Novizin der Liebe
Haushälterin.
„Ja, Liebes?“
„Offenbar ist es nicht zu Plünderungen gekommen.“
Gudrun zog die Stirn kraus. „Nein“, stimmte sie in verwundertem Ton zu. „Das ist wahr. Ich hatte es befürchtet, doch er“, sie blickte über das Feuer hinweg zu Adam hinüber, „hat seine Männer gut im Griff.“
„Was ist mit Vaters Wolfshunden? Wo sind sie? Sind Lightning und Greedy mit nach Hastings gegangen? Und lebt der alte Loki noch?“
„Nein, Liebes, Loki ist letzten Winter gestorben. Doch Thane Edgar hat Lightning und Greedy hiergelassen, damit sie Eure Mutter beschützen. Und das hätten sie auch getan, wenn Lady Philippa noch unter uns weilte. Ihr hättet die beiden sehen sollen, als diese Fremden hier eingeritten sind! Da wurde ich Zeugin, wie ein Wolfshund zum Wolf wird.“
Cecily hielt den Atem an. „Die Hunde sind doch nicht getötet worden?“
„Nein, Liebes. Der neue Herr hat sie hinten im Hof bei den Ställen anketten lassen.“ Ein belustigtes Lächeln huschte über Gudruns Gesicht, als sie sich der Geschehnisse erinnerte. „Es war ein Höllenspektakel, sage ich Euch, ein einziges Knurren, Geifern und Schnappen! Sie hätten ihm die Gurgel durchgebissen, wenn sie auch nur den Hauch einer Chance dazu gehabt hätten.“
Cecily sah zu den Männern am Feuer hinüber und erhob sich. „Ich kümmere mich jetzt wohl besser um ihr Wohl.“
Gudruns Lippen zuckten. „Um wessen Wohl, Liebes? Das der Hunde oder das der Männer?“
„Um das beider“, entgegnete Cecily lachend. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass es ihr heute nach Lachen zumute sein könnte. „O Gudrun, es ist so schön, dich zu sehen.“
Gudruns Schleier zitterte, als sie zustimmend mit dem Kopf nickte. „Ja, Liebes, da hast du recht. Und nun fort mit Euch, ehe jene Herren dort sich fragen, warum eine einfache Dienstmagd Eure Aufmerksamkeit so sehr in Anspruch nimmt. Am besten, Ihr haltet sie bei Laune. Und unser Geheimnis unter Verschluss.“
„Ja. Ihnen ist noch keine Stärkung angeboten worden. Wo ist Wilf? Wenn Lufu nirgendwo zu finden ist, kann er mir zu Hand gehen.“
„Bedaure, Liebes. Ein Rad am Fuhrwerk war wacklig, darum hat Wilf es zur Schmiede gebracht. Er müsste aber bald zurück sein.“
„Dann eben Marie. Sie kann doch gewiss helfen?“
Gudrun schnaubte verächtlich. „Ich habe sie nicht gesehen. Versucht es in der Kirche. Seit Eure Mutter nicht mehr ist, Gott hab sie selig, hat Marie sich praktisch dort einquartiert.“ Sie zwinkerte. „Ich nehme an, Sigrida wäre froh, wenn ihr sie dort herausholen würdet.“
„Gudrun?“
„Ja, Liebes?“
„Mein Pony … Cloud …?“
Gudrun lächelte. „Noch immer hier. Euer Vater hatte mit dem Gedanken gespielt, es zu verkaufen, doch davon wollte Eure Mutter nichts hören. Ihr findet es auf der Pferdekoppel.“
11. Kapitel
Aus Furcht, Adam könne sie offen auf ihren Besuch in der Golde Street ansprechen, ging Cecily ihm in den nächsten Stunden aus dem Weg. Anfangs war das nicht schwer, denn es gab so viel zu tun: Es galt, alte Freundschaften wiederaufleben zu lassen, für frische Binsen zu sorgen, sich um Cloud und die Wolfshunde ihres Vaters zu kümmern …
Als sie das Küchengebäude betrat, um nach den Vorräten zu sehen, erwartete sie eine unangenehme Überraschung: Überall standen schmutzige Töpfe, Teller und Schüsseln herum, und in der Vorratskammer waren die Fässer, die zu dieser Zeit längst mit Pökelfleisch hätten gefüllt sein müssen, noch immer leer. Wenn nicht endlich mit dem Schlachten begonnen wurde, würde das kostbare Salz feucht werden und nicht mehr zu gebrauchen sein. Und ohne Pökelfleisch würden sie bald schon beginnen müssen, den Gürtel enger zu schnallen. Hunger machte reizbar … Wahrlich keine beruhigende Vorstellung.
Wo in aller Welt steckte Lufu? Der verantwortungslosen Faulheit der Köchin wegen würden alle diesen Winter zu leiden haben. Und Godwin? Auch der Vogt trug einen Teil der Schuld daran, dass hier so viel im Argen lag.
Eine Bewegung im Küchenbau ließ sie herumfahren. Ein großer, schlaksiger Junge kam schlurfenden Schrittes in die Vorratskammer. Er zog den Kopf ein, als er über die Schwelle trat. Cecily erinnerte sich dunkel an ihn. Ungefähr in ihrem Alter, trug er einen groben braunen Bauernkittel, der an der Schulter zerrissen war und dringend gewaschen werden musste. Die Senkel seiner Schuhe waren lose. Er sah verwahrlost aus, doch sein Gesicht strahlte vor Freude. „C…C…Cec?“, stotterte
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