss sprang auf.
    Aha.
    Sehr
aufschlussreich. Von wegen viel zu fortschrittlich, erst in zwanzig Jahren,
Zukunftsmusik und so weiter. Das mochte ja für Itzehoe und DISQUE DUR zutreffen,
bei der NIXDORF & SIEMENS ELECTRICITÄTS-ACTIENSOCIETÉ und ihrem directeur sah das offensichtlich anders aus.
    Von
Hofstaetter spähte angemessen beeindruckt ins Innere des Köfferchens. Allerlei
Papiere in schmalen Aktenmappen. Eine winzige Börse aus feinstem Ecrasé-Leder,
die offenbar mehr Geld gekostet hatte, als man in ihr unterbringen konnte. Und
ein flaches rechteckiges Ding, etwas größer als eine Aktenmappe, aus einem
geheimnisvoll schimmernden Material, das aussah, als wäre es eben erst auf
dieser Welt erschienen. Neben einem länglichen Knopf leuchtete ein zartes
Licht, glomm auf und erstrahlte, verblasste bis fast zur Unsichtbarkeit und
erstrahlte langsam wieder. Ein Licht, das den Rhythmus eines atmenden Menschen
imitierte.
    Aaron
von Hofstaetter konnte nicht anders. Er zog das Ding heraus, staunte über das
Gewicht, und als er es aufklappte, schnappte er nach Luft. Leises Summen
ertönte. Licht drang aus der Oberfläche des Artefakts. Da war eine komplette
Schreibmaschinentastatur, edel und berückend schön, darüber im Innern des
Deckels eine schimmernde Fläche, auf der Licht zuckte und ein Symbol bildete.
Da leuchtete die Zeile „Bitte Kennwort eingeben“. Darunter eine leere Zeile,
offenbar wartend auf das besagte Kennwort. Von Hofstaetter starrte minutenlang
darauf, als bestünde die komplette Welt ausschließlich aus diesen Buchstaben.
Er spürte, wie der Boden unter seinen Füßen davonglitt. Hätte er nicht in einem
dieser unverschämt bequemen Fauteuils gesessen, er wäre umgefallen. Er wusste,
was das war.
    Er
hatte es in Stockholm gesehen.
    Einer
der verrückten Spinner aus Übersee, gekleidet in skandalöse Jeanshosen und
einen schwarzen Schlabberpullover, hatte dort einen Zeitstrahl entwickelt, eine
phantastische Reise von einer Erfindung zur nächsten, und am Endpunkt hatte so
was Ähnliches gestanden. Ein mobiler ordinateur . Ein Rechner, der
eingegebene Befehle ausführte, mit winzigen elektrischen Schaltkreisen
arbeitete und seine Informationen auf rotierenden magnetischen Scheiben
vorrätig hielt. Und genau das war die Erfindung, die DISQUE DUR entwickeln
wollte. So

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