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Novemberasche

Titel: Novemberasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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was?«
    »Ist das nicht ganz schön schwer?«
    »Es ist in erster Linie sinnvoll.«
    »Ach deshalb die Bücher   … Das ist natürlich ein Thema, mit dem du ständig konfrontiert wirst   …« Marie dachte nach. »Aber irgendwie stelle ich mir das in körperlicher Hinsicht schwer vor. Du siehst so zart aus.«
    »Das täuscht. Ich bin zwar nicht sonderlich groß und nicht sonderlich breit, aber ein zäher Knochen.«
    »Für mich siehst du aus wie eine Tänzerin.«
    »Ja   … Ich habe auch mal getanzt. Aber das ist lange her.«
    »Warum hast du aufgehört?«
    »Die Gelenke.«
    »Und das Fallschirmspringen ist besser für die Gelenke?«
    »Wenn du rechtzeitig flarest, schon.« Eva lächelte.
    »Aber wie bist du vom Tanzen aufs Springen gekommen? Liegt ja nicht gerade nah beieinander.«
    »Mein damaliger Freund war Springer. Da hab ich’s auch mal probiert – und habe es für mich entdeckt.«
    »Und da hast du auch Stella kennengelernt?«
    »Ja.«
    »Wie lange springst du schon?«
    »Zwölf Jahre.«
    »Und so lange kennt ihr euch?«
    »Ja.«
    »Ich dachte, ihr habt euch dort im Haus kennengelernt. Weil ihr doch beide Tür an Tür wohnt.«
    »Nein. Als Stella schwanger wurde, haben wir ganz bewusst nach etwas gesucht, wo wir quasi zusammen wohnen können, aber doch
     nicht aufeinandersitzen. Wir haben erst an eine WG gedacht. Aber dann hat sich das mit den beiden Wohnungen ergeben.«
    »Wie alt ist Cheyenne eigentlich?«
    »Sie ist drei.«
    »Und Stella ist also allein erziehend?« Ich darf nicht zu neugierig klingen, dachte Marie, aber wo wir endlich mal beim Thema
     sind. Jetzt oder nie. »Stell ich mir ganz schön anstrengend vor.«
    »Das ist es«, antwortete Eva ernst. Sie sah traurig aus. »Deshalb wollten wir auch nah beieinander wohnen.«
    »Eine Freundin von mir ist auch allein erziehend. Noch dazu hat der Kindsvater sich ins Ausland abgesetzt, und so bekommt
     sie noch nicht einmal Unterhalt.«
    »Das Problem hat Stella wenigstens nicht.«
    »Das ist ja schon mal was. Also ist Cheyennes Vater wenigstens zuverlässig.«
    Marie fühlte Evas aufmerksamen Blick auf sich. Nichts überstürzen, dachte sie und lächelte so unverfänglich wie möglich.
    »Meine Freundin war manchmal ganz schön fertig. Aber jetzt ist das Kind ja schon zehn.« Immer noch dieser wachsame Blick.
     Hastig fuhr sie fort. »Aber um nochmal auf deine Arbeit zurückzukommen   …«
    Das weitere Gespräch verlief unspektakulär und es gelang Marie, das Gleichgewicht in dem Frage- und Antwortspiel wieder herzustellen.
    Ich muss vorsichtig sein, dachte sie. Ich darf keinen Verdacht erregen. Stück für Stück. Sonst stürzt mein Kartenhaus schneller
     zusammen, als ich schauen kann.
     
    *
     
    Die Vernehmung der beiden Schüler, Thorsten Ehlers und Sven Radlowski, die kurz vor dreizehn Uhr begann, wurde begleitet von
     Hausdurchsuchungen, bei denen einzelne Materialien, die man für die Herstellung von Molotow-Cocktails benötigte, sowie diverse
     aus dem Internet heruntergeladene Anleitungen zum Bau von Bomben sichergestellt wurden. Die beiden Jugendlichen, die nach
     einem zweistündigen Verhör immer noch leugneten, an den Brandanschlägen auf die drei Dönerbuden im Raum Friedrichshafen beteiligt
     gewesen zu sein, wurden in Untersuchungshaft genommen und die weitere Vernehmung auf den nächsten Tag verlegt. Während die
     beiden aus dem Verhörzimmer geführt wurden, dachte Sommerkorn mit grimmiger Miene daran, dass der Inhaber der Dönerbude, die
     vor rund einem Jahr gebrannt hatte, nur knapp mit dem Leben davongekommen war. Der Mann hatte seinerzeit ausgesagt, vier oder
     fünf maskierte Männer hätten etwa gegen Mitternacht einen Brandsatz auf seinen Stand geworfen, das Feuer habe sofort seine
     Kleidung erfasst und nur der Geistesgegenwart eines Passanten habe er es zu verdanken, dass er nicht bei lebendigem Leib verbrannt
     sei.
    In der großen Besprechung am Nachmittag wurden die gesammelten Informationen zusammengetragen. Es gab unzählige Hinweise aus
     der Bevölkerung zum Verbleib von Matthias Wölfle, aber keiner brachte Erfolg.
    Gegen sechzehn Uhr saß Sommerkorn an seinem Schreibtisch im Büro in einer unheimlich stillen Polizeidirektion – fast alle
     Kollegen waren ausgerückt, um weiteren Hinweisen aus der Bevölkerung nachzugehen. Er hatte einige Blätter mit Stichpunkten
     vollgeschrieben, einzelne Punkte umkringelt, Pfeile von einem zum anderen gezeichnet. Seine Lider waren schwer, der fehlende
     Schlaf letzte

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