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Novemberrot

Novemberrot

Titel: Novemberrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Theisen
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langen Nacht komplett gewichen war.

Kapitel 13
    Ein dumpfer Knall schreckte Weller aus seinem Ledersessel auf. Er hatte sich im Schlaf wohl geräkelt und dabei die halbvolle Chianti-Flasche mit seinem rechten Arm vom Wohnzimmertisch gestoßen, die daraufhin unsanft auf dem Holzboden landete. Doch hatte er bei diesem Missgeschick noch Glück im Unglück, denn die Flasche ging zumindest nicht zu Bruch. Tragisch war nur, dass fast der gesamte kostbare Inhalt bei dieser Aktion großflächig im Raum verteilt wurde und der Wein zudem in die Ritzen zwischen den Dielen rann.
    Schläfrig und mit kleinen Augen registrierte Fritz das Malheur, stöhnte aufgrund des Ungemachs und erhob sich, um aus der Küche einen Lappen zum Aufwischen zu holen. Kaum hatte er seine in weiße Tennissocken gehüllten Füße auf den Boden gesetzt, stand er auch schon mitten in der Weinlache .
    » Ach Scheiße, auch das noch!«, polterte Fritz, als er die Nässe bemerkte. Gefrustet hob er die Flasche wieder auf, die neben den Sessel gerollt war und deren Vorwärtsdrang von der Kante des unter dem Wohnzimmertisch liegenden roten Perser-Teppichs Einhalt geboten wurde .
    » Fünf Uhr«, ohne Gnade machten ihm die Zeiger seiner Armbanduhr klar, dass er beinahe sechs Stunden im Sessel geschlafen hatte. Längst war Freddies leises Anyway the wind blows in der Nacht verklungen. Fritz rieb sich die müden Augen .
    » Um sich jetzt noch ins Bett zu legen ist es eigentlich schon zu spät, und fürs Büro noch zu früh.« Er überlegte kurz, was er nun anstellen sollte .
    » Okay, auf geht’s«, sagte er sich, trank den verbliebenen Rest des Chiantis aus der Flasche auf ex und beschloss, nachdem er Klarschiff gemacht und gefrühstückt hatte, ins Präsidium zu fahren.
    Schließlich wäre der Fall dort eher aufzuklären, als hier in seiner Wohnung. Passend zu diesem Start in den Tag, schickte nun auch noch eine aufkommende Erkältung ihre Vorboten in Form von argen Halsschmerzen. Da in Wellers miserabel bestücktem Medizinschrank keine entsprechenden Tabletten zu finden waren, erinnerte er sich an ein altes Hausmittel, um sein Leiden zu lindern: »Ein Glas warmes Wasser mit reichlich Kochsalz. Und mit diesem widerlichen Gebräu dann ordentlich gurgeln.«
    Es schmeckte wie erwartet scheußlich, verfehlte jedoch seine Wirkung nicht, wie Weller erleichtert im Laufe des Tages feststellen sollte. Nachdem er in seine traditionelle Kluft, bestehend aus ockergelbem Hemd, schwarzer Anzugsweste, hellblauer, verwaschener Jeans und braunen Wildleder-Westernstiefeln, geschlüpft war, warf er seinem derzeitigen Gesundheitszustandes geschuldet die dunkelblaue Daunenjacke über.
    Dieses Teil hatte sich Fritz extra gekauft, da er mit ein paar Freuden im Januar diesen Jahres geplant hatte, den Biathlonweltcup in Ruhpolding zu besuchen. Doch ein Banküberfall auf die Städtische Sparkasse Burgstadt zwei Tage vor Abreise machte dieses Vorhaben leider zunichte.
    Und da er grundsätzlich immer eine seiner Lederjacken bevorzugte, dümpelte das gute Stück an der Garderobe im Flur vor sich hin – bis heute. Als der Kommissar hastig seine Dienstmarke aus der schwarzen Lederjacke kramte, stieß er in deren Innentasche auf Heinrich Kreismüllers Notizbuch, welches Rosi ihm überlassen hatte .
    » Mensch, da hast du gestern Abend überhaupt nicht mehr dran gedacht«, ärgerte er sich. Aufgrund dieser Tatsache blätterte er es beinahe im Daumenkinotempo einige Male eilig durch. Hier und da hatte dessen ehemaliger Besitzer Worte und Zahlen hingekritzelt, welche so auf die Schnelle kaum zu entschlüsseln waren. Die einzig wiederkehrende Konstante bildete der monatliche Eintrag »ME 500 Mark«. Fritz grübelte und kratzte sich nachdenklich mit der rechten Hand am Hinterkopf .
    » Was war dessen Bedeutung? Sollte Heinrich Kreismüller tatsächlich des Englischen mächtig gewesen sein und mit »ME« sich selbst gemeint haben? Hieß es, dass er jeden Monat 500 Mark zur Seite schaffte, wovon niemand etwas wusste? Über den gesamten Zeitraum kamen da schließlich stolze 23.000 Mark zusammen, die Mitte der Sechziger einem kleinen Vermögen glichen. Oder stand ME für ein immer wiederkehrendes monatliches Ereignis? War es am Ende vielleicht eine Art Stillhalteprämie für das Ergebnis eines Seitensprungs? Wenn ja, wer war die Dame? Oder erpresste man ihn?«
    Fritz konnte den Wert des Büchleins für seine aktuellen Ermittlungen nicht einschätzen. Wahrscheinlich hatte es überhaupt nichts damit

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