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Novemberasche

Titel: Novemberasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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dann auf die B31 beim
Dehner
vorbei, weiter über die Brücke. Den Flughafen ließ er rechter Hand hinter sich und verließ die Umgehung an der Ausfahrt, die
     zum
Bodenseecenter
führte. Nach dem Kreisverkehr bog er auf den Betriebsparkplatz der
ZF
ein und fuhr bis zu der Stelle, an der der schwarzePorsche Cayenne gestanden hatte. Er stellte den Motor ab und schaltete die Scheinwerfer aus. Er sah auf die Uhr; er hatte
     sechzehn Minuten gebraucht. Fünf Minuten später fuhr er wieder los, am
Bodenseecenter
vorüber zum Friedhof.
    Später, als er die Kinder, die über Nacht bei ihm blieben, ins Bett gebracht hatte, schaltete er seinen PC ein, rief Google
     Maps auf, gab die Daten Graf-Soden-Platz als Startpunkt und Hochstraße als Ziel ein und druckte die berechnete Route aus.
     Dann griff er zum Hörer und rief Josef Hochberger, einen Kollegen von der Verkehrspolizei an, nannte ihm die in Frage kommenden
     Straßennamen und bat ihn, herauszufinden, wo am Abend des zwanzigsten November Radaranlagen, feste und mobile, platziert gewesen
     waren. Sommerkorn wollte außerdem sämtliche an jenem Abend geschossenen Aufnahmen einsehen. Sie vereinbarten einen Termin
     für den nächsten Morgen.
     
    ☺
     
    Beim Frühstück sieht mich Mam an und fragt: Was ist los? Willst du mir nicht endlich erzählen, was los ist? Und die Schule,
     die Noten? Irgendwas ist doch faul, du warst doch immer so gut. Aber wie könnte ich es ihr erzählen? Wie könnte ich je erzählen,
     was ich getan habe? Dass ich einer von ihnen war.
     
    *
     
    Marie lief nach unten und hatte die Haustür bereits erreicht, als sie Stimmen aus dem Keller hörte. War das nicht Stella?
     Statt nach draußen zu Evas Wagen zu gehen, stieg sie die Kellerstufen hinunter, zögerlich zunächst, dann entschieden.
    »…   muss hier irgendwo sein.« Das war Stella. Dann ein Klappern, Kramen, Stille.
    »Hier, ich hab ihn. Hoffentlich bist du jetzt zufrieden.«
    Wieder Stille. Dann sagte ein Mann, dessen Stimme Marie bekannt vorkam: »Warum sollte ich jetzt schon zufrieden sein?«
    »Wie meinst du das?«
    »Ich hole mir ja nur das zurück, was ohnehin mir gehört. Aber du hast so richtig fett abkassiert.«
    »Wie bitte? Hast du sie nicht alle?«
    »Du musst mich nicht für blöd halten. Inzwischen weiß es doch jeder im Club, dass du das ganz große Los gezogen hast.«
    Schweigen, etwas klapperte, eine Schranktür schlug zu. Marie wagte kaum zu atmen.
    »Das geht dich nichts an.«
    »Das sehe ich anders. So eine Sache geht jeden etwas an.«
    »Was meinst du mit ›so eine Sache‹?«
    »Na – ist das etwa nicht eine Angelegenheit der Allgemeinheit, wenn jemand unter solchen Umständen ums Leben kommt wie Erik?«
    »Es war ein Unfall. Er war in Schwierigkeiten.«
    »Tja. Das ist die offizielle Version, nicht wahr?« Die Stimme klang gedämpft. Marie tat noch ein paar Schritte die Treppe
     hinunter und spitzte die Ohren.
    »Sag mal, was willst du mir eigentlich sagen?«
    Wieder ein Rascheln, dann hörte sie, wie der Mann halblaut sagte: »Ich erinnere mich daran, wer noch vor wenigen Wochen mit
     diesen Haschkeksen herumexperimentiert hat.« Noch einmal senkte der Mann die Stimme, bis Marie nur mehr ein Raunen wahrnahm.
     Atemlos lauschte sie, als der Mann fortfuhr: »Was, wenn Erik gar nicht wusste, was er da aß? Was, wenn jemand ihm – liebevoll
     – von seinen selbstgebackenen Keksen angeboten hat?«
    »Du spinnst ja, du spinnst total. So was muss ich mir nicht anhören!«
    »Ist der Gedanke denn so absurd?«
    »Erik wäre doch nie und nimmer gesprungen, wenn er sich nicht wohlgefühlt hätte.«
    »Tja   … gesprungen vielleicht nicht. Aber möglicherweise gab es ja jemanden, der ihm – wie soll ich sagen – beim Aussteigen geholfen
     hat.«
    »Wer sollte denn so was tun?«
    »Jemand, der scharf auf das Geld ist und auf einen anderen Typen.«
    Auf diese Worte folgte ein Schweigen, das kein Ende zu nehmen schien. Irgendwo auf dem Hof bellte ein Hund, in der Wohnung
     über ihnen war ein Klopfen zu hören. Dann wieder Stille.
    Schließlich sagte der Mann: »Es wissen doch alle, dass da was läuft. Und ganz nebenbei   … bist du jetzt frei – frei, das zu tun, was du immer tun wolltest. Und Gedanken ums Geld brauchst du dir nie mehr zu machen.«
    Marie schnappte nach Luft. Um ja kein Wort zu versäumen, hatte sie so flach wie möglich geatmet, und nun fühlte sie sich so,
     als wäre sie gerannt, sie war völlig außer Atem. Dann hörte sie wieder ein

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