Novizin der Liebe
Lufu. Das sind Evie und Leofwine!“
„Evie?“
„Judhaels Schwester, aus Winchester.“ Cecily ließ ihr zur Hälfte verspeistes Brot auf den Arbeitstisch fallen und lief hinaus. Das Fuhrwerk war so schwer beladen, dass es fast zusammenbrach: Bettzeug, eine Reisetruhe, eine Tischplatte samt Böcken, Hocker und diverse Bündel. Was war geschehen? Es sah aus, als hätten Evie und Leofwine ihren gesamten Haushalt mitgebracht. Vor dem Herrenhaus kam das Fuhrwerk zum Stehen.
Evie hatte geweint, ihre Lider waren geschwollen. Mit einer Hand hielt sie sich am Wagen fest, die andere hatte sie, wie um ihr ungeborenes Kind zu schützen, über den Bauch gelegt. Ihre Wangen waren bleich wie Pergament, die Lippen bläulich angelaufen, und sie zitterte vor Kälte.
Um Leofwines Lippen, die von einem dichten Bart umgeben waren, lag ein verbitterter, grimmiger Zug. Er nickte kurz in ihre Richtung. „Lady Cecily.“
„Evie, Leofwine – seid willkommen!“, sagte Cecily und hielt mit Mühe ihre Neugier zurück.
Evie warf ihr einen traurigen Blick zu und schluchzte leise, während Leofwine vom Wagen sprang und vor Cecily trat. „Sind wir tatsächlich willkommen, Lady Cecily?“
„Aber gewiss! Warum solltet ihr das nicht sein?“
Evie schniefte. Zwei dicke Tränen rannen über ihre Wangen. „Ich habe es dir gesagt, Leo. Ich habe dir gesagt, sie würde uns freundlich empfangen.“ Sie wankte auf ihrem Sitz, ihre Blässe war besorgniserregend.
„Kommt herein, ihr beiden“, bat Cecily. „Wilf wird sich um den Maulesel kümmern. Wilf? Wilf!“
16. Kapitel
Bald darauf saßen Evie und ihr Mann am Feuer. Gudrun brachte Leofwine einen Becher Ale. „Ich würde dir auch einen anbieten, Evie“, erklärte Cecily, „doch du bist so bleich, dass du besser das hier trinken solltest.“ Sie ging zum Herd, gab einen Löffel voll Kräuter in einen Musselinbeutel, legte diesen in einen irdenen Becher und übergoss ihn mit kochendem Wasser aus dem Kessel.
„Bitte sehr“, sagte sie, als sie Evie den Becher reichte.
„Was ist das?“
„Brennnesseltee mit einem Tropfen Honig. Er wird dir guttun. Lufu bringt euch gleich ein wenig Hühnerbrühe.“
Evie umfasste den Becher mit beiden Händen, beugte sich über das Feuer und starrte in die Flammen. „Vielen Dank.“
Zufrieden darüber, dass die junge Frau zu zittern aufgehört hatte und ihre Wangen allmählich wieder Farbe bekamen, sah Cecily zu Leofwine hinüber und gab ihm wortlos zu verstehen, dass er sich mit ihr außer Hörweite begeben solle. Am anderen Ende des Saals angekommen, blieb Leofwine stehen und stellte den Fuß auf eine Bank. Sein langes Haar löste sich aus dem Band, mit dem es am Nacken zusammengehalten wurde, sein Bart war struppig.
„Was ist geschehen, Leofwine?“
Er starrte grimmig in seinen Becher. „An jenem Tag, als Ihr in meine Werkstatt kamt, habt Ihr da die Handwerker am anderen Ende der Straße gesehen?“
„Ja.“
Leofwines Miene wurde noch finsterer. „Normannen … die Männer des Herzogs, mögen sie in der Hölle schmoren! Sie haben meine Werkstatt abgerissen. Doch nicht nur die, zwei ganze Straßenzüge sind verschwunden! Sechzig Häuser alles in allem. Wir werden ganz von vorn anfangen müssen.“
„Aber wozu das alles? Es ergibt keinen Sinn!“
„Unser alter Königspalast ist Wilhelm von der Normandie nicht gut genug“, entgegnete er mit einem bitteren Lachen. „Nein, er braucht eine richtige Burg, die sich ordentlich verteidigen lässt. Zunächst einmal bauen sie eine hölzerne Motte, die später durch eine Festung aus Stein ersetzt werden soll. Der Bastard fürchtet sich vor uns Angelsachsen, und dazu hat er wahrlich allen Grund. Nach all dem wird er mehr brauchen als eine Burg mit einem Graben drum herum, um seine Haut zu retten.“ Er schüttelte den Kopf. „Unser Palast war gut genug für König Harold, doch dieser Bastard … Meine Werkstatt … unser Haus …“ Ihm versagte die Stimme. „Abgerissen, als hätten sie keinerlei Wert. Wir waren ihm einfach im Weg.“
„ Sechzig Häuser?“ Cecily konnte es kaum fassen. „Die ganze Straße?“
„Ja.“ Leofwines Blick war düster. „Und wo Evie so kurz vor der Niederkunft steht, habe ich an Euch gedacht. Ich weiß, dass Ihr einen von denen heiraten sollt, doch ich dachte … ich hoffte … eingedenk der Verbindung, die zwischen Eurer und ihrer Familie besteht …“
„Natürlich“, sagte Cecily. „Du hast das Richtige getan, und ich versichere dir, dass ihr beide
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